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Alte Pfade, neue Wege

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Perspektiven für die Region Römerland Carnuntum

ALTE PFADE – NEUE WEGE

Alte Pfade neue Wege

TU Wien

Studierendenprojekte der ­Raumplanung und Raumordnung Wien / Bruck a.d. Leitha — 2018

ISBN 978-3-902707-44-4

ISBN 978-3-902707-44-4


Impressum Regionalentwicklungsverein Römerland Carnuntum Fischamenderstraße 12 2460 Bruck an der Leitha www.roemerland-carnuntum.at/ Tel.: +43 2162 64061 Herausgeber Technische Universität Wien Department für Raumplanung https://raum.tuwien.ac.at/ Organisation und Betreuung Dipl.-Ing. Dr.techn. Thomas Dillinger Dipl.-Ing. Edib Uruci Inhalt und Gestaltung Alexander Geschina | Clara Hahn | Daniel Reiter | Daniel Waldl | Gabriela Goranova | Koloman Köck | Jakob Listabarth | Jeremias Burtscher | Lisa Steiner | Marco Dernberger | Melanie Haider | Odysseas Deutsch | Ramina Jenabi | Roman Schaurhofer | Verena Matlschweiger Inhaltliche Grundlagen Grundlage waren die von den Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Räumliche Entwicklungsplanung Römerland Carnuntum“ erarbeiteten Dokumente, die redaktionell angepasst wurden. Druck Druckerei Janetschek GmbH ISBN 978-3-902707-44-4


Für alle, die die Region Römerland ­Carnuntum neu sehen, innovativ denken und auch ein wenig träumen wollen.


Abb. 1  Vielseitige Kulturlandschaft des Römerland Carnuntum


Perspektiven

neue

für die Region

III


Römerland Carnuntum

Inhalt

A

Vorworte Seite VII

B

Editorial Seite XII

C

Die Region Seite XIII

IV


01

Perspektiven

neue

für die Region

02

Das Haus im Grünen geht nur, wenn das Grün bleibt!

Vom eigenen Süppchen zum ­gemeinsamen Eintopf!

Umgang mit ­Landschaftsraum

Interkommunale ­Betriebsgebiete

Seite 1

Seite 5

03

04

Let‘s fetz durch‘s Mobilitätsnetz!

Ein Ort sagt mehr als 1000 Worte!

Neue Verkehrslösungen

Besondere Orte

Seite 7

Seite 11

05

06

Guten Morgen, Ortskern!

Manchmal liegt das Gute ganz nah!

Ortskernbelebung

Regionale Wertschöpfung

Seite 15

Seite 17

07

Ene, mene, miste – die ­Infrastruktur aus der Kiste! Versorgung – ­bedarfsgerecht und räumlich flexibel Seite 19

V



Perspektiven

neue

für die Region

Vorworte Dr. Stephan Pernkopf · LH-Stellvertreter

Die Region Römerland Carnuntum ist eine der dynamischsten Regionen in Nieder­österreich und verzeichnet – auch aufgrund der Nähe zu Wien und Bratislava – ein ­enormes Bevölkerungswachstum. Gerade vor diesem dynamischen Hintergrund ist es umso wichtiger, dass die 28 Mitgliedsgemeinden des Regionalentwicklungsvereins ­Römerland ­Carnuntum an einer abgestimmten und gemeinsamen nachhaltigen Regional­entwicklung arbeiten wollen. Die Raumplanung sieht sich ständig neuen Situationen gegenüber und neuen Anforderungen ausgesetzt, auf die es frühzeitig zu reagieren gilt. Planungssicherheit und Langfristigkeit sind mit Flexibilität und Schnelligkeit unter einen Hut zu bringen, ökonomische mit ökologischen Zielsetzungen abzustimmen. Partizipation und Transparenz werden zu wichtigen Leitlinien bei gleichzeitiger Notwendigkeit nach rechtlicher Sicherheit in amtlichen Behörden­verfahren. Das Ziel jedoch bleibt immer gleich: Das räumliche Umfeld der Menschen zukunftsgerichtet im Sinne einer möglichst hohen Lebensqualität zu gestalten. Dabei gilt es ins Morgen und Übermorgen vorauszudenken und gleichzeitig schon heute entschlossen Maßnahmen zu setzen. Oft ist unser Denken dabei an (Gemeinde-) Grenzen verhaftet. Das ist sehr oft auch treffend und passend, gibt die eigene Gemeinde doch Heimat und Identifikation. Gleichzeitig leben wir im Alltag aber weit über die Gemeindegrenzen hinaus und nutzen für Wohnen, Arbeiten, Bildung und Freizeit größere Räume, die „Region“ – freilich eine große Herausforderung für Mobilitätsangebote und Siedlungsstrukturen. Die Zusammenarbeit mit der TU Wien hat die Bedeutung der Region und der verschiedenen Räume aufgezeigt, zwischen Wachstumsmotor und Erholungsräumen. Die gemeinsame und gesamthafte Betrachtung eröffnet neue Perspektiven, neue Chancen und neue Handlungsoptionen. Ich wünsche der Region und ihren Gemeinden viel Erfolg und freue mich auf den gemeinsamen Weg in die Zukunft.

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Römerland Carnuntum

Dr.in Petra Bohuslav · Landesrätin

Touristische Entwicklung braucht Raum Die Landschaft, das kulturelle Erbe sowie die Gastfreundschaft gelten als touristische Hauptattraktionen der Urlaubsdestination Römerland ­Carnuntum-Marchfeld. Wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig tritt der Tourismus in Raum und Gesellschaft vielfältig in Erscheinung und „lebt“ letztlich von der Nutzung natürlicher und gesellschaftlicher Ressourcen. Die Entwicklung touristischer Angebote in der Region haben Auswirkungen auf die Umwelt. Die Planung von touristischer Nutzung muss in der Region daher dem Prinzip der Nachhaltigkeit entsprechen. Natürliche und kulturelle Ressourcen dürfen nicht zerstört, sondern müssen den nächsten Generationen erhalten werden. Die räumliche Entwicklung der Region Römerland Carnuntum wird neben der Siedlungs-, Wirtschafts- und Mobilitätsentwicklung daher auch sehr stark von Landwirtschaft und Tourismus raumprägend und raumgestaltend geprägt. Damit steht die touristische Entwicklung der Region auch in einem Spannungsfeld zwischen ökonomischer Wachstumsdynamik, gesellschaftlicher Akzeptanz und Begrenztheit der räumlichen und natürlichen Grundlagen. In Zukunft werden wir uns daher immer mehr mit der Frage, wie sich der Tourismus im Einklang mit Natur, Wirtschafts- und Lebensraum entwickeln kann, beschäftigen. Denn naturnahe touristische Aktivitäten bedürfen intakter Naturräume. Damit Gäste und Bevölkerung die Natur erleben können, müssen geeignete Rahmenbedingungen gesetzt werden. Ein wichtiges Instrumentarium bildet dabei die Raumplanung. Zwischen Raumplanung und Tourismus gibt es mannigfache Überschneidungen. Sichert die Raumplanung die natürlichen Grundlagen des naturnahen Tourismus, nimmt dieser als Interessensgruppe Einfluss auf die Ausrichtung der Raumplanung. Unser gemeinsames Ziel muss letztlich die qualitätsvolle Weiter­entwicklung des Tourismus in der Region unter Beibehaltung der Identität und unter ­Schonung und Respektierung der natürlichen und gesellschaftlichen Ressourcen sein. Als Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus und Sport freut es mich, die Region Römerland Carnuntum auf diesem Weg zu unterstützen und zu ­begleiten.

