www.fgks.org   »   [go: up one dir, main page]

Seniorenmagazin Gegenwart

Page 1

LebenPlus

mit Gott erfüllt älter werden

GEGENWART

Papa frühstückt um halb drei Das Zeitgefühl bei Demenz

Wofür Ihnen Ihre Zeit nicht zu schade sein sollte

Verrückte Vergangenheit

Das Rätsel zu historischen Skurrilitäten


Symmetrie O Gegenwart, wie bist du schnelle, Zukunft, wie bist du morgenhelle, Vergangenheit so abendrot! Das Abendrot soll ewig stehen, Die Morgenhelle frisch dreinwehen, So ist die Gegenwart nicht tot. Joseph von Eichendorff (deutscher Schriftsteller, 1788–1857)


Editorial „Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens.“ Dieses Zitat hat mir Anfang der 80er-Jahre einen entscheidenden Anstoß gegeben. Es gab dem ­ ­heutigen Tag seine volle Bedeutung. Das hat mich ­fasziniert. Als ich damals meine berufliche Laufbahn als junger Pastor begann, musste ich lernen, meine Zeit eigenverantwortlich zu planen. So verschlang ich die ­neuesten Bücher über Zeitmanagement und es gelang mir zunehmend besser, mit meiner Zeit umzugehen. Doch ein Plan ist nicht alles – es sind die Inhalte, die der Zeit ihr Gewicht geben. Was wir jetzt tun, wirkt sich auf unsere Zukunft aus. Wie wir uns gegenwärtig entwickeln, so werden wir sein. Und wenn es eine Zeit gibt, über die wir verfügen können, dann ist es die Gegenwart. Wichtig genug, um ihr intensive Aufmerksamkeit zu schenken. Mit diesem Magazin wollen wir das tun und laden Sie ein, daraus Ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Nicht nur, um den Tag effektiv zu nutzen, sondern um in ihm das zu gewinnen, was über die Tage hinaus von ­Bedeutung ist. Dass dabei der ewige Gott zugleich der gegenwärtige Gott ist, macht Mut, in die nächsten Tage zu gehen.

Kontakt Redaktion LebenPlus Stiftung M. W. Heukelbach

DE: 51700 Bergneustadt CH: Postfach, 4800 Zofingen AT: Postfach 14, 8200 Gleisdorf

magazin-lebenplus.de info@magazin-lebenplus.de

Siegfried Leferink, Chefredakteur

3


4

3

Editorial

6

Gegenwärtig leben Eine Herausforderung und Chance zugleich

Neu entdecken 10

Unser Wochenrhythmus Wir brauchen sowohl Arbeit als auch Ruhe

13

Zeit der Stille Ein gelungener Start in den Tag

14

Wenn die Zeit stehen bleibt Ein Reisebericht

16

Alles hat seine Zeit Die Bibel zum Mitdenken

18

Die Uhr im Wandel der Zeit


Frei gestalten

Weiter sehen

22

Papa frühstückt um halb drei Wie Demenz das Zeitgefühl verändert

36

Ewigkeit Mehr als das Maximum an Zeit

25

Wie war der Tag? Das Heute vor Gott reflektieren

40

Heute hier, morgen fort Das wundersame Leben einer Eintagsfliege

26

10.000 Briefe Aus Liebe zu Israel

42

Hätte ich doch nur … Wofür Ihnen Ihre Zeit nicht zu schade sein sollte

44

Menschenwürde hat kein Verfallsdatum

47

Entscheidende Momente

29

30

Brotbacken mit langer Teigführung Die Sauerteigalternative für Anfänger Verrückte Vergangenheit Das amüsante Rätsel zu historischen Skurrilitäten

32

Meine Zeit steht in deinen Händen Was Peter Strauch zu seinem Lied inspirierte

34

Morgendämmerung Ein Text von Miriam Vedder

5


Gegenwärtig leben

Eine Herausforderung und Chance zugleich

Selbstverständlich leben wir in der Gegenwart. Es ist die Zeit, in der das Leben stattfindet. ­Doch in unserer modernen Zeit kann es schon eine Herausforderung sein, im Hier und Jetzt zu leben. Wie kann es ­trotzdem gelingen?

6

Die Gegenwart – nicht nur eine Zeitangabe Hirnforscher sind der Frage nachge­ gangen, wie lange die Gegenwart ­dauert. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass wir knapp drei Sekunden brauchen, um diese Zeit als Gegenwart wahrzunehmen. Wir erleben die Gegenwart allerdings nicht nur als extrem kurze Zeitspanne. So sprechen wir auch von der gegenwärtigen Zeit und von der gegenwärtigen Welt. Wir merken, es ist nicht nur die Zeit, die die Gegenwart bestimmt, sondern auch der Ort, an dem


„Morgen gehe ich mich besuchen. ­Hoffentlich bin ich daheim.“ Mit diesem Bonmot hat Karl Valentin ein Dilemma aufgezeigt. Wie oft sind wir gar nicht dort, wo wir uns im Moment aufhalten. Wir sind nicht bei der Sache, nicht bei den ­Menschen, nicht einmal bei uns selbst.

Wie oft sind wir gar nicht dort, wo wir uns im Moment aufhalten. Wir sind aber sehr wohl dort präsent, wo wir unsere Umgebung mit unseren Sinnen als angenehm wahrnehmen, wo wir den Duft der Rose genussvoll aufsaugen oder das ins Spiel versunkene Kind beobachten. Vor allem sind wir dort gegenwärtig, wo wir uns willkommen wissen und eine Atmosphäre der Liebe erleben können. ­ Jede Möglichkeit dazu ist eine Einladung, sie zu ergreifen. Kinder können das. Von ihnen hat David, der König Israels, gelernt: „Ich bin ganz still und geborgen, so wie ein Kind bei seiner Mutter. Ja, wie ein Kind, so ist meine Seele in mir.“1 Einen solchen Schutz-

Gegenwärtig leben – jetzt handeln Die Gegenwart ist jener flüchtige ­Moment, der uns gehört. Genau das hatte der ­Apostel Paulus im Sinn, als er schrieb: „Kauft die Zeit aus.“2 Er schrieb auf ­Griechisch und verwendete für „Zeit“ zwei verschiedene Begriffe. Zum einen chronos für die ablaufende Zeit, die wir mit der Uhr m ­ essen können. Zum anderen kairos für die ­effektive Zeit, mit der sich eine Gelegenheit bietet. Um diese effektive Zeit geht es hier. Wer nur auf die Uhr schaut, verpasst möglicherweise die Gelegenheit, die es zu nutzen gilt.

Wer nur auf die Uhr schaut, verpasst möglicherweise die Gelegenheit, die es zu nutzen gilt. So misst sich auch das Alter nicht nur nach der abgelaufenen Zeit, sondern ­ bietet Gelegenheiten, die wir jetzt ergreifen ­ ­können. Wir verabschieden uns nicht vom Leben, wir leben jetzt stattdessen bewusst. Wir nutzen die Muße, um inneren F ­ rieden zu finden. Wir geben weiter, was uns im Laufe der Zeit zugewachsen ist. Wir gestalten jetzt aktiv unsere Beziehungen. Wir nutzen die Zeit ausdrücklich für das, was für uns Sinn ergibt. All das fühlt sich dann sehr lebendig an.

Psalm 131,2 · 2 aus Epheser 5,16

Gegenwärtig sein – hier sein

raum der Vertrautheit brauchen wir. Nicht zuletzt deshalb, weil das Alter seine ­eigenen Fragen mit sich bringt, denen wir uns stellen müssen.

1

wir uns befinden. Es geht um das Leben im Hier und Jetzt. Das kann im Alter schon mal herausfordernd sein. Vor allem dann, wenn wir geschätzte Orte nicht mehr aufsuchen und gute Zeiten nicht mehr zurückholen können. Auch die schnelllebige und neue Zeit kann uns manchmal überfordern. Und doch: Ist es nicht auch ­spannend, gerade in dieser Zeit zu leben? Und an dem Platz zu sein, wo wir uns ­gerade befinden?

7


aus 2. Mose 3,12 · 4 aus 2. Mose 3,14 · 5 aus Apostelgeschichte 17,27–28 · 6 So betete David (aus Psalm 16,11). 3

Wie auch immer der Tag sein mag, wir sollten uns hüten vor allem, was uns die Gegenwart rauben will. Dazu gehören die üblichen Verdächtigen, wie Neid, Sorgen und Unzufriedenheit, aber auch die Hetze und die Unentschlossenheit. Dagegen ist es die Liebe, die uns gegenwärtig leben lässt. Doch wie ist das möglich in einer Welt und Zeit, die so ist, wie sie ist?

Die Liebe lässt uns ­gegenwärtig leben. Doch wie ist das möglich in ­einer Welt und Zeit, die ­ so ist, wie sie ist? Gott als gegenwärtig erleben Was gibt uns den Mut, uns den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen? Ein Mann namens Mose war schon­ 80 Jahre alt, als er mit seiner Lebens­ aufgabe b ­etraut wurde. Er sollte ein versklavtes Volk in die Freiheit führen. Gott, der ihm diesen Auftrag gab, versicherte ihm: „Ich werde ja mit dir sein.“3 Darauf konnte Mose sich verlassen, denn Gott allein konnte von sich sagen: „Ich bin, der ich bin!“4 So ist Gott gegenwärtig: „Ich werde immer der sein, der ich bin.“ Galt das nur für Mose? Als der Apostel Paulus den philosophisch interessierten Menschen in Athen den ­lebendigen Gott nahebringen wollte, sagte er: „Keinem von uns ist er fern. Durch ihn leben wir doch, bewegen wir uns und haben wir unser Dasein.“5 So wie wir in jedem ­Moment von der Luft leben, die uns ­umgibt,

8

so sind wir auch von Gott abhängig. Doch Gott wünscht sich mehr. Er möchte, dass wir ihn suchen und finden. Wenn Sie seine Gegenwart suchen, ­werden Sie erfahren, dass er Sie sucht, um mit Ihnen eine persönliche Beziehung zu ­beginnen. Und zwar dort, wo Sie gerade sind – nicht irgendwo anders. Und zwar jetzt, in diesem Augenblick – nicht irgendwann. Denn nur dort, wo Sie gegenwärtig sind, sind Sie wirklich. Sie können jetzt mit ihm ins Gespräch kommen. Er ist ganz bei Ihnen, er ist ganz Ohr. Wie wäre es, wenn Sie ihm am Ende sagen könnten: „Große Freude finde ich in deiner Gegenwart und Glück an deiner Seite für immer“6? In dieser vertrauten Atmosphäre können Sie nicht nur ganz bei Gott sein, Sie können auch ganz bei sich selbst sein. Jetzt erst recht bewusst gegenwärtig leben.


