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Schmuck Christoph Wellendorff

„Wir brauchen keine Marketingstrategie“

Redakteurin LIFESTYLE
Hat die Goldschmiede 17 Jahre lang herausgefordert: die Konstruktion des Armbands „Umarme mich“ Hat die Goldschmiede 17 Jahre lang herausgefordert: die Konstruktion des Armbands „Umarme mich“
Hat die Goldschmiede 17 Jahre lang herausgefordert: die Konstruktion des Armbands „Umarme mich“
Quelle: Wellendorff
Keine Stardesigner, kein Online-Verkauf, keine Panik: Die Firma Wellendorff kam mit Eigensinn gut durch die Krise. Besonders stolz ist Vertriebschef Christoph Wellendorff aber auf seinen neuen, federnden Goldschmuck.

Christoph Wellendorff bezeichnet sich gern als „Außenminister“ des Pforzheimer Schmuckunternehmens. Er verantwortet den Vertrieb der seit drei Generationen von der Familie geführten Firma, hat den direkten Draht zu den Kunden, den Juwelieren und Geschäftspartnern. Diesen aufrechtzuerhalten, war nicht die einzige Herausforderung des letzten Jahres.

ICONIST: Das vergangene Jahr wird als das schlimmste in der Geschichte des Luxusmarktes eingeschätzt. War es das auch für Sie?

Christoph Wellendorff: Es haben sich ein paar Spielregeln verändert, nicht mehr und nicht weniger. Der Bedarf an Schmuck ist jedenfalls nicht zurückgegangen. Wir haben weniger Nachfrage aus den USA gehabt und aus Japan, aber für Juweliere in Deutschland und China war 2020 ein besonders gutes Jahr. Und ich gehe davon aus, dass es 2021 nicht anders sein wird.

ICONIST: Woran liegt das?

Wellendorff: In Deutschland sind wir mit dem Vertrauen zu Wellendorff einfach weiter als in anderen Märkten. Am Ende geht es bei Schmuck um Vertrauen, und wenn die Kunden sehen, da gibt es eine Familie und eine Manufaktur und ein Tragegefühl auf der Haut, dann vertrauen sie dieser Idee. Ich glaube, am Ende ist es auch das Prinzip der Hoffnung. Einer unserer Jubiläumsringe hieß „Lebensfreude“, und die Botschaft hat wirklich einen Nerv getroffen.

ICONIST: Andere Marken beschäftigen bekannte Designer. Warum bleiben die Gestalter bei Ihnen im Hintergrund?

Wellendorff: Der Grund, weshalb wir zu den deutschen Top Ten der Luxusmarken gewählt wurden, hat unserer Meinung nach auch etwas damit zu tun, dass wir keine Lifestylebrand sind. Dass wir nicht irgendeinen Designer aus Miami einfliegen lassen, um den wir Geschichten stricken, dass wir keine Testimonials bezahlen. All das machen wir bewusst nicht. Bei uns ergibt sich das sogenannte Storytelling so ganz von selbst. Einer unserer wichtigsten Wellendorff-Sammler in den USA ist Phil Schiller, bis vor Kurzem der Marketingchef von Apple. Der sagte neulich zu mir am Telefon: „Du, Christoph, ich habe meiner Frau dieses Jahr schon genug Wellendorff-Schmuck geschenkt und möchte es dabei belassen – außer du überraschst mich wirklich.“ Nun, Sie können sich vorstellen, an welche Adresse unsere Neuheit, das erste federnde Goldarmband „Umarme mich“ in den USA geht.

Schmiegt sich an: Goldarmband „Umarme mich“
Schmiegt sich an: Goldarmband „Umarme mich“
Quelle: Wellendorff

ICONIST: Setzen Sie eher auf technische als auf ästhetische Innovationen?

Wellendorff: Richtig spannend wird es ja dann, wenn Technik und Ästhetik aufeinandertreffen, das ist die hohe Kunst. Ein technisches Produkt zu machen, das nicht schön aussieht, ist nicht spannend, und ein schönes Design, das sich auf der Haut nicht gut anfühlt, ist auch nichts. Unser Schmuck lebt ja immer auch vom Gefühl. Unsere Juweliere sagen, wir hätten eine dritte Dimension im Schmuck geschaffen.