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Perspektiven

neue

für die Region

Dr. Peter Suchanek · Bezirkshauptmann

„Römerland Carnuntum“ ist im Verwaltungsbezirk Bruck an der Leitha, in der Region zwischen den europäischen Hauptstädten Wien und Bratislava, ein unverzichtbarer Begriff geworden. Er bedeutet für uns Regionalentwicklung, innovative Ideen, an deren Umsetzung es nicht mangelt, modernes Regionsmanagement und er bedeutet vor allem Zusammenkommen, Zusammenstehen der Verantwortungsträger dieser Region, um diese für die Anforderungen der Zukunft fit zu machen. Gerade die Entwicklung zukunftsträchtiger Ideen und deren Implementierung in unser tägliches Leben zeichnet Römerland Carnuntum schon seit langem aus. Es wurde verstanden, dass die gemeinsame Entwicklung, das gemeinsame Erarbeiten unserer Region in den nächsten Jahrzehnten aber auch in der Gegenwart allen Teilhabern an dieser Region einen Vorteil bringen wird und dass daher in der Region an einem Strang gezogen wird. So ist es beispielhaft, dass auch die junge Generation in vielen Bereichen wichtiger Teil der Arbeit von Römerland Carnuntum ist. Ob das Projekte mit den Schulen des Bezirks sind, ob das die Jugendmesse ist, ob das eben jene Arbeit ist, die hier nun vorliegt. Studenten der Raumplanung Visionen unserer Zukunft erarbeiten zu lassen bedeutet, uns von jenen jungen Menschen, die in naher Zukunft die Geschicke unserer Zeit bestimmen werden, zeigen zu lassen, was ihnen wichtig ist und wie sie sich die Weiterentwicklung ihrer Heimat vorstellen. Und dieser Aspekt, die Begegnung der Entscheidungsträger von heute mit den Vorstellungen von morgen waren das spannendste an dieser Projektarbeit. Ich möchte den Studentinnen und Studenten der Technischen Universität Wien zu ihren Ansätzen gratulieren, sie geben uns genügend Stoff zum Nachdenken, zum Entwickeln aber auch zum Hinterfragen unserer heutigen Entscheidungen.

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Römerland Carnuntum

DI Andreas Hacker · Stadt Umland Management Wien / Niederösterreich

Eigentlich kann sich eine Region glücklich schätzen, wenn sie über viele planerische und strategische Grundlagen verfügt und eine dynamische Entwicklung stattfindet. Mit der Ostöffnung rückte der Raum östlich von Wien in den Mittelpunkt vieler Inter­essen. Strategien wie „Twin City Region, Grüne Mitte“ wurden entwickelt – meist ­extern, gut gemeint, fachlich fundiert, aber ohne Bodenhaftung in der Region. Der andere ­Zugang ist Römerland Carnuntum: Regionalentwicklung mit Einbindung der hier lebenden Menschen. Das Land zwischen Wien und Bratislava ist ein europäischer Zentralraum und wird mittlerweile „von den Städten“ eingeholt, wovon der starke Zuzug und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zeugen. Die regionale Identität zu bewahren bedarf einer gemeinsamen Raumentwicklungsstrategie und neuer Zugänge. Die Arbeiten der Studierenden bringen zusätzlich frischen Wind in die Regional­entwicklung. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen im ­Römerland – Carnuntum diese (erneuerbare) Energie gut nutzen werden.

Ingin. Gabriele Preisinger, MA, BEd., Geschäftsführung Regionalentwicklung Römerland Carnuntum, Leader Management

Ordnen, vorausschauen, vorsorgen, planmäßig, gesamthaft, nachhaltig, gestalten, räumliche Entwicklung und Gemeinwohl – Schlüsselbegriffe für ­unsere zukunftsorientierte Regionalentwicklung. Im Namen der gesamten Region Römerland Carnuntum bedanke ich mich bei den jungen Experten und Expertinnen der TU Wien und bei allen Mitwirkenden, die im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Ausbildung für Raumordnung die Region Römerland Carnuntum ausgewählt haben. Der wissenschaftliche Austausch innerhalb des Forschungsteams wie auch der Dialog mit den Gemeinden war und ist ein essentieller Bestandteil für die zukünftige Entwicklung unserer ­Region. Wir haben etwas Wesentliches gewonnen, nämlich den „Blick von außen“ bei möglichen innovativen Lösungsansätzen, den ich für besonders wichtig halte. Neue Ideen, hervorgegangen aus den Ergebnissen dieses Projektes, sind für die Entwicklung unserer Region essentiell. X


Perspektiven

neue

für die Region

Ing. Hans Rupp · Obmann Regionalentwicklung Römerland Carnuntum

Das Römerland Carnuntum ist wirtschaftlich attraktiv und bietet in vielen Bereichen eine hohe Lebensqualität, die wir weiter ausbauen wollen. Dabei bringen u.a. das (Bevölkerungs-) Wachstum und die steigenden ­Anforderungen an die (Verkehrs-) Infrastruktur spezielle Herausforderungen mit sich. Diese Herausforderungen wollen wir gemeinsam mit den hier lebenden, arbeitenden und wirtschaftenden Menschen, aber auch mit der Wissenschaft und mit Studierenden annehmen, um das Römerland Carnuntum durch viele Innovationen attraktiv, (wirtschafts-)stark und lebenswert zu erhalten. Unsere 28 Mitgliedsgemeinden sind sich dessen bewusst, dass eine aufeinander abgestimmte, gemeinsame Entwicklung jede einzelne Gemeinde stärkt. Die ­Studierenden, deren Arbeiten hier zusammengefasst sind, liefern dafür wertvolle Impulse. Ich bedanke mich bei euch für die intensive Beschäftigung mit unserer Region und für viele Ideen, die wir weiter entwickeln können.