Neu entdecken 9


Unser Wochenrhythmus Wir brauchen sowohl Arbeit als auch Ruhe Sieben Tage haben sich weltweit als Wochenrhythmus durchgesetzt. Um ihn als Rhythmus zu empfinden, braucht es einen Wechsel von Arbeit und Ruhe. Doch wie gestalten wir das? Nicht zuletzt, wenn nach dem Arbeits-Leben der Ruhe-Stand kommt?

10

Gesunder Wechsel Die Woche ist der Rhythmus, an den wir uns gewöhnt haben. Sowohl in der ­Schule als auch im Beruf, im Geschäft und im ­gesellschaftlichen Leben. Beruf und ­Freizeit, Arbeitstage und Wochenende­ sind uns daher seit Jahrzehnten ­vertraut. Um hier auf eine gute Balance zu achten, hat sich der Begriff „Work-Life-­Balance“ durchgesetzt. Was so vernünftig klingt, suggeriert jedoch die Vorstellung, als würde erst nach der Arbeit das Leben ­beginnen. Schade, kann und soll doch auch die Arbeit als Teil des Lebens – auch des Rentnerlebens – gesehen und als etwas Positives empfunden werden.


Fünf Impulse: Wie kann ich den Ruhetag gestalten? • Ich nehme mir Zeit, in gesunder Weise an mich zu denken, mit mir allein zu sein und mir Gutes zu tun. Dabei lasse ich bewusst beiseite, was mich an meine Arbeit erinnert. • Ich nutze den Freiraum und die Möglichkeit, einfach nur zu sein. Ich genieße bewusst die Natur und die Musik, gute Bücher und gepflegte Kultur. • Ich treffe mich mit Menschen, die mir guttun und denen ich guttun darf. Dabei achte ich darauf, dass Einfachheit und Gelassenheit, möglichst auch Freude und Heiterkeit, die Begegnung bestimmen. • Ich reflektiere mein gegenwärtiges Leben vor Gott. Wenn ich meine Ruhe nicht bei Gott finde, ist es umsonst, sie woanders zu suchen. Was mich bewegt, bespreche ich im Gebet mit ihm. • Ich nehme die Gelegenheit wahr, einen Gottesdienst zu besuchen, in dem ich Gott begegnen kann. Möglichst in der Gemeinde, die mir durch gute ­Erfahrungen vertraut ist.

Da ist zunächst die Arbeit. Gut verteilt lässt sich manches erledigen und bewältigen, was uns bei einer Tagesperspektive als zu groß und zu schwer erscheint. Wir können uns von ­Fragen

wie diesen leiten lassen: Was steht diese Woche an? Was habe ich schon vereinbart? Was kann ich mit meinen Kräften und Möglichkeiten tun? Welche Projekte kann ich voranbringen? ­Welche Beziehung will ich vertiefen? Wen kann ich begleiten und unterstützen? Wie kann ich die Welt ein bisschen besser und schöner ­machen? All das kann dazu beitragen, dass wir unsere Arbeit als sinnvoll erleben. Das gilt auch dann, wenn wir nicht wie im Beruf dafür bezahlt werden. Dazu sind wir als kreative Wesen geschaffen, und wir können unsere von Gott geschenkten Fähigkeiten einsetzen. Auf diese Weise kann sich unsere Persönlichkeit entfalten – doch dazu braucht es ebenso die Ruhe.

1

Der Wochenrhythmus ist schon sehr früh in der Menschheitsgeschichte zu finden. So können wir bereits auf den ersten Seiten der Bibel lesen, dass Gott am siebten Tag sein Schöpfungswerk vollendete: „An diesem Tag ruhte er aus von all seiner Arbeit, die er getan hatte.“1 Damit war ein Rhythmus gegeben, den Gott so auch für uns Menschen vorgesehen hat. Gehen wir davon aus, können wir uns an eine ausgewogene Wochenplanung machen.

aus 1. Mose 2,2

Erfüllende Arbeit

11


2

aus Markus 2,27 · 3 Tomas Sjödin, Warum Ruhe unsere Rettung ist

Gefüllte Ruhe Für uns bietet sich in der Regel der Sonntag als eine gute Möglichkeit an, wöchentlich zu dieser Ruhe zu finden. Er ist ein arbeitsfreier Tag für alle, die keine notwendige Arbeit verrichten müssen. In der Bibel wird uns berichtet, dass Gott dem Volk Israel vor Jahrtausenden erlaubte, einen solchen Tag in der Woche als „Sabbat“ zu feiern. „Sabbat“ bedeutet so viel wie „anhalten“ und „aufhören“. Bis heute brauchen wir solch regelmäßiges Aufhören. Auch dann, wenn Aufgaben noch nicht abgeschlossen sind und wieder neue vor uns ­liegen. Auch, um sich bewusst zu machen, dass sich die Erde auch ohne uns weiterdreht und nicht alles von uns abhängt. Wichtig ist, dass sich ein derartiger Ruhetag von den anderen Tagen unterscheidet. An­­­­­­­ ihm sollten wir – nach dem Gewöhnlichen im ­Alltag – dem Besonderen Raum geben. Das heißt, ­diesen Tag nicht wieder mit ­­­­Verpflichtungen und aufwendigen Freizeit-

aktivitäten vollzupacken. Ruhe bedeutet eben auch, es einfach auszuhalten und zu genießen, dass nichts ­passiert. Auch wenn es vielen schwerfällt: ­Gerade darin besteht ein Teil der Entlastung in der Woche. Jesus wies darauf hin, dass solch ein Tag „für den Menschen gemacht“ ist.2 Damit hat er den Sinn dieses Tages auf den Punkt gebracht. Wir sollen heil werden, wo wir in der Woche ­Schaden genommen haben. Wir sollen uns dem zuwenden, was zu kurz gekommen ist. Und wir sollen zum Frieden finden, mit uns selbst und mit Gott. So können wir innehalten und uns fragen: „Was tut mir gut? Was dient der Gemeinschaft mit meiner Familie und ­meinen Freunden? Und nicht zuletzt: Was vertieft meine Beziehung zu Gott, dem ich mich verdanke?“ So bedeutet Ruhe nicht etwa Leere, sondern sie ist vielmehr eine „gefüllte Ruhe“, in der ­reifen kann, was sonst nicht wachsen würde. Was für ein Segen doch solche Ruhe ist!

„Die Ruhe ist nicht der letzte Seufzer der Ermattung, sondern ein Offenwerden für neue Anfänge.“3 Tomas Sjödin

12


Zeit der Stille

Ein gelungener Start in den Tag Wie gut tut es, nicht in den Tag hineinzuhetzen. So ist es eine gute Gewohnheit, sich eine Zeit zur ­Ausrichtung auf den Tag zu nehmen. Viele Christen reservieren sich solch eine „Stille Zeit“ zur­ inneren Einkehr, um sie bewusst in der Gegenwart Gottes zu verbringen. Hier einige Tipps, die Ihnen helfen können, eigene Erfahrungen damit zu machen.

Gute Bedingungen schaffen

Es hat Vorteile, die „Stille Zeit“ am Morgen zu haben und sich so auf den Tag einzustimmen. Jesus liebte das auch.1 Wichtiger als die Tageszeit ist allerdings die Aufmerksamkeit in solcher Zeit.

• Achten Sie darauf, zuerst richtig anzukommen. Schließen Sie die Augen und atmen Sie ganz bewusst. • Erzählen Sie Gott, was gerade in Ihrem Herzen ist. Danken Sie ihm für diese ­besondere Zeit. • Lesen Sie einen kurzen Abschnitt in der Bibel mit der Offenheit, sich von Gott durch sein Wort ansprechen zu lassen. • Achten Sie darauf: Es geht weniger darum, mehr Wissen anzusammeln, ­sondern vielmehr darum, sich mehr von Gott prägen zu lassen. • Sprechen Sie mit Gott darüber, was Sie durch den Bibelabschnitt neu verstanden haben. Sie können ihm auch sagen, was Sie noch an offenen Fragen haben. • Halten Sie (evtl. schriftlich) fest, was Sie mit in den Tag nehmen und umsetzen möchten.

vgl. Markus 1,35

Weitere Hinweise

Gewinnbringend gestalten

1

• Finden Sie für sich die passende Zeit, in der Sie wach sind und ­konzentriert sein können. • Suchen oder schaffen Sie für sich einen angenehmen Ort, an dem Sie allein und ungestört sein können. • Legen Sie Ihre Bibel, einen Stift und Papier bereit.

Einen ersten Einstieg kann Ihnen Das Evangelium nach Markus mit Infos, Erklärungen und Fragen zum Nachdenken bieten. Sie können es hier kostenfrei bestellen: magazin-lebenplus.de/markus-ev 13


Wenn die Zeit stehen bleibt Ein Reisebericht

Viele bezeichnen Urlaub als die schönste Zeit des Jahres. Neben der Erholung in der Natur freuen wir uns auf die Auszeit vom Alltäglichen: einmal etwas Neues sehen und erleben. Reiseziele haben eine hohe Anziehungskraft, um uns in vergangene Zeiten zurückzuversetzen.

Ein Beispiel hierfür finden wir in Nordeuropa: Gotland, die größte Insel in der Ostsee. Außerhalb Schwedens, zu ­welchem das Eiland politisch gehört, ist Gotland ein wenig bekanntes Reiseziel. Sogar eingefleischte Nordlandfahrer lassen diese Region Skandinaviens meist „links liegen“.