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ICONIST: Was kann „Umarme mich“?

Wellendorff: Vor 17 Jahren haben wir uns das erste Mal mit der Frage beschäftigt: Was wäre eigentlich, wenn Gold federt? Die Antwort: Man könnte einen der größten Kompromisse auflösen, den eine Frau jeden Tag bei Armbändern aus Gold machen muss – das ewige Daran-herum-Hantieren, wenn sie es schließen und öffnen will. Unser Armband aus 18-karätigem Gold schmiegt sich wie von selbst federnd um das Handgelenk. Die Herausforderung für unsere Goldschmiede lag darin, es so zu fertigen, dass es nach dem An- und Ablegen immer wieder sanft in seine Ursprungsform zurückkehrt und diese stabil hält. Federndes Gold, also die physikalischen Grenzen elastischer Verformbarkeit von 18-karätigem Gold zu verschieben, das sei nicht möglich, hieß es immer wieder. Nun, nach 17 Jahren Tüftelei und zahlreichen Rückschlägen ist es uns gelungen.

ICONIST: Auch bei anderen Herstellern federt das Gold ...

Wellendorff: Aber dann ist auch immer Stahl verarbeitet. Wenn man reines Gold biegen möchte, dann bricht es. Das war bisher Stand der Technik.

ICONIST: Was genau haben Sie also patentieren lassen?

Wellendorff: Es gibt vier verschiedene Parameter, die in die Konstruktion „federndes Gold“ miteinfließen. Der erste ist eine besondere Legierung, der zweite eine spezielle Wärmebehandlung – mit Hitze kann man die physikalischen Eigenschaften eines Metalls verändern. Der dritte Parameter ist Druck: Es gibt eine Kaltverformung, zum Beispiel Pressen, dadurch werden die Moleküle verdichtet, und dem Material wird eine andere physikalische Eigenschaft gegeben. Und der vierte Punkt ist die Konstruktion dessen, was der Goldschmied eine Seele nennt. Das, was im Armband selbst drinsteckt, eine Konstruktion, die man schon von unserer Kordel kennt. Sie bleibt für das Auge unsichtbar, aber sie gibt dem ganzen Objekt seinen Halt. Und diese Seele hat eine konstruierte Form. Diese vier Parameter sind das Geheimnis von federndem Gold.

Bei Wellendorffs bleiben die Designer im Hintergrund
Bei Wellendorffs bleiben die Designer im Hintergrund
Quelle: Wellendorff


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ICONIST: Weiterhin bieten Sie Ihren Schmuck nicht online zum Verkauf an. Warum halten Sie an dieser Strategie fest?

Wellendorff: Wir haben uns entschieden, Wellendorff weder 2020 noch 2021 online anzubieten, weil wir keine zusätzlichen Vertriebskanäle brauchen. Bei uns steht der persönliche Kontakt im Vordergrund. Schmuck muss man erleben, spüren, man muss ihn auch fühlen wollen.

ICONIST: Und was, wenn der Kunde die wertvollen Einzelstücke nicht persönlich im Laden betrachten kann?

Wellendorff: Dann wartet er, bis er wieder ins Geschäft kommen darf und kommt dann. Für uns machen vier Wochen oder ein Jahr keinen Unterschied.

ICONIST: Unter den vier Jubiläumsringen befindet sich ein Männerring. Ist das ein Versuch, Ihren Schmuck auch für eine jüngere und vielfältigere Konsumentengruppe attraktiv zu machen?

Wellendorff: Wir machen Schmuck, weil wir Freude daran haben. Am Tag stellen wir vielleicht 40 Schmuckstücke her, da brauchen wir keine Marketingstrategie. Die 40 verrückten Männer oder Frauen, die etwas Besonderes suchen, die wird es immer auf der Welt geben, dafür braucht es keine großen Marktforschungen und Analysen. Wir folgen unserem Bauchgefühl und reden viel mit unseren Kunden, und dann funktioniert es.

Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

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