XI


Römerland Carnuntum

Editorial Wir sind Studentinnen und Studenten im Bachelorstudium der Raumplanung und Raumordnung an der Technischen Universität Wien. In unserem Studium können wir in Projektarbeiten Praxiserfahrung sammeln. Innerhalb des Projekt 2 “Räumliche Entwicklungsplanung” haben wir im Wintersemester 2017/18 ein integriertes räumliches Entwicklungskonzept für die Region Römerland Carnuntum erstellt. Basierend auf einer Regionalanalyse wurden Visionen erarbeitet, Zielvorstellungen formuliert und durch Handlungsvorschläge konkretisiert. Spezielle Ausschnitte, Ideen und Vorschläge der Konzepte wurden ausgewählt und für diese Publikation aufbereitet. Diese erarbeiteten Zukunftsaussichten sind besonders für Sie, für die Bevölkerung der Region, bestimmt. Wir als Planerinnen und Planer wollen ausgehend von alten Pfaden, neue Wege aufzeigen. Sie, als Bewohnerinnen und Bewohner kennen ihre Region aber am besten. Der Inhalt dieser Publikation soll dazu aufrufen, sich über die Entwicklungen in der eigenen Region bewusst Gedanken zu machen und Initiative zu ergreifen. Wir bedanken uns beim Team des Regionalentwicklungsvereins Römerland Carnuntum für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit. Des Weiteren danken wir allen Gemeinde­vertreterinnen und -vertretern, die sich Zeit für Gespräche mit uns genommen haben und allen Vortragenden, die uns ihr Wissen im Rahmen des Workshops im Herbst 2017 Bruck an der Leitha und auch während der Projektarbeit zur Verfügung gestellt haben. Viel Spaß beim Lesen! Die Langfassungen unserer räumlichen Entwicklungskonzepte finden Sie ­online unter https://tinyurl.com/p2-carnuntum. Auf Wunsch erhalten Sie die Unterlagen auch direkt beim Regionalentwicklungsverein Römerland ­Carnuntum (office@roemerland-carnuntum.at).

XII


Perspektiven

neue

für die Region

Die Region Der Region Römerland Carnuntum kam im Verlauf der Geschichte wiederholt eine bedeutende Rolle zu. Bereits in der Römerzeit zählte die Stadt Carnuntum zu einer der wichtigsten Städte des Imperiums. Aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa war sie Schnittpunkt zweier wichtiger Handelspfade. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs ist das Gebiet zwischen den zwei Metropolen Wien und Bratislava eine der am stärksten wachsenden Regionen Österreichs. Was heute als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird, war vor den frühen 1990er Jahren nicht vorstellbar: Die „Ostöffnung“ hat im Grenzraum eine räumliche und wirtschaftliche Verflechtung, die von einem Bemühen um eine gute Zusammenarbeit geprägt ist, bewirkt. Abseits der wirtschaftlich günstigen Lage zeichnet sich die Region durch den Nationalpark Donau-Auen, seine fruchtbaren Böden, historische Dorfstrukturen und den Weinbau aus. Insgesamt hat das Römerland Carnuntum viele Potentiale, die weiterentwickelt werden sollen. Im Zuge der aktuellen Entwicklung ergeben sich für die Region große Herausforderungen: Das Auspendeln vieler Bewohnerinnen und Bewohner wirkt sich auf die Siedlungs- und Infrastruktur der Heimatgemeinden aus. In tagsüber wenig belebten Ortskernen können Handels- und Dienstleistungsbetriebe wirtschaftlich nicht bestehen. Dies führt zu einer Verschlechterung der lokalen Nahversorgung und zur Zunahme des Leerstandes in den Ortszentren. Bei den Bildungseinrichtungen und im Bereich der Gesundheitsversorgung kommt es aufgrund des raschen Zuzugs in die Region zu Engpässen. Ungelöst ist auch die Frage, wie dem stark angestiegenen und weiter wachsenden Verkehrsaufkommen begegnet werden soll. Großes Augenmerk muss ebenfalls auf Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Bewältigung der Folgen der Klimaveränderung gelegt werden. Vor diesem Hintergrund werden Strategien und Projekte gesucht, die Lösungen für gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen bieten. Dabei soll mit den bestehenden positiven Qualitäten weitergearbeitet werden.

XIII


Niederösterreich

WIEN

Schwechat

Zwölfaxing

KleinNeusiedl

Fischamend

HauslauMaria Ellend

Rauchenwarth Schwadorf Enzersdorf a. d. Fischa Ebergassing

GöttlesbrunnArbesthal Trautmannsdorf a. d. Leitha

Gramatneusiedl Götzendorf a. d. Leitha Moosbrunn

BADEN Mannersdorf am Leithagebirge

Hof am Leithagebirge

Au am Leithagberge

E I S E N STADT -UMGEBUNG


Perspektiven

neue

für die Region

GÄNSERNDORF

BRATISLAVA

Hainburg a. d. Donau

AU DON

Bad DeutschAltenburg

Wolfsthal Hundsheim Berg

PetronellCarnuntum

Scharndorf

Höflein Rohrau

Prellenkirchen

HA IT E L Bruck a. d. Leitha

Burgenland

NEUSIEDL AM SEE

Abb. 02  Die Region auf einen Blick

Neusiedler See

XV


Römerland Carnuntum

Umgang mit ­Landschaftsraum

Das Arbesthaler Hügelland, die Hundsheimer Berge, aber vor allem auch die Donau-Auen formen die Region maßgeblich. Diese und weitere Landschaftsräume des Römerland Carnuntums prägen den Lebensraum der Bewohnerinnen und Bewohner. Durch das Bevölkerungswachstum und die verschiedenen Ansprüche an den Natur- und Kulturraum entstehen jedoch Nutzungskonflikte. Diesen Herausforderungen gilt es mit langfristigen und nachhaltigen Maßnahmen zu begegnen. Um die Naherholungsgebiete und für die Landwirtschaft wichtige Flächen zu erhalten sowie die biologische Artenvielfalt zu steigern, sind Schutz- und Förderungsmaßnahmen erforderlich. Lärm verpflanzen Die fortschreitende Siedlungsentwicklung im Zusammenhang mit dem Ausbau der Infrastruktur und dem Wachstum der Wirtschaft in der Region, zeugt von der Attraktivität der Region als Wirtschafts- und Lebensraum. Diese Entwicklungen bringen jedoch eine erhöhte Immissionsbelastung mit sich. Ein Lösungsansatz gegen die Einwirkungen von Lärm und Staub auf die Bevölkerung können Bepflanzungen in unterschiedlichen Formen sein. Beispielsweise sollen lineare Bepflanzungen, unmittelbar an den Grenzen der Betriebsgebiete oder entlang von stark befahrenen Straßen verlaufen, als grüne Schutzwände dienen und die Standorte dabei gleichzeitig attraktivieren. Neu bepflanzte Flächen schützen nicht nur vor Immissionen, sondern auch vor Erosion und können auch als Erholungsraum für die Bewohnerinnen und Bewohner dienen. Ein weiterer bedeutender Faktor ist auch der dazugewonnene Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt. Grünes Band am Siedlungsrand Durch den starken Zuzug in die Region werden immer mehr Flächen für Wohnraum beansprucht. Um eine geordnete Siedlungsentwicklung zu gewährleisten, werden Siedlungsgrenzen festgelegt. Die Siedlungsgrenzen sollen jedoch nicht nur im Flächenwidmungsplan eingezeichnet, sondern auch durch Bepflanzung gestaltet werden. Durch die begrünten Siedlungsränder werden den Grenzen der Siedlungs1