Nicht selten sorgen politische Veränderungen, Naturereignisse oder schlechte Lebensbedingungen dafür, dass ganze Städte oder Regionen in ihrer Entwicklung ins Stocken geraten. Umstände, die sich touristisch später als Glücksfall herausstellen können.

Zu entdecken gibt es hier aber reichlich und die Inselhauptstadt Visby ist besonders für Mittelalterfans ein echter ­ Schatz. Der mittelalterliche Ortskern ist von einer praktisch komplett erhaltenen Ringmauer umgeben. Die Stadt hatte vermutlich weniger als 30.000 Einwohner. Dennoch besaß sie ganze 15 Kirchen, von denen heute allerdings nur noch der Dom aus dem Jahr 1125 intakt ist. Die anderen prägen als pittoreske Ruinen das Stadtbild und sind größtenteils frei zugänglich.

Auch wenn man solche Phänomene eher in abgelegeneren Weltregionen erwartet, gibt es auch in Europa Orte, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.

14


Die vom Großen Markt abzweigenden Altstadt­ gassen laden dazu ein, sich in ­frühere Jahrhunderte zurückversetzen zu lassen. Besonders entlang der Stadtmauer findet man kleine mit Rosen ­bewachsene Häuschen, welche betörenden Duft verströmen. Die Lage inmitten des Mare ­Balticum sorgt für ein mildes Klima, welches die Insel besonders an den ­ ­langen Sommertagen für Sonnen­hungrige ­attraktiv macht. Diese geografische Lage war ausschlaggebend für die frühere Bedeutung und den damit verbundenen Reichtum der Insel. Damit aber auch für jene Umstände, die Visby und ganz Gotland in einen über Jahrhunderte andauernden Dornröschenschlaf versetzten:

Man schreibt den 27. Juli 1361. Vor den Toren der Stadt Visby stehen sich zwei Armeen gegenüber. Waldemar Atterdag, König von Dänemark, wird vom sagenhaften ­Reichtum der Insel zu einem Feldzug gegen die Schweden verlockt. ­ Schon lange hatte er ein Auge auf das ­Eiland geworfen. Gemeinsam mit ­Lübeck war Visby die ­ bedeutendste ­ Hansestadt in Nordeuropa und damit Drehscheibe des Ostseehandels. Ihr Reichtum war so l­egendär, dass es ­ Gerüchte gab, die gotländischen Bauern f­ ­ ütterten ihre Schweine aus ­ goldenen ­ Trögen. Der ­desaströse Ausgang der Schlacht und die Plünderung der Reichtümer von Stadt und Land versetzten Gotland einen derart verheerenden Schlag, dass man im Wettstreit der Handelsstädte nicht mehr mithalten konnte. Seitdem sind in Visby die Uhren des Fortschritts stehen geblieben. Wie eine Zeitkapsel blieb so dieses mittelalterliche Stadtensemble erhalten. Die Not früherer Generationen begünstigt die heutigen Einwohner, die das vielfältige ­ Potenzial ihrer Stadt zu nutzen wissen. Verlust und Schmerz können also auf lange Sicht auch neue Möglichkeiten eröffnen, mit denen wir nicht gerechnet haben.

Oliver Bode reiselustiger Öffentlichkeits­ referent

15


Alles hat seine Zeit Die Bibel zum Mitdenken

Prediger 3,1–8

„Jedes Ereignis, alles auf der Welt hat seine Zeit: Geborenwerden und Sterben, Pflanzen und Ausreißen, Töten und Heilen, Niederreißen und Aufbauen, Weinen und Lachen, Klagen und Tanzen, Steinewerfen und Steinesammeln, Umarmen und Loslassen, Suchen und Finden, Aufbewahren und Wegwerfen, Zerreißen und Zusammennähen, Schweigen und Reden, Lieben und Hassen, Krieg und Frieden.“

it!“ „Alles auf der Welt hat seine Ze und agen Welche spontanen Gedanken, Fr aus? en Gefühle löst diese Aussage in Ihn

f Ihr Leben Wie leicht fällt es Ihnen, sie au idet sie he anzuwenden? Inwiefern untersc auf sich von Ihrer persönlichen Sicht das Leben?

Zeiten Denken Sie oft über vergangene Themen, oder die Zukunft nach? Welche tigen Sie in ­Erlebnisse und Gefühle beschäf s? solchen Momenten besonder

Zum Weiterdenken: Dieser Bibelabschnitt ermutigt, das Leben mit all seinen Phasen anzunehmen und wertzuschätzen. Statt zu resignieren, weil wir den Lauf der Dinge nicht ändern können, laden diese Verse dazu ein, unser Leben vertrauensvoll in Gottes Hände zu legen.

Gott ist nicht an die Zeit gebunden; er hat sie erschaffen. Wenn wir die Kontrolle an Gott abgeben, können wir Frieden und Gelassenheit finden. Auch wenn wir nicht immer verstehen, warum bestimmte Dinge geschehen, dürfen wir lernen, auch das an Gott abzugeben. Und was heißt das für den Ruhestand?

16


Hier können Sie in die faszinierenden Inhalte biblischer Texte eintauchen. Lassen Sie sich inspirieren und entdecken Sie, dass Gottes Wort auch heute noch relevant ist. Nehmen Sie sich die Zeit, über die Fragen im Text nachzudenken und Ihre eigenen Gedanken dazu zu entwickeln.

Prediger 3,9–14

„Was also hat der Mensch davon, dass er sich abmüht? Ich habe erkannt, was für eine schwere Last das ist, die Gott den Menschen auferlegt hat. Für alles auf der Welt hat Gott schon vorher die rechte Zeit bestimmt. In das Herz des Menschen hat er den Wunsch gelegt, nach dem zu fragen, was ewig ist. Aber der Mensch kann Gottes Werke nie voll und ganz begreifen. So kam ich zu dem Schluss, dass es für den Menschen nichts Besseres gibt, als fröhlich zu sein und das Leben zu genießen. Wenn er zu essen und zu trinken hat und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann, ist das Gottes Geschenk. Ich begriff, dass Gottes Werk für immer bestehen wird. Niemand kann etwas hinzufügen oder wegnehmen. So hat Gott es eingerichtet, damit die Menschen Ehrfurcht vor ihm haben.“

Arbeiten hatte seine Zeit. Daher können wir uns über all das freuen, was an Frucht aus unserer Arbeit erwachsen ist. Wir dürfen aber auch die neue, freie Zeit genießen, die der Ruhestand mit sich bringt. Dazu gehört zum Beispiel ein gutes Essen, Gemeinschaft mit Freunden, ein neues Hobby oder auch ein Ehrenamt. Gott lädt uns ein, das Gute in unserem Leben zu erkennen und dankbar aus seiner Hand zu nehmen.

nschen, Würden Sie sich manchmal wü ? en mehr im Hier und Jetzt zu leb ? Was würde sich dadurch ändern

r

Wie kann Ihnen der Inhalt diese sechs Verse dabei helfen?

s fühlen Sie, Gott ist Herr über die Zeit. Wa nken? de wenn Sie über diesen Satz nach

e Inwiefern könnte dieser Gedank Ihr tägliches Leben bereichern?

Welche Hoffnung oder Freiheit könnte daraus resultieren?

17


Die Uhr im Wandel der Zeit Erinnern Sie sich noch daran, wie es war, zum ersten Mal eine digitale Uhr in den Händen zu halten? Seit den 80er-Jahren macht das vertraute Ticken von mechanischen Zeigern allmählich leuchtenden Ziffern Platz – eine von vielen Entwicklungen, die heutige Uhren prägen. Begleiten Sie uns auf eine Reise durch die Zeit, von antiken Sonnenuhren bis zu modernen Präzisionsuhren.

Die mechanische Uhr

Die Sonnenuhr Die ersten Uhren waren einfache Vorrichtungen aus Holz oder Stein, deren Schatten die Tageszeit grob anzeigen konnten. Dabei teilten bereits die alten Ägypter den Tag in zwölf Einheiten ein. Was aber, wenn die Sonne nicht schien? Jahreszeit, Breitengrad, Witterung – all das beeinflusste die Verlässlichkeit dieser Uhren.

ca. 3.000 v. Chr.

Um Arbeits- und Gebetszeiten möglichst genau einhalten zu können, wurden Uhren vor allem in Klöstern weiterentwickelt. Zum einen wurden nun Sand- und Kerzenuhren verwendet, die im Vergleich zu komplexen Wasseruhren einfacher zu bedienen

Die Wasseruhr Hier diente der Wasserstand in Gefäßen, in die kontinuierlich Wasser lief, der zeitlichen Orientierung. Verschieden große Gefäße konnten dabei unterschiedliche Zeitintervalle anzeigen. Temperatur, Wasserdruck, Verdunstung und Schmutz beeinflussten jedoch das Ergebnis. Wasseruhren wurden im Laufe vieler Jahrhunderte ständig weiterentwickelt. Ca. 500 n. Chr. ermöglichte es die Entwicklung des Flaschenzugs und des Zahnrads beispielsweise, Zeitintervalle auf Ziffernblätter zu übertragen. Die Zugabe von Quecksilber ins Wasser glich zudem Temperaturschwankungen aus.

ab ca. 2.000 v. Chr. 18


Die Quarzuhr In Quarzuhren geben kleinste Kristalle absolut präzise den Takt an. Ungefähr zeitgleich zur Entstehung von Quarzuhren kam die erste digitale Uhr auf den Markt. Digital ist daran allerdings lediglich die Zeitanzeige. Die Zeitmessung erfolgt bis heute oftmals mithilfe von Quarzkristallen.

waren. Zum anderen wurden fortan Gewichte, gespannte Federn und Pendel als Antrieb eingesetzt. Die Anzeige von Minuten und ­Sekunden wurde allerdings erst im 15. Jahrhundert üblich. Ab dem 17. Jahrhundert galten mechanische Taschenuhren als Statussymbol. Elektrisch betriebene Uhren wurden ab 1840 in London entwickelt.

1969

ab ca. 1.000 n. Chr.

