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Schmuck Fünf Fakten

Geht das Funkeln bei Labordiamanten verloren?

Redakteurin LIFESTYLE
Aus dem Labor oder der Mine? Mit bloßem Auge lässt sich das kaum noch erkennen Aus dem Labor oder der Mine? Mit bloßem Auge lässt sich das kaum noch erkennen
Aus dem Labor oder der Mine? Mit bloßem Auge lässt sich das kaum noch erkennen
Quelle: Getty Images/David Talukdar
Synthetische Diamanten werden immer beliebter. Aber es stellen sich einige Fragen: Sind sie wirklich günstiger, umweltfreundlicher? Sind sie „echt“? Und welche Marken nutzen sie? Hier die wichtigsten Fakten.

Dem König der Edelsteine, dem Diamanten, werden gleich mehrere Superkräfte nachgesagt. Für geistige Freiheit soll er stehen. Charakter, Selbstbewusstsein und Willensstärke verleihen. Und wer sich gerade auf Diät befindet, könnte einfach ein bisschen auf seinem Diamantring rumlutschen, denn die Kräuterheilige Hildegard von Bingen war überzeugt davon, man könne auf diese Weise Hungergefühle unterdrücken.

So weit, so Hokuspokus. Doch eine Fähigkeit wird man dem Diamanten wohl nie absprechen können, nämlich die, Menschen zu faszinieren. Sein einzigartiges Funkeln, sein unnachahmlicher Glanz hat schon den ein oder anderen um den Verstand – und einen wesentlichen Teil seines Vermögens – gebracht.

Weil der Diamant aufgrund seiner Härte, seiner Wärmeleitfähigkeit auch als Werkstoff beliebt, aber viel zu teuer ist, haben Forscher eine Variante aus dem Labor entwickelt. Und auch immer mehr Schmuckmarken greifen nun darauf zurück. Doch die Hemmschwelle bei Verbrauchern ist noch hoch. Geht sein Zauber verloren, wenn man den Diamanten künstlich herstellt? Alles, was man über die künstlichen Diamanten wissen muss:

Wie entstand das Business mit den Labordiamanten?

Die ersten synthetischen Diamanten wurden in den frühen 1950er-Jahren hergestellt und waren in erster Linie der Industrie vorbehalten. Nach wie vor kommen sie in der Lasertechnik oder Medizintechnik zum Einsatz. Erst später wurde der erste im Labor hergestellte Diamant in Edelsteinqualität präsentiert und die Technik zur Herstellung immer weiter verbessert. Während früher vor allem ein kleiner Kohlenstoffpartikel extremer Hitze und extremen Druck ausgesetzt wurde, gibt es heute auch die „Chemical Vapor Deposition“ (CVD)-Methode und dabei werden Splitter in ein Vakuum versetzt, das mit Wasserstoff und Methan gefüllt wird. Vereinfacht gesagt: Kohlenstoffatome lassen den Splitter dann über Wochen wachsen.

„Obwohl die Wertschätzung für die im Labor hergestellten Steine anfangs nur langsam zunahm“, sagt Dwight Heath vom Unternehmen Diamonds Factory, „hat ihre Beliebtheit in den letzten 20 Jahren enorm zugenommen“. Studien von MVI Marketing zeigen, dass der Anteil der Verbraucher, die bereit wären, einen Verlobungsring mit Diamanten aus dem Labor zu kaufen, von 55 Prozent im Jahr 2016 auf 70 Prozent im Jahr 2018 gestiegen ist.

Inzwischen arbeiten einige Firmen mit den künstlichen Diamanten. Die Berliner Goldschmiedin Lilian von Trapp etwa, sie fertigt seit 2019 minimalistische Stücke mit recycelten und Labordiamanten an. LM Studio ist eine weitere deutsche Marke, die synthetische Steine nutzt, genauso wie das schwedische Label Akind.

Creolen aus 14 Karat Gold mit Labordiamanten von Lilian von Trapp
Creolen aus 14 Karat Gold mit Labordiamanten von Lilian von Trapp
Quelle: Lilian von Trapp

Woher kommt das plötzliche Interesse an Labordiamanten?

„Unsere Kunden sind sich der Umweltauswirkungen des Diamantenabbaus bewusst“, sagt Heath. „Sie suchen nach einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Alternative, aber zu einem Bruchteil der Kosten.“ Ob bei der Beschaffung der Rohstoffe ethische Standards eingehalten werden, wie die Arbeitsbedingungen bei der Gewinnung und die Auswirkungen auf die Umwelt sind – all das beeinflusst inzwischen vor allem junge Verbraucher beim Kauf ihrer Schmuckstücke. Das Thema Blutdiamanten rückte 2006 in den Fokus, vor allem durch den Film „Blood Diamond“, in dem der illegale Handel in Afrika thematisiert wird. Diamanten, die im Labor entstehen, lassen sich selbstredend viel besser zurückverfolgen als solche mit natürlicher Herkunft. Ob sie dabei auch immer umweltfreundlicher sind, bleibt aber fraglich.

Sind Labordiamanten günstiger?