Perspektiven

neue

für die Region

entwicklung höhere Bestandskraft verliehen. Gleichzeitig schaffen die grünen Siedlungsränder eine ästhetische Fassung des Raumes und auch eine ökologisch wertvolle Qualität für Mensch und Tier. Denkbare Nutzungen der begrünten Siedlungsränder wären beispielsweise frei zugängliche Buntbrachen, Obst- und Gemüsegärten sowie kleine Wasserbiotope. Abb. 03  Der Siedlungsrand aktuell und gestaltet

aktuelle Situation

fließende Übergänge – unklare Raumsituationen

mit grünem Siedlungsrand

Siedlungsgebiet

Siedlungsrand

Landwirtschaft 2


Römerland Carnuntum

Zurück zum (Quell-)Ursprung Ein sehr wertvoller Lebensraum für Fauna und Flora stellen die Flüsse dar. In den Auen um die Feuchtgebiete herrscht Potential, eine noch größere Artenvielfalt zu erreichen. Durch die menschlichen Einflüsse kommt es oft zu Störungen des Ökosystems, deshalb sollen die Flussbereiche in Zukunft an Bereichen außerhalb des Siedlungsgebietes bewusst geschützt und renaturiert werden. Die Ausweitung und Aufrechterhaltung der bereits vorhandenen Schutzgebiete sowie das Freihalten von Bebauung entlang der Flüsse, sollen die Uferzonen beruhigen und Pufferzonen zu Betriebsund Siedlungsgebieten sowie Verkehrsachsen schaffen. Um den natürlichen und ursprünglichen Charakter zurückzuerlangen, sollen Uferbereiche stellenweise rückgebaut werden, um die Flüsse mäandrierend fließen zu lassen. Die entstehende Wildnis ist für die Tiere und Pflanzen von höchster Relevanz und führt zu einer biologisch vielfältigen Landschaft.

Abb. 04  Schloss Petronell

3

Wenn das Flussufer zum Strand wird Abgesehen von der Donau gibt es zahlreiche wichtige Flüsse in der Region, wie zum Beispiel Schwechat, Fischa oder Leitha. Diese Flussläufe bieten gute Möglichkeiten für die Erholung und Freizeitaktivitäten der Bewohnerinnen und Bewohner. Jedoch sind diese nicht immer zugänglich und wenn, dann nicht sehr attraktiv gestaltet. Wiesen zum Liegen und Zugänge zum Wasser sind eine Seltenheit. So sollen einerseits innerhalb der Ortsgebiete Promenaden und Plätze entlang der Flüsse, andererseits auch naturbelassene Zugänge zum Wasser außerhalb der Ortsgebiete, geschaffen werden. Dadurch soll es den Bewohnerinnen und Bewohnern ermöglicht werden, auch abseits der Donau heiße Sommertage direkt am Wasser, im Idealfall im eigenen Ort, zu verbringen.


Perspektiven

neue

für die Region

Abb. 05  Ausblick vom Braunsberg auf Hainburg

Abb. 06  Zugang zur Donau

Abb. 07  Donauarm in Petronell-Carnuntum

4


Römerland Carnuntum

Interkommunale ­Betriebsgebiete

Stellen Sie sich vor: Die Gemeinden der Region Römerland Carnuntum arbeiten Hand in Hand, um mehrere Betriebsareale in der Region gemeinsam zu entwickeln und zu vermarkten. Mit dieser Kooperation würden die Kräfte und Potentiale der Region gebündelt. Es entsteht nicht nur eine neue Qualität der Zusammenarbeit, sondern auch ein attraktiver sowie im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort. Investitionen in die Schaffung und Unterstützung von Betriebsgebieten und die daraus resultierenden Kommunalsteuereinnahmen werden gemeinschaftlich geteilt. Das hört sich nach einer idealen Situation an, oder? Als Gegenmodell zur derzeitigen Praxis, nach der ein Großteil der Gemeinden über eigene und kostspielige Betriebsgebiete verfügen, sollen überregionale Wirtschaftsstandorte geplant werden. Damit wird dem Konkurrenzkampf mit anderen Gemeinden entgegengewirkt. Denn sie teilen den Gewinn, aber auch anfallende Kosten (siehe Abbildung 8). Die geeigneten Flächen werden gemeinsam verwaltet. Die Errichtung interkommunaler Betriebsgebiete schafft Anreize für die Ansiedlung neuer Unternehmen und lässt zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen. Darüber hinaus wird der Abwanderung von lokalen Betrieben entgegengesteuert. Durch eine gemeinsame Entwicklung und Vermarktung von mehreren Betriebsarealen in der Region können viele Vorteile entstehen. Erkennbar würden diese Vorteile einerseits durch die Kostenersparnis bei der Errichtung der Betriebsgebiete samt notwendigen Infrastruktureinrichtungen. Andererseits könnte die gesamte Region in ihrer Verhandlungsposition gegenüber Investorinnen, Investoren sowie Dritten gestärkt werden. Dies würde dazu führen, dass das Konkurrenzdenken zwischen den Gemeinden der Region gezielt abgebaut wird und sich das Römerland Carnuntum durch einen gemeinsamen Auftritt als Wirtschaftsstandort im Standortwettbewerb besser positioniert. Hervorzuheben ist, dass die einzelnen Gemeinden, durch die Bündelung der regionalen Potentiale, einen größeren Finanzspielraum hätten. Insgesamt sollen die Auswirkungen der inter5


Perspektiven

neue

für die Region

kommunalen Betriebsgebiete also zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandorts Römerland Carnuntum sowie einer verbesserten Koordination zwischen Gemeinden und den damit einhergehenden finanziellen Vorteilen führen. Für die Umsetzung wird eine Kooperation der Gemeinden in Form eines interkommunalen Betriebsflächenmanagements empfohlen. Diese professionell geführte Stelle soll eine abgestimmte Betriebsansiedlung garantieren und die optimale Entwicklung sowie die Vermarktung dieser Standorte übernehmen. Die Ansiedlung von Klein- und Mittelunternehmen soll weiterhin in jeder Gemeinde stattfinden, um vor Ort Arbeitsplätze zu garantieren.