1991

Die Atomuhr Die erste Atomuhr wurde in den 1940erJahren entwickelt, aber erst seit etwa 30 Jahren ist sie in jedem deutschen Haushalt täglich im Einsatz. Dafür muss man nicht einmal selbst eine besitzen. Denn aufgrund ihrer Präzision gilt die Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig seit 1991 als nationale Zeitreferenz. Satelliten, Navigationssysteme und sogar heimische Funkuhren richten sich nach ihr. Atomuhren messen elektromagnetische Wellen, die unter bestimmen Bedingungen von Atomen absorbiert oder abgestoßen werden. 19


Mehr von LebenPlus im Internet Entdecken Sie unser umfassendes Angebot auf magazin-lebenplus.de.

In unserer Onlineversion des Magazins können Sie ganz einfach praktische Funktionen nutzen und das Lesen noch angenehmer gestalten. Klicken Sie im Menü auf Magazin und dann auf MAGAZIN LESEN . Schon können Sie die Schrift im Magazin mithilfe der Leseansicht

vergrößern

oder sich den Text über das Symbol vorlesen lassen – alles mit nur einem Klick! In unserem Blog finden Sie zudem viele weitere lesenswerte Artikel rund um den ­Prozess des Älterwerdens und zu der Frage, welchen Unterschied es macht, dabei um ­Gottes Hilfe zu wissen. Im Menüpunkt Über uns stellen wir uns

Wenn Sie Fragen haben, einen Gedanken zu

als Herausgeberteam vor. Erfahren Sie, wer

unseren Inhalten loswerden möchten oder

zum Team gehört und was uns antreibt und

persönlich mit uns ins Gespräch kommen

begeistert.

wollen, stehen wir Ihnen gern persönlich zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns einfach über das Menü unter Kontakt .

Wir freuen uns auf Ihre Nachricht und darüber, Sie auf magazin-lebenplus.de begrüßen zu dürfen!

20


Frei gestalten 21


Papa frühstückt um halb drei Wie Demenz das Zeitgefühl verändert

Eine große Schwierigkeit beim Krankheitsbild Demenz besteht darin, dass die Fähigkeit nachlässt, sich zeitlich zu orientieren. Das kann für den Betroffenen schmerzhaft und beschämend sein. Aber auch Angehörige, die versuchen, den Alltag zu organisieren, sind oft verwirrt, gestresst und überfordert. Wie können Angehörige gut auf das eingeschränkte Zeitgefühl bei Demenz reagieren?

Unser Verständnis von Zeit ist eine beachtliche Leistung unseres Gehirns. ­ Wir ordnen blitzschnell und unbewusst eine Vielzahl von Faktoren zeitlich ein, sortieren sie nach Dringlichkeit und ­ leiten sinnvolle Handlungen daraus ab. ­ ­Morgens steht man auf und frühstückt. Im ­Sommer geht man gern nach draußen. An ­vergangene Ereignisse erinnert man sich, aber nicht alle beeinflussen den Alltag im Hier und Jetzt.

22

Bei Demenz geht diese Selbstverständlich­ keit verloren. Die Struktur der Zeit wird unklar und man kann sich nicht mehr ­ auf das eigene Zeitgefühl verlassen. Erst verliert man den Überblick über die ­ Wochentage. Später ist auch die Tageszeit nicht mehr zuverlässig erkennbar. Der TagNacht-Rhythmus geht verloren: Betroffene stehen nachts auf, ziehen sich an und beginnen mit Aktivitäten, die normaler­ weise dem Tag vorbehalten sind.


Bei den meisten Formen von Demenz sind vor allem Verluste im Bereich des Kurzzeitgedächtnisses typisch, während das Langzeitgedächtnis erst später nachlässt. Damit geht in der Regel auch die Fähigkeit verloren, vorhandene Erinnerungen zeitlich einzuordnen. Betroffene können somit meist lebhaft von früher berichten, so als ob es eben erst passiert wäre. ­Aktuelles aber können sie sich nicht mehr merken. Dadurch kann sowohl bei Erkrankten als auch bei Angehörigen schnell der ­Eindruck entstehen, dass der jeweils andere stur und rechthaberisch sei.

Finden Sie die Balance zwischen Struktur und Flexibilität

Wenn Sie selbst einen demenzkranken ­Angehörigen betreuen, wissen Sie sicherlich, dass die veränderte Wahrnehmung von Zeit für die Familie besonders be­ ­ lastend sein kann. Es erfordert viel ­Geduld, immer wieder dieselben Fragen zu beantworten und die Äußerungen des Betroffenen in einen verständlichen zeitlichen Zusammenhang zu bringen. Man ist versucht, an Fähigkeiten zu appellieren, die nicht mehr vorhanden sind. In späteren Erkrankungsphasen zehren besonders der Schlafmangel und ständige Unruhe an den Kräften aller Beteiligten. Und über all dem schwebt die ständige Sorge, der Erkrankte könnte sich oder anderen ­ versehentlich Schaden zufügen.

Versuchen Sie, im Alltag das ­Schlimmste zu vermeiden, reagieren Sie aber nicht auf jede Unangemessenheit. Warum kann Mutter nicht einmal eine halbe Nacht angezogen in ihrem Schlafzimmer auf den Bus warten? Nach Möglichkeit sollte sie es aber nicht bei Minusgraden im Garten tun.

Anfangs können die gewohnte Umgebung, bekannte Routinen und ein strukturierter Tagesablauf dem Betroffenen helfen, sich zu orientieren. Wenn bisherige Abläufe für alle Beteiligten aber eher belastend sind, sollten diese flexibel angepasst ­werden. Anstatt starr daran festzuhalten, ist es b ­ esser, auf die aktuellen B ­ edürfnisse zu ­ reagieren – zum Beispiel mit einer Zwischenmahlzeit, wenn der Betroffene frühzeitig abendessen möchte.

Bedenken Sie auch, dass bereits verloren gegangene Fähigkeiten nicht wiedererlangt werden können. Häufiges Abfragen von Wochentagen und andere offensichtliche „Übungen“ sind daher eher beschämend als hilfreich.

23


Sorgen Sie für sich selbst Einen Demenzpatienten zu Hause zu pflegen ist eine fordernde Aufgabe. Gerade der veränderte Tag-Nacht-Rhythmus bringt viele Angehörige an ihre Grenzen. Das darf man sich auch ehrlich eingestehen. Achten Sie daher auf Ihre eigene ­Gesundheit und Ihr Wohlbefinden. ­Planen Sie frühzeitig und überlegen Sie, wie Sie die Pflege langfristig ­organisieren können, ohne sich selbst zu über­ fordern. Suchen Sie Unterstützung bei ­professionellen Fachkräften, Seelsorgern, anderen A ­ngehörigen und Selbsthilfegruppen. Möglichkeiten der Tagespflege und die ­sogenannte ­Verhinderungspflege können Ihnen Auszeiten verschaffen, um neue Energie zu tanken.

Definieren Sie für sich die Bedeutung von Zeit neu Zeit wird auch von gesunden ­Menschen nicht nur linear gemessen, ­ sondern durchaus subjektiv empfunden. Legen Sie daher den Fokus bewusst auf ­gemeinsame Qualitäts­zeit. Dafür braucht es manchmal kleine ­ organisatorische Veränderungen, die dann aber viel ­ ­bewirken können. L ­ assen Sie zum ­Beispiel „Essen auf Rädern“ bringen, um Zeit für einen gemeinsamen Spaziergang zu gewinnen. Oder ­ ­ schwelgen Sie bewusst in ­ gemeinsamen ­ Erinnerungen, indem Sie sich Fotoalben von früher anschauen. Gerade weil demenzkranke Menschen ­ Zeit nicht mehr linear messen können, wissen sie geschenkte Zeit und ungeteilte ­Aufmerksamkeit oft besonders zu schätzen.

Betrachten Sie schwere Gedanken als Chance Demenz bedeutet für Angehörige auch, hautnah mitzuerleben, wie die k ­ ognitiven Fähigkeiten eines geliebten Menschen teilweise innerhalb kürzester Zeit nach­ lassen. Das ist nicht leicht und oft mit einem regelrechten Gefühlskarussell aus Trauer, Angst, Hilfslosigkeit, Wut und Scham verbunden. Diese Erfahrung kann ganz grundsätzliche Fragen auslösen, bis hin zu Gedanken über das eigene Leben und Sterben. ­Lassen Sie diese Gedanken zu und setzen Sie sich ­ ehrlich mit ihnen auseinander. Wenn Sie Gott in diese Überlegungen mit ­einbeziehen möchten, tun Sie dies nicht nur theoretisch. Denken Sie nicht nur über ihn nach, sondern sprechen Sie mit ihm. Stellen Sie ihm Ihre Fragen. Dafür braucht es keine besonderen Worte oder ­Techniken. Sprechen Sie in Ihren eigenen Worten aus, was Sie bewegt. Er hört Ihnen gern zu und er möchte Ihnen Trost und Hoffnung bieten, so wie es in der Bibel in Matthäus 11,28 geschrieben steht: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch erquicken!“

Mehr zum Thema Demenz finden Sie hier: bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-demenz 24


Wie war der Tag?

Das Heute vor Gott reflektieren

Wofür bin ich dankbar?

„Ich will dir täglich aufs Neue d ­ anken, will dich loben zu aller Zeit.“1 Im ­Danken nehmen wir wahr, was gut ist und uns geschenkt wurde. Was uns möglich war zu tun, oder auch nur, dass wir diesen Tag wieder ­„geschafft“ haben. Das stärkt uns in der Zuversicht für den nächsten Tag.

Was will ich klären?

„Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. ... vergebt einer dem ­andern.“2 Es muss nicht gleich Zorn sein, es kann auch ein verletzendes

Wort oder eine ablehnende Haltung sein. Wie befreiend ist es, dies zu klären – mit sich selbst, vielleicht ­ mit anderen, vor allem aber mit Gott. Wie gut, dass wir vor Gott unser ­Versagen offen bekennen und ihn um Vergebung bitten können. Er sagt sie uns zu.3

Was lerne ich gerade?