Noch vor rund sieben Jahren waren Labordiamanten fast so teuer wie Bergbau-Diamanten. Inzwischen können die künstlichen Steine deutlich weniger kosten. „Im Labor hergestellte Diamanten“, sagt Dwight Heath, „sind im Durchschnitt etwa 30 Prozent preiswerter als ihre natürlichen Alternativen, was auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen ist.“ Im Labor hergestellte Steine seien etwa schneller verfügbar, entstehen nicht über Millionen Jahre, sondern lassen sich innerhalb von wenigen Wochen züchten. Auch farbige Edelsteine werden durch die Laborherstellung erschwinglich. Seltene Farbtöne, wie ein spezielles Pink oder Blau können auf Nachfrage hergestellt werden. „Im Labor gezüchtete Diamanten definieren den Begriff von Luxus neu“, sagt Steven Boelens von der Baunat-Gruppe, die bisher ausschließlich natürliche Diamanten im Sortiment und gerade eine Untermarke für Labor gezüchtete Edelsteine, Valquère, auf den Markt gebracht hat. „Dies wird in der Welt der farbigen Diamanten noch verstärkt, wo die natürlichen blauen und rosafarbenen Diamanten unglaublich teuer sind und nun in einem Labor hergestellt werden können.“

Geht das Funkeln bei Labordiamanten verloren?

„Ohne spezielle Ausrüstung können Sie einen im Labor gezüchteten Diamanten nicht von einem natürlichen Diamanten unterscheiden, denn sie weisen dieselben physikalischen, chemischen und optischen Eigenschaften auf wie natürliche Diamanten. Der einzige erkennbare Unterschied zwischen ihnen ist ihr Ursprung: Der eine entstand tief im Erdinneren, der andere wurde in einem Labor gezüchtet“, beantwortet Boelens die Frage, ob man die Labordiamanten tatsächlich als „echt“ bezeichnen könne.

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Durch die künstliche Herstellung haben sie weniger Makel und Einschlüsse. – also das gleiche Feuer und die gleiche Brillanz wie ein Naturstein. Worauf man verzichten muss, ist allerdings die möglicherweise geschichtsträchtige Herkunft. Nicht nur für (Prinz) Harry, der seiner Meghan einen Verlobungsring schenkt, zählt die romantische Botschaft: Sein Diamant stammte aus einer Mine in Botswana, wo die beiden ihren ersten gemeinsamen Urlaub verbracht haben. Diese Besonderheit thematisiert auch der ehemalige LVMH-Manager Erwan Rambourg in seinem Buch „Die Zukunft des Luxus“: „Makellosigkeit besitzt keinen Charme“, schreibt er in einem Kapitel, in dem er Prognosen für das Geschäft mit den synthetischen Steinen aufstellt. „Das Wissen, dass jeder natürliche Diamant ein Unikat ist, während künstliche Diamanten makellos sind, ist unter Marketinggesichtspunkten nicht gerade toll. Wahrscheinlich will man doch einen einzigartigen Stein haben.“

Boelens von der neuen Marke Valquère hält dagegen: „Die Herstellung von im Labor gezüchteten Diamanten ist ebenso erstaunlich und verbindet Wissenschaft und Kunst. Für diejenigen, die die menschliche Innovation zu schätzen wissen, ist der Prozess der Züchtung eines Diamanten unter kontrollierten Bedingungen ein Beweis für innovative Technologie und kreative Brillanz.“

Haben natürliche Diamanten trotzdem bald ausgedient?

Luxus-Experte Rambourg steht dem Siegeszug der Labordiamanten skeptisch gegenüber. „Viele Luxus-Schmuckhändler macht es verständlicherweise etwas nervös, dass Labordiamanten zu einem üblichen Anblick geworden sind, aber aus mehreren Gründen werden sie den High-End-Markt wahrscheinlich nicht vollständig verdrängen.“ Er vermutet, dass beide Varianten ihre Berechtigung finden werden. Luxusmarken wie Cartier, Bulgari oder Tiffany würden demnach bei Minendiamanten bleiben, weil ihre Kunden die Exklusivität wertschätzen. „Ich glaube, was für die Luxusmarken ihren Wert ausmachen wird, ist das Vertrauen und vor allem auch die Rückverfolgbarkeit der Steine, ein Gebiet, auf dem Tiffany einen klaren Vorsprung hat.“ Die Marke kündigte im Jahr 2018 die Diamond Provenance & Source Initiative an, hier werde die Herkunft aller neu beschaffenen, einzeln registrierten Diamanten offengelegt. Luxusmarken, so prognostiziert Rambourg, könnten Labordiamanten für Uhren oder kleinere Diamanten für Ringe verwenden, bei denen der Hauptstein aus dem Bergbau stammt. Doch: „Die Vorstellung, seiner Freundin mit einem im Labor gefertigten Diamanten von Cartier die ewige Liebe zu erklären, klingt ein bisschen unbeholfen und ehrlich gesagt unromantisch.“

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Marken hingegen, die eher modische Produkte anbieten, wie Pandora oder Swarovski, könnten einen Teil ihres Sortiments auf Labordiamanten umstellen. Genauso, wie Marken, die sich in dem Bereich noch etablieren werden. 2018 etwa gründete sich an der Place Vendôme, wo diverse Pariser Luxusjuweliere ansässig sind, die Luxusmarke Courbet, die von einem ehemaligen Mitarbeiter des Konzerns Richemont geleitet wird und die klassischen Kreationen mit synthetischen Steinen anbietet.

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