Abb. 08  Prinzip der Einnahmen- und Ausgabenverteilung

-

+

Infrastrukturausgaben

Kommunalsteuereinnahmen

GEMEINDEN

Ausgaben werden anhand des Bevölkerungsschlüssels aufgeteilt

Restliche Einnahmen werden anhand des Bevölkerungsschlüssels aufgeteilt

STANDORTGEMEINDE Ausgaben der Standortgemeinde nach dem verhandelten Prozentsatz

Investitionen für Infrastruktur

-

Einnahmen der Standortgemeinde nach dem verhandelten Prozentsatz

BETRIEBSGEBIETE

Kommunalsteuereinnahmen

+ 6


Römerland Carnuntum

Neue ­Verkehrslösungen

Derzeit ist die Alltagsmobilität der Bewohnerinnen und Bewohner der Region durch die Abhängigkeit vom privaten PKW geprägt. Bei den öffentlichen Verkehrsverbindungen sind zwar insbesondere die überregionalen Anbindungen gut ausgebaut, ansonsten gibt es allerdings Nachholbedarf beim Mobilitätsangebot. Daher sollten Schnittpunkte im Verkehrsnetz, wie zum Beispiel Haltestellen, sinnvoll geplant und gestaltet werden. Ziel müsste sein, durch den Ausbau der Infrastruktur ein umfangreiches Mobilitätsangebot zu schaffen. Maximal multimodal Eine saubere Umwelt und positive Auswirkungen auf die Gesundheit sowie finanzielle Vorteile sind die meistgenannten Argumente für eine multimodale Fortbewegung. Multimodalität liegt vor, wenn unterschiedliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen und Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sich bewusst für umweltfreundlichere oder sparsamere Alternativen entscheiden können (siehe Abbildung 9). Besonderes Augenmerk sollte etwa auf bequeme Umsteigemöglichkeiten zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln und die bessere Erreichbarkeit der Ortschaften gelegt werden. Um heutigen und zukünftigen Mobilitätsansprüchen gerecht zu werden ist die Etablierung von multimodalen Schnittstellen essentiell. Dies soll an den für die Region wichtigen Verkehrsknotenpunkten, wie beispielsweise an Bahnhöfen, erfolgen. Dabei soll nicht ausschließlich der Ausbau von P&R-Anlagen für PKW forciert werden, vielmehr soll eine adäquate Radinfrastruktur geschaffen werden. Dazu zählen witterungsgeschützte, videoüberwachte Abstellanlagen, bei denen auch Serviceangebote wie Schließfächer für die Fahrradausrüstung, Luftpumpen und Werkzeug für kleine Reparaturen sowie Ladestationen für E-Bikes zur Verfügung stehen sollen. Für eine optimale Nutzung sind kurze Wege zwischen den Haltepunkten des öffentlichen Verkehrs und der Radabstellanlage, sowie eine entsprechende Leitsystematik unerlässlich.

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Perspektiven

neue

für die Region

wichtige Begleitinfrastruktur kurze Umsteigewege e

H

Sharing-Angebote vor Ort

H

attraktive Umsteigezeiten e

flexible Haltezonen und Stellplätze

P+ R B + R K+R

PARK + RIDE

BIKE + RIDE

KISS + RIDE

Abb. 09  Kennzeichen eines multimodalen Mobilitätsknotenpunktes

Like the Bike In der Region fehlen zum Teil direkte, alltagstaugliche Radwege zwischen Ortschaften, wie etwa im Westen des Römerlands zwischen Schwechat und Fischamend oder im Osten zwischen Hundsheim und Bad Deutsch-Altenburg. Auf vielen Abschnitten wäre die Realisierung auf bereits bestehenden Feldwegen vorstellbar. Zwischen Pachfurth und 8


Römerland Carnuntum

Abb. 10  Knotenpunkt Bahnhof Bruck a. d. Leitha

Schönabrunn wird ein Radweg am Hochwasserschutzdamm der Leitha vorgeschlagen, der – genauso wie ein Radweg über das Leithagebirge – auch Potential zur Freizeitnutzung aufweisen würde. Zur Aufwertung bestehender und neuer Radwege werden Baumpflanzungen, Unterstellmöglichkeiten und kleine Servicestationen entlang der Strecken empfohlen. Um die Orientierung zu erleichtern sollen alle Radwegeknoten eine Nummer erhalten. Bei jeder Kreuzung werden die benachbarten Knotenpunkte angeschrieben. Eine einheitliche Beschilderung ist dabei ebenso wichtig wie Entfernungsangaben. Sowohl Bewohnerinnen und Bewohner der Region als auch Touristinnen und Touristen aller Altersklassen fänden mit diesem Nummerierungsschema ein leicht verständliches und hilfreiches System vor. Kein Auto? Kein Problem! Derzeit werden viele alltägliche Wege in der Region mit dem Auto zurückgelegt. Ursache hierfür ist, dass die Alltagstauglichkeit des Regionalbusnetzes durch große Taktlücken und lange Umsteigewartezeiten gemindert wird. Der öffentliche Personennahverkehrs ist fast ausschließlich auf Schülerinnen und Schüler sowie auf Pendlerinnen und Pendler ausgerichtet. Vormittags, abends und nachts fahren hingegen kaum Busse. Da das Fahrgastaufkommen derzeit zu gering ist, um eine ständige flächendeckende Versorgung mit Bussen anbieten zu können, sollte der Ausbau bedarfsorientierter Systeme des öffentlichen Verkehrs forciert werden. Bisher gibt es bedarfsorientierte Verkehrssysteme, sprich Anrufsammeltaxis, nur im westlichen und südlichen Teil der Region. Anrufsammeltaxis bringen viele Vorteile: Durch eine bessere Erreichbarkeit von Orten mit öffentlichen Verkehrs-

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Perspektiven

neue

für die Region

mitteln werden vor allem die alltäglichen Wege von älteren Personen, Kindern und Jugendlichen erleichtert. Mit der Einführung bedarfsorientierter flexibler Verkehrslösungen könnte die Lösung des „Problems der letzten Meile“, in der Regel der zurückgelegte Weg mittels des eigenen Autos zum nächsten Bahnhof, in Angriff genommen werden. Auf der Karte unten (siehe Abbildung 11) ist die Funktionsweise eines Anrufsammeltaxis für den Osten der Region exemplarisch dargestellt. Dieses soll zwischen den Bahnhöfen in Bruck a. d. Leitha und Hainburg a. d. Donau verkehren. Die Sammelstellen befinden sich einerseits an regulären Bushaltestellen, andererseits sollen zusätzliche Haltestellen eingerichtet werden, sodass sie für alle Haushalte in einer Fußwegdistanz von 300 m erreichbar sind. Die Fahrgäste können nach Ankunft eines Zuges am Bahnhof Bruck a. d. Leitha oder Hainburg a. d. Donau in das dort wartende Fahrzeug einsteigen oder an einer Sammelstelle, nach vorheriger telefonischer Anmeldung, abgeholt werden. Der Ausstieg erfolgt an einer Sammelstelle oder einer vom Fahrgast gewünschten Adresse. Um die Multimodalität weiter zu fördern, sollte auch über einen Tarif, der sich in das bestehende System eingegliedert, nachgedacht werden.