Jesus sagt: „Lernt von mir ... so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“4 Jeder Tag bietet Gelegenheiten, etwas zu lernen. Sei es, etwas Ungewohntes zu wagen oder eine neue Haltung ­einzunehmen. Das ist spannend und entspannend zugleich. So legen wir den vergangenen Tag bewusst in Gottes Hände. Und dann: Gute Nacht! Der nächste Tag kann kommen.

1

Was heute wieder im Kommen ist, ist gar nicht so neu. Schon in der Bibel finden wir Hinweise darauf, dass ein Tagesrückblick mit Gott uns helfen kann, den Tag gut abzuschließen. Drei Fragen können uns dabei helfen.

Psalm 145,2 · 2 aus Epheser 4,26.32 · 3 vgl. 1. Johannes 1,9 · 4 aus Matthäus 11,29

Ein Tagesrückblick ist mehr als eine Tagesschau, bei der Ereignisse festgehalten werden. Es geht darum, darüber nachzudenken, wie wir mit dem Erlebten umgehen wollen.

„Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern, aber du kannst dort beginnen, wo du bist, und das Ende ändern.“ C. S. Lewis

Einen ausführlichen Artikel zu diesem Thema finden Sie unter: magazin-lebenplus.de/tagesrückblick

25


10.000 Briefe Aus Liebe zu Israel

Hanna Margarete Kowalke-Matthée schrieb als Deutsche unzählige Briefe voller Liebe und Hingabe an jüdische Menschen in Israel. In diesem Interview erzählt sie, wie es dazu kam.

Frau Matthée, Sie wurden 1946 geboren. In welchen Verhältnissen sind Sie aufgewachsen?

Ich wuchs in Waisenhäusern und Pflegefamilien auf, da meine Mutter nach dem Krieg allein nicht in der Lage war, für mich zu sorgen. Für mich bedeutete das, dass ich nirgendwo so richtig zu Hause war. In einer meiner Pflegefamilien war der Vater früher in der SS. Es wurden abfällige Witze über Juden gemacht, und die Mutter unterstützte sogar die schreckliche Idee der Endlösung. Für mich war das sehr belastend und ich schämte mich für das, was Deutsche dem jüdischen Volk angetan haben. Ich dachte, dass es Gott nicht geben kann, wenn er zulässt, dass dieses Volk so leiden musste. Hatte er es nicht zu seinem Volk erklärt?

Sie haben ein autobiografisches Buch geschrieben. Darin erzählen Sie, dass ein Kinobesuch zu einem Schlüsselerlebnis für Sie wurde. Was hat es damit auf sich?

Von Barrieren zu Brücken Hanna Margarete Kowalke-Matthée Verlag: edition 47 26

1960 kam der Film Exodus in die Kinos. Er erzählt die Geschichte jüdischer Flüchtlinge, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus Europa nach Palästina auswanderten, um dort ein eigenes Land zu gründen. Der Film zeigt ihre mutige Reise, ihren Kampf gegen Widerstände und die wundersame Gründung des Staates Israel.


Wenn meine Mutter mich früher besuchte, las sie mir oft aus der Bibel vor. Im Kino erinnerte ich mich an eine Stelle, in der angekündigt wurde, dass das Volk Israel von überall her in sein Land zurückkehren wird. Jetzt verstand ich, dass Gott dieses Versprechen an sein Volk wahr gemacht hatte. Vielleicht gab es ihn also doch?

Zum anderen wollte ich den Juden in ­Israel von Jesus Christus erzählen. Sie warten bis heute auf ihren Messias. Durch das Lesen der Bibel habe ich verstanden, dass Jesus derjenige ist, auf den sie warten. Es hat mich tief bewegt, dass viele Juden das nicht wissen.

Ich hatte viele Fragen und Zweifel und wollte mehr über Gott wissen.

Im Alten Testament der Bibel gibt es viele Vorhersagen, die später durch Jesus ­Christus in Erfüllung gegangen sind. ­Vieles von dem, was zum Beispiel in Psalm 22 beschrieben wird, hat sich während der ­Kreuzigung Jesu genauso zugetragen. So etwa der Schrei in Vers 2: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ In Vers 28 steht außerdem, dass auch andere ­Völker zu Gott umkehren werden. Heutzutage glauben Menschen auf der ganzen Welt daran, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.

Zum einen empfand ich eine tiefe Verbindung zu diesem Land, verstand aber nicht, warum. Vor meiner Abfahrt bat ich Gott, mir diese Frage zu beantworten. In Israel besuchte ich ein Altenheim und sang Lieder, die ich selbst geschrieben hatte. Eine Frau erzählte mir dann, dass ich selbst jüdische Vorfahren hatte, die in ihrer Gegend dafür bekannt waren, in den Synagogen Musik zu machen. Das hat mich tief berührt.

Der Prophet Jesaja beschreibt sogar, dass das Volk Israel seinen Messias zunächst nicht erkennen wird. Doch gerade der Tod Jesu ist für sie bedeutungsvoll: „Fürwahr, er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen; wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott ­geschlagen und niedergebeugt. Doch er wurde um ­ unserer Übertretungen willen durchbohrt, wegen unserer Missetaten zerschlagen; die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden.“1

Jesaja 53,4–5

In den darauffolgenden Jahren wurde Ihre Begeisterung für Israel immer größer. Sie haben sogar Hebräisch gelernt und sind 1979 zum ersten Mal nach Israel gereist. Wie kam es dazu?

Heutzutage glauben Menschen auf der ganzen Welt daran, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.

1

Ich hatte noch viele Fragen und Zweifel und wollte mehr über Gott wissen. Meine Mitbewohnerin war gläubig. Sie gab mir ein Neues Testament und nahm mich zu christlichen Veranstaltungen mit. Ich lernte verstehen, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, Mensch geworden ist, um die Juden und alle Menschen mit Gott zu ­versöhnen.

Woran machen Sie diese Erkenntnis fest?

27


In den letzten 35 Jahren haben Sie ca. 10.000 Briefe an Menschen in Israel geschrieben. Wie haben sie reagiert?

Manche fanden es unverschämt, dass ausgerechnet ich als Deutsche diesen Brief schreibe. Andere haben sich nach ­einiger Zeit bedankt, weil sie inneren Frieden ­gefunden haben. Mit ungefähr 1.000 Menschen hatte ich regelmäßig Kontakt. Eine Empfängerin rief mich eines Tages verzweifelt an, weil ihr Mann in den Libanonkrieg ­geschickt wurde. Er sollte mit einem Wagen an die Front fahren, der keinerlei Schutz bot. Wir beteten dafür. Der Wagen wurde tatsächlich bombardiert, ihr Mann aber ­ überlebte unverletzt.

Wenn Sie den Lesern dieses ­Magazins einen Brief schreiben würden, was würde darin stehen?

Ich möchte ermutigen, nach Gott zu suchen, denn viele andere haben ihn ­ ­bereits gefunden und es nicht bereut. Auch wenn man den Lebensmut verliert, kann man sich an Gott wenden. Er ist immer da, um uns zu hören und zu trösten. Ich bin davon überzeugt, dass Gott sich zu erkennen gibt, wenn wir ehrlich nach ihm suchen. Bei mir war es die Liebe zum Volk Israel, durch die ich Gott kennenlernen durfte. Bei jemand anders kann es etwas ganz anderes sein. Aber genau darin liegt das Wunderbare: Gott zeigt sich jedem von uns so, dass wir ihn verstehen können. Auf der Suche nach Gott sind Zweifel und Fragen ganz normal. Aber ich rate jedem, nicht aufzugeben, geduldig zu bleiben und auszuprobieren, im Gebet mit Gott zu ­sprechen. Es ist eine Reise, auf der man mit tiefer Freude und Erfüllung beschenkt wird.

28

Hanna Margarete Kowalke-Matthée


Brotbacken mit langer Teigführung Die Sauerteigalternative für Anfänger Brotbacken ist gerade für Anfänger und Gelegenheitsbäcker herausfordernd. ­Begriffe wie Vorteig und Brühstück wirken kompliziert und das Backen mit Sauerteig erfordert Übung, damit der Sauerteig nicht an Triebkraft verliert oder schlecht wird. Das Backen mit Hefe ist daher eine b ­ eliebte Alternative. Angesetzt wie ein normaler Hefeteig fehlt dem Brot dann allerdings das typisch säuerliche Aroma und es t­rocknet schneller aus.

Die sogenannte „lange Teigführung“ ist ein guter Kompromiss. Dabei wird dem Teig nur wenig Hefe zugegeben. Jedoch lässt man ihn an einem kühlen Ort über ­mehrere Stunden hinweg langsam reifen. Auch ohne verwendeten Sauerteig wird das Brot bekömmlich, aromatisch und bleibt tagelang frisch.

Hafer-Dinkelbrot

Geheimtipp:

Zubereitung: Haferflocken über Nacht in 200 ml Wasser einweichen. Aus Mehl, Salz, eingeweichten Haferflocken und Hefe einen Teig kneten. Dabei nach und nach ca. 300 ml Wasser zugeben. Der Teig sollte klebrig und feucht sein, aber nicht wässrig. Den Teig 10 bis 15 Minuten abgedeckt ruhen ­lassen, dann für 24 bis 36 Stunden in den Kühlschrank ­stellen. Je länger, desto intensiver der Geschmack. Den Teig in einer gefetteten Kastenform für 30 Minuten ruhen lassen, dann bei 220 °C Ober- ­und Unterhitze für ca. 50 Minuten backen. Vor dem ­Anschneiden vollständig auskühlen lassen.

Zutaten: 150 g Haferflocken 250 g helles Dinkelmehl, Type 630 oder 1050 250 g Dinkelvollkornmehl 5 g Trockenhefe 2 TL Salz ca. 500 ml warmes Wasser

Mit einem Gärkorb und einem gusseisernen Topf entsteht eine Kruste wie vom Bäcker. Dazu den gereiften Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu einem runden Laib formen und für 45 Minuten im bemehlten Gärkorb ruhen lassen. Den Teig in den im Ofen ­vorgeheizten Topf stülpen. Für 30 Minuten zunächst mit Deckel und am Ende 15 Minuten ohne Deckel backen. 29


Verrückte Vergangenheit

Das amüsante Rätsel zu historischen Skurrilitäten Interesse an einer amüsanten Reise in die Vergangenheit? Dieses R ­ ätsel dreht sich um skurrile historische Ereignisse, die selbst erfahrene Geschichtskenner zum Schmunzeln bringen. Ordnen Sie die Berichte über findige Politiker, kuriose Erfindungen und eigenartige Gesetze in die r­ ichtige Reihenfolge. Tragen Sie dazu den jeweiligen Buchstaben des ­Ereignisses an der richtigen Stelle ein. Können Sie alle Skurrilitäten korrekt zuordnen?

Der Physiker Albert Einstein lehnt das Angebot ab, Staatspräsident von Israel zu werden.

Fünf von neun Teilnehmern eines Schweizer Radrennens geben auf, nachdem ihnen in der Pause ein mehrgängiges Menü serviert wurde.

A

N Der Franzose Parmentier lässt Kartoffelfelder tagsüber ­demonstrativ bewachen, um der hungernden ­Bevölkerung die Kartoffel schmackhaft zu machen.

Bei den Olympischen Spielen fällt auf, dass Liechtenstein und Haiti die gleiche Fahne haben.

D

S Sackhüpfen ist ­offizielle olympische Disziplin.

M

Der Elefant Tuffi fällt aus der Wuppertaler Schwebebahn und überlebt nahezu unverletzt.

H

1800

ca. 1787 30

1900

1825

1879

1896

1904


Die Lösung finden Sie hier: magazin-lebenplus.de/gegenwart-seniorenmagazin/lösung

Eine EU-Richtline zwingt Mecklenburg-Vorpommern dazu, ein Landesseilbahngesetz zu erlassen, ohne auch nur eine einzige Seilbahn zu haben.

Z

England stellt das Seeungeheuer „Loch Ness“ unter Naturschutz für den Fall, dass es ­tatsächlich existiert.

L König Ludwig I. von ­Baiern beschließt, dass sein Land ­zukünftig mit Y ­geschrieben wird, weil er mit der ­griechischen ­Sprache s­ ympathisiert.

E

Bei Geburten im ­britischen Königshaus muss der Innenminister anwesend sein.

Deutschen Lehrerinnen ist es gesetzlich verboten zu heiraten.

C

U Der Italiener Riva-Rocci bastelt aus einem Fahrradschlauch das erste ­moderne Blutdruckmessgerät. Auf ihn geht die Abkürzung „RR“ ­ für Blutdruck zurück.

K

Der siebzehnjährige Robert G. Heft ­konzipiert die aktuelle amerikanische ­Flagge im Rahmen eines Schulprojektes.

T

2000

1915

1934 1936

bis 1948 bis 1951 1950 1960

2004 31


Meine Zeit steht in deinen Händen Was Peter Strauch zu seinem Lied inspirierte

Meine Zeit steht in deinen Händen. Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden. Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir. 1. Sorgen quälen und werden mir zu groß. Mutlos frag ich: Was wird morgen sein? Doch du liebst mich, du lässt mich nicht los. Vater, du wirst bei mir sein. 2. Hast und Eile, Zeitnot und Betrieb nehmen mich gefangen, jagen mich. Herr, ich rufe: Komm und mach mich frei! Führe du mich Schritt für Schritt. 3. Es gibt Tage, die scheinen ohne Sinn. Hilflos seh ich, wie die Zeit verrinnt. Stunden, Tage, Jahre gehen hin, und ich frag, wo sie geblieben sind. Meine Zeit steht in deinen Händen. Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden. Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir. Text & Melodie: Peter Strauch © 1981 SCM Hänssler, Holzgerlingen

32


Wie dieses Lied entstand

Es war am 31. Dezember 1980. Wie ­üblich traf sich unsere Gemeinde zu einem Jahresschlussgottesdienst. Ich hatte ein ­schweres Jahr mit großen Herausforderungen vor mir und dachte voller ­Sorgen daran. Nun gehört es zur Tradition dieses Gottesdienstes, dass gegen Ende kleine Körbe mit Bibelsprüchen durch die Reihen gehen. Jeder darf sich eine Karte n ­ ehmen. Auf meiner Karte stand ein Vers aus Psalm 31: „Meine Zeit steht in deinen Händen.“ Der König David von Israel (ca. 1.000 v. Chr.) hat dieses Lied geschrieben. Es ist ein Gebet. Und es war genau der richtige Vers für mich! Was immer dieses neue Jahr bringen würde: Die Zeit, die jetzt vor mir liegt, steht in Gottes Hand. Und ich wusste: ­Dieser Gott liebt mich und meint es unendlich gut mit mir. Dass er darüber hinaus auch mich selbst in seine Hände nehmen würde, das wünschte ich mir und sagte es ihm auch. Das alles gab mir eine ­erstaunliche ­Gelassenheit. In den Tagen danach wurde ein neues Lied daraus, und wiederum ­einige Tage später sang ich es mit jungen Leuten in einem Ferienbibelkurs.

Das alles liegt inzwischen Jahrzehnte zurück, aber immer noch wird dieses ­ Lied gesungen. Mittlerweile steht es in über 50 evangelischen und katholischen Liederbüchern. Viele Lieder habe ich seitdem geschrieben, aber keines ist so weit ­verbreitet wie dieses. Weshalb das so ist? Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil es so guttut, keinem blinden Schicksal ausgeliefert zu sein, sondern in den Händen Gottes zu sein, von dem die Bibel sagt, dass er uns Menschen unfassbar liebt. Inzwischen bin ich 80 Jahre alt und bete immer noch – nicht nur am Jahresende: „Danke, ­lieber Gott, dass du mich und meine Zeit in deinen Händen hältst.“

Peter Strauch 1991–2008 Präses des Bundes Freier evangelischer ­Gemeinden 2000–2006 Erster Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz

Ein Hörbeispiel finden Sie hier: magazin-lebenplus.de/peter-strauch

33


Morgendämmerung 3:45 Uhr an einem frühen Junimorgen. Ich schäle mich aus dem Bett. Mache mich bereit, nehme meinen Rucksack zur Hand und gehe aus dem Haus. Der Hügel gegenüber ist mein Ziel. Ich steige hinauf. Im Osten zeigt der Himmel eine zarte Rötung. Es ist gerade hell genug, den Weg unter den Füßen zu sehen. Die Vögel zwitschern schon. Sie waren noch früher wach als ich. Oben angekommen, setze ich mich auf das Gras. Und ­genieße die Stille. Die Einsamkeit. Die Zeit. Es ist gerade erst halb fünf. Die Stadt schläft noch. Ich bin frei von allen Erwartungen – muss nicht ­produktiv sein, nichts tun oder bewirken. Ich kann einfach sein. ­Genießen. Bewundern. Die ganze Schönheit aufnehmen, meines Schöpfers Werk. Ich wende den Kopf und sehe den Halbmond. Er reflektiert das Sonnenlicht, das meinen Augen noch verborgen ist. Es ist faszinierend, sich hier umzusehen. Vor drei Jahren tobte ein Waldbrand über den ganzen Hügel. Nur Schutt und Asche und verkohlte Baumstümpfe blieben zurück. Jetzt ­bedecken blühende Sträucher und Blumen jeden ­Zentimeter; ein Farbenmeer aus Grün, Gold und Lila. ­Insekten schwirren umher. Zwischen zwei Büschen ­ hat ­eine Spinne ihr kunstvolles Netz gestaltet. Der Himmel wird immer heller. Ausgehend von einem einzelnen Fleck am Horizont, der sich von Rot zu Orange zu Gelb wandelt. Jetzt geht die Sonne auf. Der Tag beginnt.

34

Miriam Vedder


Weiter sehen 35


Ewigkeit

Mehr als das Maximum an Zeit

In den letzten 130 Jahren ist die durchschnittliche Lebenserwartung im deutschsprachigen Raum um rund 20 Jahre gestiegen. Dieser Trend spielt einem alten Menschheitstraum in die Hände: dem Wunsch nach Unsterblichkeit. Doch ist es überhaupt erstrebenswert, ewig zu leben?

36


Die Vorstellung, unsterblich zu sein, fasziniert und inspiriert Künstler und ­ Wissenschaftler seit jeher gleichermaßen. In zahlreichen Büchern, Erzählungen und Filmen wurde dieser Gedanke bereits aufgegriffen. Kluge Köpfe aller Disziplinen haben sich darüber Gedanken gemacht. Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Mensch ewig leben kann? Aber nicht nur die Frage der Machbarkeit ist relevant. Angenommen, ewiges Leben wäre tatsächlich möglich: Würden wir es überhaupt wollen?

Ein längeres Leben ist nicht unbedingt ein glücklicheres Der französische Arzt Alexis Carrel hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch seine Forschung zum Thema Organ­ transplantation wesentlich dazu ­beigetragen, dass Menschen heute länger leben als früher. Trotzdem gelangte ausgerechnet er zu dem Schluss:

„Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu ­geben, sondern den Jahren mehr Leben.“ Als Arzt hat Carrel wohl oft genug erlebt, dass medizinische Maßnahmen manchmal keine Lebensqualität mehr bringen, son­ ­ dern in erster Linie nur Leid verlängern. Ist es also überhaupt wünschenswert, die Lebenserwartung immer weiter steigern zu wollen?

Der Tod ist nicht zwangsläufig die Lösung Es braucht also noch eine weitere Zutat, damit ewiges Leben wünschenswert wird: die Befreiung von Angst, Schuld, Versagen, Bitterkeit, Krankheit, Einsamkeit und letztlich allem, was uns Menschen schwer zu schaffen macht. Mit anderen Worten: Erlösung.

Es braucht noch eine weitere Zutat, damit ewiges Leben ­wünschenswert wird.