Abb. 11  Anrufsammeltaxi (AST) –exemplarisch für die ­Fahrtrichtung ­Norden

ÖV-Angebot zur Schwachverkehrszeit Eisenbahn Stadtbus Bratislava AST-Strecke

AST

5 km Bahnhof Hainburg Kulturfabrik

Stationen ÖV-Knotenpunkt Bahnhof/Haltestelle Bushaltestelle AST- Sammelstelle Beförderung mit dem AST bis vor die Haustüre

AST

aus Wien an :53 aus Bruck/Leitha an :55 nach Bratislava ab :01 nach Wien ab :07

BRATISLAVA

Bratislava hlav

Personenbahnhof Ungartor Wolfsthal B. D. - Altenburg

AU DON

Bratislava Petrž

Hundsheim

Petržalka

nach WIEN

Regelsbrunn

Wildungsmauer

Petronell-Carnuntum

Edelstal

Berg

Scharndorf

Hollern Höflein

Schönabrunn

Kittsee

Prellenkirchen

Rohrau Gerhaus Deutsch Haslau Pachfurth

Pama

AST

nach WIEN

AST

Bahnhof Bruck a. d. Leitha

Abfahrtszeiten Bahnhof Bruck an der Leitha Mo-Do: 8:49-11:49; 18:49-21:49 Fr: 8:49-11:49; 18:49-23:49 Sa: 13:49-23:49 So: 8:49 -18:49

f

or

nd

tte

Ga

nach Hainburg ab :49 aus Bratislava an :45 aus Wien an :42

Potzneusiedl

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Römerland Carnuntum

Besondere Orte

Das Römerland Carnuntum ist eine vielfältige Region. Aber ist sie nun die Weinregion, die Energieregion, die Flughafenregion oder die Metropolregion? Die Vielfalt ist es, die die Region so einzigartig macht und diese sollte daher auch aufgezeigt werden. Jede und jeder kennt sie, die besonderen Orte, an denen spürbar wird, was die Region ausmacht. Sei es die unberührte Waldlichtung, an der einem die Naturvielfalt bewusst wird oder ein Ort der Entspannung, an dem man fernab vom Fluglärm zur Ruhe kommt. Mit diesen Orten verbindet man viele positive Gefühle und Erinnerungen. Würden Sie gerne noch mehr solcher Orte in der Region entdecken? Würden Sie gerne die Dinge, die für sie die Region besonders machen, mit anderen teilen? Durch die Auswahl von 1000-Wort-Orten in der Region sollen versteckte Potenziale aufgedeckt und attraktive Freiräume bekannt, beziehungsweise zugänglich gemacht werden. Diese Initiative, die vom Regionalentwicklungsverein Römerland Carnuntum in Zusammenarbeit mit allen Gemeinden durchgeführt werden könnte, bietet die Chance die Charakteristika der Region darzustellen und neue Freizeitgestaltungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Durch das Projekt soll allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Region, ob hier geboren oder zugezogen, die Möglichkeit geboten werden, immer wieder neue Plätze zu entdecken. Doch was ist denn nun genau so ein 1000-Wort-Ort? Ein 1000-Wort-Ort ist ein besonderer Ort in einer Gemeinde, der entweder besonders attraktiv oder typisch für die Region ist. Das können zum Beispiel Wasserplätze oder Ruhezonen, die durch Bepflanzung vom Lärm abgeschirmt werden oder lauschige Plätze im Wald, welche als Leseecken ausgestaltet werden, sein. Gemeinsam mit den Regionsbewohnerinnen und Regionsbewohnern sollen solche Plätze ausfindig gemacht werden. Je Gemeinde soll mindestens ein 1000-Wort-Ort ausgewählt werden, welcher dann beschildert und nach Bedarf ausgestattet wird. In einer 11


Abb. 12  Geheimplatz an der Donau in Petronell-Carnuntum

Perspektiven

neue

für die Region

regionalen Broschüre mit Karte sollen die Schätze der Region dann sichtbar gemacht werden. Um die besonderen Orte ausfindig zu machen werden zwei verschiedene Bürgerbeteiligungsverfahren vorgeschlagen, die miteinander kombiniert werden können. Workshops mit Schulen Durch Schülerinnen und Schüler der regionalen Schulen sollen Bürgerinnen und Bürger zu ihren Lieblingsplätzen in der Region befragt werden. Dies hat zusätzlich den positiven Nebeneffekt eines Generationenaustausches. Regionsbegehungen mit Lärmerhebung Im Rahmen von Workshops zum Thema Lärm sollen Spaziergänge durch die Region durchgeführt werden. Bei diesen wird mit Hilfe eines Lärmerhebungstools zum einen auf Lärmquellen aufmerksam gemacht, zum anderen werden ruhige Orte identifiziert. Im weiteren Verlauf können Bürgerinnen und Bürger mit Hilfe einer App selbst während ihren Spaziergängen Lärmerhebungen durchführen und ihre subjektive Wahrnehmung des Lärms dokumentieren. Auf Grundlage der Ergebnisse dieses Schrittes soll dann je Gemeinde über die auszugestaltenden 1000-Wort-Orte abgestimmt werden.

Abb. 13  Spielplatz am Kellerberg

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Römerland Carnuntum

Abb. 14  Au-Terrasse Stopfenreuth

Abb. 15  Kellergasse Petronell Carnuntum

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Abb. 16  Ruheoase an der Donau


Perspektiven

neue

für die Region

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Römerland Carnuntum

Ortskernbelebung

Die Ortskerne der Dörfer der Region Römerland Carnuntum nehmen wichtige Funktionen ein. Sie weisen Aufenthaltsqualität auf, dienen als soziale Treffpunkte und repräsentieren den Ort. Wenn Ortskerne diese Grundfunktionen erfüllen, wird ein soziales Zusammenleben und Interaktionen zwischen den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinde gestärkt. Zunehmender Online-Handel, Ansiedlungen von Fachmarktzentren am Ortsrand sowie die Pendlerverflechtungen nach Wien stellen die Gemeinden vor große Herausforderungen. Durch sie gerät die Funktion des Ortskerns als pulsierendes Herz des Dorfes in Gefahr und die Zentren drohen in einen Dornröschenschlaf zu fallen. Um dem entgegenzuwirken, werden im folgenden Maßnahmen thematisiert, mit denen Ortskernen neues Leben eingehaucht werden kann. Je mehr Aktionen gesetzt werden, desto attraktiver und belebter werden die Bewohnerinnen und Bewohner ihren Dorf kern in Zukunft erleben können! Wie kann Ihr Dorf belebter werden? Ein wichtiger Faktor zur Belebung der Ortskerne ist eine Innenentwicklung, die die Eigenart und Qualität dieser berücksichtigt. Insbesondere die Nutzung von Leerständen eignet sich hierfür. Um Gemeinden einen besseren Überblick und Detailinformationen über Baulücken, ungenutzte Häuser und Brachflächen zu geben, bietet sich eine Flächenmanagement-Datenbank an. Das Instrument des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, welches bereits in mehreren Gemeinden angewendet wird, ist eine kostenlos und online verfügbare Datenbank. Die Befüllung erfolgt durch eine systematische Bestandsanalyse. Die Datenbank gibt den Gemeinden einen gesamtheitlichen Überblick über alle ungenutzten Flächen sowie deren Entwicklungsmöglichkeiten. Um Potentiale einer Liegenschaft zu ermitteln und Leerstände zu minimieren, können Hausanalysen durchgeführt werden. Hierbei handelt es sich um eine Untersuchung, in der die Nutzungspotentiale einer Liegenschaft aufgezeigt werden. In der Schweiz wird sie bereits erfolgreich als Instrument zur Leerstandsbekämpfung genutzt. Durch eine 15


Abb. 17  Veranstaltungen beleben die Ortskerne

Perspektiven

neue

für die Region

umfassende Bewertung sollen Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern mögliche Nutzungen und Maßnahmen zur Schaffung von attraktivem Wohnraum aufzeigt werden. Im Rahmen der Hausanalyse sollen nicht nur flächen- und wohnraumbezogene Daten erhoben werden. So ist es denkbar, dass auch die persönliche Wahrnehmung der Bevölkerung in die Bewertung mit einfließt. Informationen wie der Lärmpegel können wichtige Kriterien für eine möglichst umfassende Darstellung der Leerstände sein. Ortskenntnisse lokaler Planerinnen und Planer sollen in die Bewertung mit einfließen. So sollen Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer zur Erneuerung der Bausubstanz sowie zur Vermietung motiviert werden. Ungenutztes wird attraktiviert und der Ortskern wird wieder belebter! Wie kann Ihr Dorf Räume nutzen? Sobald Potentiale von Leerständen und brachliegenden Flächen bekannt sind, könnte ein Schritt um Dörfern neues Leben einzuhauchen, die Etablierung einer Plattform zur Vermittlung nutzbarer Räume sein. Das Ziel der Plattform ist, dass Leerstände nicht verwahrlosen, sondern als temporär oder dauerhaft mietbare Räumlichkeiten verwendet werden. Flächen können auch von mehreren Mieterinnen und Mietern gleichzeitig genutzt werden, wodurch die Kosten für diese sinken und eine Art Coworking Space entstehen kann. Die Anmietung der Räume soll flexibel gestaltet werden. Es müssen sich keine dauerhaften Mietverhältnisse ergeben, stattdessen werden auch befristete Zwischennutzungen angestrebt. Die Plattform soll vielfältigen Aktivitäten und Projekten dabei helfen, notwendige Räume zu finden. So weisen ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude und leerstehende Erdgeschosse Potenzial für neue Nutzungen, wie beispielsweise für Büroflächen, auf. Aber nicht nur geschlossene Räume, sondern auch Plätze, Straßen und Höfe können mit verschiedensten Veranstaltungen, wie Open Air-Kinos oder Flohmärkten, bespielt werden. 16


Römerland Carnuntum

Regionale ­Wertschöpfung

Durch ein vielfältiges Angebot an regionalen Produkte können die regionalen Besonderheiten in das Bewusstsein der Menschen gerückt werden. Dies hilft nicht zuletzt die Identifikation mit der Region zu stärken. Durch den Kauf und Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte innerhalb der Region bleiben zudem Wertschöpfung und Kauf kraft erhalten, wodurch die (Land-)Wirtschaft nachhaltig gestärkt werden kann. Transportwege werden sowohl für die Produzierenden, als auch für die Käuferinnen und Käufer reduziert. In Zeiten, in denen Lebensmittel im Internet bestellt und nach Hause geliefert werden können, ist es gar nicht so leicht als lokale Kleinproduzentin oder als lokaler Kleinproduzent bestehen zu können. Wir kaufen mit völliger Selbstverständlichkeit Lebensmittel aus allen Ecken der Welt ein. Deshalb muss man sich überlegen, wie man die Produzentinnen und Produzenten lokaler Güter unterstützen kann und welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit sich die Menschen auch für das regionale Produkt entscheiden. Konsumentinnen und Konsumenten möchten die Produkte möglichst einfach und flexibel erhalten. Für Landwirtinnen und Landwirte stellt vor allem der zeitliche und organisatorische Aufwand der Direktvermarktung eine Hürde dar. Deshalb sollen neue einfache Verkaufsmöglichkeiten regionaler Produkte in der Region geschaffen werden. Das Beste aus der Region kompakt verpackt Mit einem saisonalen regionalen Kisterl wird es nie langweilig. Es ist wie eine Art Wundertüte, die jeden Monat neue Überraschungen mit alten, bereits in Vergessenheit geratenen Spezialitäten, birgt. Eine Website liefert den Hintergrund über Herkunft und Herstellerinnen und Hersteller und bietet die Möglichkeit, das passende Genusspaket auszuwählen. Dieses bekommt die Konsumentin beziehungsweise der Konsument dann einen Monat lang wöchentlich zugestellt. Das Glück liegt oft nur einen Klick entfernt Für die Marktschwärmerei kann man nur schwärmen: Sie 17


Perspektiven

neue

für die Region

vereint die Vorteile von Online-Shopping mit denen eines traditionellen regionalen Markts. Kundinnen und Kunden können jede Woche vorab die gewünschten regionalen Produkte online bestellen und bei einer Marktschwärmerei, an einem fixen Standort in der Region, abholen. Durch Einrichtung mehrerer Standorte können die Wege sowohl für Produzentinnen und Produzenten, als auch für Konsumentinnen und Konsumenten erheblich verkürzt werden. Die Produkte werden von den Produzentinnen und Produzenten selbst ausgegeben, wodurch auch der direkte Kontakt mit den Käuferinnen und Käufern gefördert wird.

Abb. 18  Guter Wein muss nicht weit reisen

Reisende auf den Geschmack bringen Den Flughafen Wien passieren jeden Tag eine große Zahl an internationalen Reisenden. Durch den Verkauf regionaler Produkte direkt im Non-Aviation-Sektor des Flughafens kann man ihnen Produkte des Römerland Carnuntum anbieten. So werden für die Produzentinnen und Produzenten neue Absatzmärkte ihrer Produkte erschlossen und die Marke Römerland Carnuntum kann nachhaltig gestärkt werden.