Zugegeben, dieser Begriff klingt etwas fromm. Allerdings wird er nicht nur in christlichen Kreisen verwendet. So kommen Trauernde am Grab eines ­ geliebten Menschen manchmal zu dem ­ Schluss, dass der Tod eine Erlösung für den Verstorbenen gewesen sei. Wenn das Leben ohnehin nur noch von Leid geprägt ist und keine Aussicht auf Besserung besteht, scheint der Tod manchmal die bessere Alternative zu sein. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, so sagt man. Doch kann der Tod wirklich die Lösung sein, wenn uns eigentlich der Wunsch nach einem möglichst langen und erfüllten Leben antreibt?

37


aus Johannes 10,10 · 2 aus Johannes 5,24 · 3 vgl. Offenbarung 21,4 · 4 vgl. Hebräer 4,15 · 5 vgl. Römer 12,12 · 6 vgl. Philipper 1,21–24 · 7 vgl. Römer 8,18 1

38

Das Sterben eines Einzelnen ist der Schlüssel

der Übergang in eine neue Welt, die jede ­Vorstellung von Erlösung übertrifft.

Echte Erlösung kann es also nur geben, wenn beides zusammenkommt: unbegrenzte Lebenszeit und maximale ­ Lebensqualität.

Die Bibel gibt zwar nur einen kleinen ­Einblick in das, was jeden erwartet, der zu Christus gehört. Aber was sie preisgibt, ist schon jetzt atemberaubend: ein erfülltes, ewiges Leben in der Gemeinschaft mit Gott und seinem Sohn Jesus Christus. Leben in einer Welt, die kein Leid mehr kennt, ­sondern nur noch von Freude, Überfluss und göttlichem Frieden geprägt ist.3

Wie schön wäre es, wenn unsere Zeit nicht ablaufen würde und wir nicht jeden Moment auskosten müssten, solange es ­ noch geht! Unbeschreiblich, wenn wir nicht länger mit Krankheit, Hass, Verlust und Einsamkeit fertigwerden müssten. In der Bibel ist die Hoffnung auf ein sorgenfreies, ewiges Leben weder ein ­fiktives Gedankenspiel noch ein ­utopischer Menschheitstraum. Sie ist Teil der überwältigenden Botschaft, die sich durch die Bibel zieht: Gott schenkt uns Erlösung. Durch seinen Sohn Jesus Christus machte er möglich, was wir selbst niemals schaffen könnten. Jesus wurde Mensch und starb am Kreuz, damit Gott ihn zu neuem Leben erwecken konnte. Jesus war der erste, der den Tod überwand. Doch nicht nur das. Er kann uns daran Anteil geben. „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss haben.“1 „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.“2 Was für ein Versprechen! Wenn wir unser Vertrauen auf Jesus Christus setzen, schenkt er uns ein neues Leben. Dann ist der Tod nicht mehr das Ende, sondern

Dieses neue Leben in Christus hat aber nicht nur Auswirkungen auf die Zukunft. Paulus beschreibt in seinen Briefen im Neuen Testament, dass Jesus schon jetzt für uns da ist4. Er verändert unser Denken und Handeln zum Positiven5. Er gibt unserem jetzigen Leben Sinn, auch wenn wir Leid erleben6. Und die feste Zuversicht auf endgültige Erlösung bietet heute schon Trost.7

„Ich weiß, dass ich mein Leben in Gottes Hand ­legen kann. Ich weiß, dass er ein guter Gott ist, dass er einen Plan für mich hat und dass es nach dem Tod für mich eh ­weitergeht. Wovor sollte ich dann noch Angst haben?“ Philipp Mickenbecker (*27.6.1997; † 9.6.2021)


39

Philipp Mickenbecker war auf YouTube als verrückter ­Tüftler bekannt und starb mit nur 23 Jahren an Krebs. Dieses Zitat stammt aus einem Interview, das er kurz vor seinem Tod gab. Hier finden Sie das Interview in voller Länge: magazin-lebenplus.de/mickenbecker


tauch:station Kaum sonst irgendwo wird intensiver herausgeschlüpft als hier. Millionen von Larven der größten europäischen Eintagsfliegenart, der Theiß-Eintagsfliege, erleben hier nahezu zeitgleich eine Verwandlung von der wasserlebenden zur flugfähigen Form. Sie ­schlüpfen auf dem Flussgrund aus ihren Eiern und ­ernähren sich dort als Larven von Pflanzenmaterial. Während sie heranwachsen, häuten sie sich bis zu 25 Mal, bis sie nach drei Jahren bereit sind für den entscheidenden Tag.

massen:emergenz

Heute hier, morgen fort

Das wundersame Leben einer Eintagsfliege Mátészalka, Ost-Ungarn, 12. August 2012 – Meine Frau und ich sind an der ungarisch-­ ukrainischen Grenze ­unterwegs. Am Ufer der Theiß gönnen wir uns ein kühles Bad.

40

Irgendwie ist klar, dass es heute so weit ist. Überall tauchen die männlichen Larven aus der Tiefe auf. An der Oberfläche angekommen, platzt ihre Haut und es entsteigt ein großes Fluginsekt, das innerhalb von Sekunden davonfliegt. Die Bäume sind bedeckt von Hunderttausenden, die sich dort ein letztes Mal häuten. Der Körper, der nun übrigbleibt, ist nur noch ein Rudiment. Der ganze Verdauungsapparat ist stillgelegt, verschlossen und mit Luft aufgepumpt. Es hat nur noch etwa eine Stunde zu leben und nur noch eine Aufgabe zu erfüllen.

hoch:zeit Wenig später tauchen auch die Weibchen auf. Sie erledigen die letzte Häutung gleich an der Wasseroberfläche. Jetzt fliegen die ­Männchen gemeinsam los und bilden einen ­gigantischen Hochzeitsschwarm. Die Weibchen fliegen ­mitten hinein und werden in der Luft ergriffen und begattet. Anschließend gehen die ­Männchen mit „leerer Batterie“ in den Sinkflug und stürzen tot in den Fluss.


letzte:an:gelegenheit Der Körper der Weibchen ist nun fast vollständig mit befruchteten Eiern ausgefüllt. Sie fliegen den Fluss entgegen der Strömungsrichtung bis zu zehn Kilometer hinauf, so weit, dass die 7.000 bis 9.000 Eier, die sie nun auf der Wasser­ oberfläche ablegen und die langsam auf den Grund sinken, in dem Bereich stranden, in dem schon sie selbst ihre Jugend verbrachten. So schließt sich der Kreis. Und dann brechen auch die prächtigen, gelbbraun gestreiften, äußerlich unversehrten, weiblichen Tiere nach ihrem kurzen Dasein erschöpft zusammen.

Der Mensch – wie Gras sind seine Tage, wie die Blume des Feldes, so blüht er. Denn fährt ein Wind darüber, so ist sie nicht mehr, und ihr Ort kennt sie nicht mehr. Psalm 103,15–16

ER:lebt Das Leben der Eintagsfliegen erscheint­ grausam kurz. Abgesehen von ihrem Larvenstadium dauert ihr Fliegenleben maximal vier Stunden. Da haben wir es doch besser. Nach neun Monaten „Vorstadium“ bleiben uns im Durchschnitt etwa 80 Jahre Zeit für ein ­erfülltes Leben. Ob diese Lebensspanne „lang“ zu ­nennen ist, mag allerdings Ansichtssache sein. Je älter wir werden, desto kürzer erscheint sie uns in unseren eigenen Augen. Auf den Grabsteinen erscheint sie als ein kurzer Strich zwischen zwei Jahreszahlen und in ­Gottes Augen ist sie nur ein Dampf, ein Hauch und ein vorüberhuschender Schatten. Dennoch schenkt uns Gott seine ganze ­Aufmerksamkeit und gibt jedem von uns die Möglichkeit, in ­diesem Leben Dinge zu tun, die eine Ewigkeit lang Bestand haben!

Ihr wisst nicht, wie es m ­ orgen um euer Leben s­ tehen wird; denn ihr seid ein Dampf, der eine kleine Zeit sichtbar ist und dann v­ erschwindet. Jakobus 4,14

Alexander vom Stein ist Biologe und leitet in Portugal das Freizeitgelände „Parque Discovery“ mit Bibel- und Schöpfungsmuseum. Er schrieb mehrere Bücher, so sein neuestes feder:führer – Die Vögel des Himmels.

41


Hätte ich doch nur …

Wofür Ihnen Ihre Zeit nicht zu schade sein sollte Eine australische Pflegekraft hat jahrelang Sterbende betreut und für sich festgehalten, was diese rückblickend am meisten bereuen. Grund genug, rechtzeitig darüber nachzudenken.

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen Unter diesem Titel hat Bronnie Ware aufgeschrieben, was sie immer wieder hörte. Was können wir jetzt tun, um es am Ende nicht bereuen zu müssen? Und welchen Unterschied kann es machen, wenn wir Gott mit einbeziehen?

Zu viel Rücksicht auf die Erwartungen anderer „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben, nicht das Leben, das andere von mir erwarteten.“ Oft ist es unser Wunsch, beliebt zu sein, der dazu führt, dass wir am Leben vorbeileben. Dabei ist unser Leben einzigartig. Wir sind mit bestimmten Gaben und ­ Fähigkeiten ausgestattet. Wir sind auch in einen bestimmten Kontext gestellt, um einen Beitrag zu leisten, den sonst niemand einbringen kann. Finden Sie die Freiräume, die Ihnen auch im Alter noch möglich sind. Und warum nicht einfach Gott fragen, was das für Sie bedeuten könnte?

Zu sehr auf Arbeit und Leistung konzentriert „Ich wünschte, ich hätte nicht so viel ­gearbeitet.“ Viel Geld und eine Kar-

42

riere, die Ansehen verspricht, können dazu führen, dass die Arbeit zum alles bestimmenden Element wird. Doch was ­ Gewinn verspricht, kann sich am Ende als Verlust erweisen. Bedenken Sie rechtzeitig, was bleibt, wenn die Arbeit wegfällt. „Denn was hilft es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sich selbst­ verliert oder schädigt?“1

Zu wenig liebevolle Sätze „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.“ Wir denken vielleicht, dass unsere Nächsten schon wissen, wie wir zu ihnen stehen und was wir für sie empfinden. Doch dem ist nicht unbedingt so. Bringen Sie den Mut auf, Ihre Gedanken und Gefühle klar zu kommunizieren. Sie werden erstaunt sein, welchen Unterschied das macht. Sie kommen sich einander näher – und das dauerhaft.