Shiraz

Bordeaux

Australischer

Französischer

Shirazwein

15.000 Kilometer

Bordeauxwein 1.500 Kilometer

Rubin Carnuntum Direkt vor der Haustür!

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Römerland Carnuntum

Versorgung – ­bedarfsgerecht und räumlich flexibel

Die Region Römerland Carnuntum ist ein beliebtes Zuzugsgebiet: Sowohl ältere Leute, als auch junge Familien schätzen die Nähe zu den Großstädten Wien und Bratislava, den dörflichen Charakter mancher Gemeinden und die Erholungsgebiete in der Region. Durch Veränderungen der Bevölkerungsstruktur, unregelmäßige Jahrgangsgrößen in Kindergärten und Schulen sowie sich wandelnde Bedürfnisse der Bevölkerung, erscheint es sinnvoll, innovative Raumlösungen in die Region zu bringen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Abb. 19  Schnelle und flexible Lösungen

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Durch die Errichtung von Pop-Up-Standorten soll in flexibler und kostengünstiger Weise auf demographische und gesellschaftliche Entwicklungen reagiert werden können. Im Gegensatz zur Errichtung neuer Gebäude, ist ihre Einführung zeitsparend, flexibel und innerhalb des bestehenden rechtlichen Rahmens unproblematisch. Für die Ausweisung von Pop-Up-Standorten in den Gemeinden müssen nutzungsspezifische Standortkriterien berücksichtigt werden. Beispielsweise benötigen Standorte temporärer Schulgebäude mehr Grundfläche. Wohingegen ein Standort, der als mobile


Perspektiven

neue

für die Region

Arztpraxis genutzt wird, mit weniger Fläche auskommt, allerdings sehr zentral gelegen sein sollte. Grundsätzlich muss bei allen Standorten ein Anschluss an die Versorgungsnetze vorhanden sein. Für den Fall, dass Pop-Up-Standorte gerade nicht temporär genutzt werden, können sie mit Mobiliar ausgestattet werden und den Bewohnerinnen und Bewohnern als Aufenthaltsflächen dienen. Reisende Ärztinnen und Ärzte Um die lokale Gesundheitsversorgung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte garantieren zu können, müssen sich die Praxen rentieren. Dadurch, dass die Ausstattung dieser sehr kostspielig ist, sollen neue mobile Lösungen etabliert werden. Rollende Arztpraxen – also modifizierte Fahrzeuge – sollen eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung in jeder Gemeinde sicherstellen. Sie könnten auftretende Versorgungslücken effizient füllen und die Betreuung aller Bewohnerinnen und Bewohner, insbesondere die der älteren und weniger mobilen Personen, gewährleisten. Ein weiterer Pluspunkt einer rollenden Praxis ist, dass sie eine kostengünstigere Variante zur Bereitstellung von anderen Räumen und deren Ausstattung darstellt. So werden jene Gemeinden, die aktuell Miet- und Ausstattungskosten von Arztpraxen übernehmen, finanziell entlastet. Platz für Bildung Auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen soll besonders viel Wert gelegt werden. Um sich hohe Kosten für den Umbau bestehender Bildungseinrichtungen bei schwankenden Kinderzahlen zu ersparen, bieten sich modulare Bauweisen an. Im Gegensatz zu einem Massivbau, sind modulare Bauweisen, meist in Form von Containern, schnell und kostengünstig im Auf- und Abbau. Werden Räume nicht mehr für die Kinderbetreuung benötigt, können sie zum Beispiel als Kommunikationszentren oder Jugendzentren genutzt, weitergegeben oder vor Ort vermietet werden.

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Abbildungsverzeichnis Abb. 01  Vielseitige Kulturlandschaft des Römerland Carnuntum. Jakob Listabarth Abb. 02  Die Region auf einen Blick. Eigene Darstellung der AutorInnen. Grundlagen: OpenStreetMap (2017), Copernicus Programme (2017): CLC 2012 Abb. 03  Der Siedlungsrand aktuell und gestaltet. Eigene Darstellung der AutorInnen Abb. 04  Schloss Petronell. Ramina Jenabi Abb. 05  Ausblick vom Braunsberg auf Hainburg. Amira Subki Abb. 06  Zugang zur Donau. Daniel Reiter Abb. 07  Donauarm in Petronell-Carnuntum. Ramina Jenabi Abb. 08  Prinzip der Einnahmen- und Ausgabenverteilung. Eigene Darstellung nach Alexander Geschina, Georg Dissertori, Jeremias Burtscher, Koloman Köck, Odysseas Deutsch (2018): original:innovativ. Endbericht. S. 291. http://p2.iemar.tuwien.ac.at/p2_17_carnuntum/assets/downloads/endbericht-team2-originalInnovativ.pdf [zuletzt aufgerufen am 06.09.2018] Abb. 09  Kennzeichen eines multimodalen Mobilitätsknotenpunktes. Eigene Darstellung nach Alexander Geschina, Georg Dissertori, Jeremias Burtscher, Koloman Köck, Odysseas Deutsch (2018): original:innovativ. Endbericht. S. 247. http://p2.iemar.tuwien.ac.at/ p2_17_carnuntum/assets/downloads/endbericht-team2-originalInnovativ.pdf [zuletzt aufgerufen am 06.09.2018] Abb. 10  Knotenpunkt Bahnhof Bruck a. d. Leitha. Daniel Reiter Abb. 11  Anrufsammeltaxi (AST) – exemplarisch für die Fahrtrichtung Norden. Eigene Darstellung nach Arthur Kammerhofer, Jakob Listabarth, Lisa Steiner, Melanie Haider, Verena Matlschweiger (2018): Central Park Region. Endbericht. S. 79. http://p2.iemar. tuwien.ac.at/p2_17_carnuntum/assets/downloads/endbericht-team10-cpr-entwicklungskonzept.pdf [zuletzt aufgerufen am 06.09.2018] Abb. 12  Geheimplatz an der Donau in Petronell-Carnuntum. Ramina Jenabi Abb. 13  Spielplatz am Kellerberg. Ramina Jenabi Abb. 14  Au-Terrasse Stopfenreuth. Daniel Reiter Abb. 15  Kellergasse Petronell Carnuntum. Daniel Reiter Abb. 16  Ruheoase an der Donau. Daniel Reiter Abb. 17  Veranstaltungen beleben die Ortskerne. Nataniel Susantoputra. https://unsplash.com/ photos/rJctOLt1CAQ [zuletzt aufgerufen am 06.09.2018] Abb. 18  Guter Wein muss nicht weit reisen. Eigene Darstellung der AutorInnen Abb. 19  Schnelle und flexible Lösungen. Eigene Darstellung der AutorInnen


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