Zu wenig Zeit für Beziehungen „Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten.“ Wie wichtig Freundschaften – vor allem in der Nähe – sind, wird uns oft erst bewusst, wenn Beziehungen im Beruf, ­ im gesellschaftlichen Umfeld oder durch einen Umzug wegfallen. Pflegen Sie Ihre Freundschaften, um sich gegenseitig zu


„Ich wünschte mir, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.“ Leicht schleichen sich Sorgen ein, die so bestimmend­ werden, dass wir die positiven Seiten des Lebens nicht mehr sehen. Zudem haben sich viele Sorgen als unbegründet erwiesen. Um Ihr Glück nicht nur von ­ einzelnen E ­ rlebnissen abhängig zu machen, brauchen Sie die ­ ­ Gewissheit, sich gut a ­ufgehoben zu f­ühlen. Dieses ­Aufgehobensein haben Menschen immer wieder in der Nähe Gottes erfahren: „Für mich aber ist Gottes Nähe beglückend! Mein Vertrauen setze ich auf den Herrn.“2

Bronnie Ware stellt fest: Es ist vor allem die späte Einsicht, die ihre Patienten unglücklich macht. Es fällt auf, dass es bei den fünf Punkten darum geht, das eigene Leben gut führen zu können und die Beziehungen zu pflegen, die einem am wichtigsten sind. Wenn sich das am Ende als das Wertvollste erweisen soll, muss es Ihnen jetzt wichtig sein. Wenn Sie merken, dass Sie auf dem verkehrten Weg sind, müssen Sie eben umkehren. C. S. Lewis meinte dazu:

Lukas 9,25 · 2 aus Psalm 73,28

Zu viele Sorgen

Späte Erkenntnis

1

­ nterstützen, zu helfen und zu ermutigen. u Auch eine christliche Gemeinde kann diese Beziehungen in einer besonderen Weise bieten.

„In diesem Fall ist derjenige, der als Erster umkehrt und zurückgeht, der Fortschrittlichste.“ 43


Menschenwürde hat kein Verfallsdatum „Die Würde des Menschen ist ­unantastbar.“ So beginnt nicht nur der erste Artikel des deutschen Grundgesetzes, sondern auch die Charta der Grundrechte der ­Europäischen Union. Daraus ergibt sich die Verpflichtung: „Sie ist zu achten und zu schützen.“ Was ­bedeutet das für den alten ­Menschen? Und wie erleben wir uns als Älterwerdende?

44

Spürbare Einschnitte

Dankbare Wertschätzung

Schon früh kann Verunsicherung aufkommen: Wer braucht mich noch? Wer schätzt noch, was ich tue und wer ich bin? Das spüren wir etwa dann, wenn Kinder aus dem Haus gehen, die Berufsarbeit beendet wird, die gesellschaftliche Anerkennung wegfällt. Das stellt sich auch dann ein, wenn sicher Geglaubtes nicht mehr möglich ist, die Kraft nachlässt, die Unsicherheit zunimmt. Und erst recht dann, wenn wir auf andere angewiesen sind. Es schmerzt, sich das eingestehen zu müssen. Und was ist, wenn ich zu einem Pflegefall werde? Plötzlich bin nicht mehr ich es, der etwas einbringt. Stattdessen muss ich mich darauf einlassen, dass andere für mich sorgen. Es war immer ein gutes Gefühl, gebraucht und dafür geschätzt zu werden. Doch was ist, wenn das wegfällt?

Wie fatal ist es, wenn heute vielfach der Wert des Menschen aus seiner N ­ ützlichkeit abgeleitet wird. Tomas Sjödin bringt es auf den Punkt: „Wenn man nur zählt, solange man Dinge tut, die zählen, ist ­ man ­natürlich verloren, sobald die Kräfte schwinden. Ich muss mich immer wieder selbst daran erinnern, wie unglaublich es ist, dass es zu unserem Menschsein ­gehört, von Gott schon geliebt zu sein, bevor wir etwas Vernünftiges getan haben.“1 Was auf ein Neugeborenes zutrifft, gilt nicht ­ weniger für den alten Menschen, wenn er wie das Baby völlig auf andere angewiesen ist. Dabei sollte doch alten ­ Menschen in gleicher Weise die Wertschätzung ­entgegengebracht ­werden, die man empfindet, wenn man sich über das Wunder eines Kindes freut.


Solche Würdigung gezeigt und zuge­ sprochen zu bekommen, ist unermesslich wertvoll und tut so gut. „Vor einem g­ rauen Haupt sollst du aufstehen und die Person eines Alten ehren; und du sollst dich fürchten vor deinem Gott!“2, heißt es in der Bibel. Der Hinweis auf Gott zeigt, dass die Würde nicht nur in der Vergangenheit und in der Leistung des Alten zu suchen ist. Sie ist in der Gegenwart zu finden, weil auch der alte Mensch immer noch ein Original und die Handarbeit Gottes ist.

Gewollt und geliebt

Verlass mich nicht Gerade dann brauchen wir die Nähe Gottes und die Gewissheit, dass er bei uns ist. So findet sich diese Bitte in der Bibel: „Jetzt, wo ich alt bin, lass mich nicht fallen! Jetzt, wo meine Kräfte abnehmen, lass mich nicht im Stich!“4 Es ist diese Abhängigkeit, die wir nicht nur spüren, sondern zugleich auch als Glück empfinden dürfen. Die Nähe und der Zuspruch Gottes wird zu einem festen Anker im Alter. Gott sichert uns zu: „Ich bleibe euch treu, bis ihr alt seid. Ich trage euch, bis ihr graue Haare habt. Das habe ich getan und werde es weiter tun. Ich bin es, der euch trägt und rettet!“5 So können wir erleben: „Auch wenn unsere äußeren Kräfte aufgezehrt werden, bekommen wir innerlich Tag für Tag neue Kraft.“6 Das lässt sich nur durch Gottes Kraft erklären. Das macht Mut.

1

Sogar dann, wenn Menschen uns übersehen und nicht würdigen, dürfen wir uns geschätzt wissen. Weil Gott uns „zu seinem Ebenbild“ geschaffen hat und uns liebt.

Seine Liebe lässt uns neu sehen: „Gott liebt uns nicht, weil wir so wertvoll sind, ­sondern wir sind so wertvoll, weil Gott uns liebt.“3 Dies zu wissen, lässt uns wertvoll leben, auch wenn vieles nicht mehr geht, wir keine Leistung erbringen können, ­einfach nur da sind.

Tomas Sjödin, Warum Ruhe unsere Rettung ist · 2 aus 3. Mose 19,32 · 3 Helmut Thielicke · 4 Psalm 71,9 · 5 Jesaja 46,4 · 6 aus 2. Korinther 4,16

Zugesprochene Würde

Einen weiterführenden Artikel zum Thema „Mit chronischer Krankheit leben“ finden Sie unter: magazin-lebenplus.de/leben-mit-chronischer-krankheit

45


46


Entscheidende Momente Es gibt Momente, die so herausragend und einmalig sind, dass sie regelrecht dazu auffordern, genutzt zu werden. Solch einen Moment witterte ein Zollbeamter. Wir wissen von ihm, obwohl es schon 2.000 Jahre her ist. Er hat es nämlich in die Schrift eines Arztes namens Lukas geschafft. In der Bibel können wir seine Beobachtung nachlesen.

Zachäus kollaborierte als jüdischer Bürger mit den ­ Römern und „erleichterte“ ­ seine Landsleute durch überzogene Zolleinnahmen. Bei allem Reichtum und den Annehmlichkeiten, ­ die er sich leisten konnte – war er ­wirklich zufrieden? Was immer ihn auch antrieb; als sich ihm die ­ Gelegenheit bot, Jesus persönlich kennenzulernen, unternahm er alles, um ihn zu sehen. Doch was für eine Überraschung! Jesus sieht ihn und wendet sich ihm zu. ­Ausgerechnet ihn sieht er, der von allen anderen verachtet und gemieden wurde. Jesus trat in sein Leben, und das ­änderte alles. Solch eine Erfahrung ­können auch Sie machen. Sogar heute.

1

„Jesus kam nach Jericho und ging durch die Stadt. Dort lebte ein Mann, der Zachäus hieß. Er war der oberste Zolleinnehmer und sehr reich. Er wollte unbedingt sehen, wer dieser Jesus war. Aber er konnte es nicht, denn er war klein, und die Volksmenge versperrte ihm die Sicht. Deshalb lief er voraus und ­kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus sehen zu können – denn dort musste er vorbeikommen. Als Jesus an die Stelle kam, blickte er hoch und sagte zu ihm: ‚Zachäus, steig schnell herab. Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.‘ Sofort stieg Zachäus vom Baum herab. Voller Freude nahm er Jesus bei sich auf. Als die Leute das sahen, ärgerten sie sich und ­sagten zueinander: ‚Bei einem ­Sünder ist er eingekehrt!‘ Aber Zachäus stand auf und sagte zum Herrn: ‚Herr, die Hälfte von meinem ­Besitz werde ich den Armen geben. Und wem ich zu viel abgenommen habe, dem werde ich es vierfach zurückzahlen.‘ Da sagte Jesus zu ihm: ‚Heute bist du gerettet worden – ­zusammen mit allen, die in deinem Haus leben. Denn auch du bist ein Nachkomme ­Abrahams! Der Menschensohn ist gekommen, um die Verlorenen zu ­suchen und zu retten.‘“ 1

Lukas 19,1–10

Die Geschichte eines ­entscheidenden Momentes

47


Der Wunsch, Jesus kennenzulernen Auch wenn Jesus nicht mehr wie damals auf dieser Erde unter uns ist, bleibt er doch zugänglich. Sollten Sie den Wunsch haben, Jesus kennenzulernen, dann d ­ürfen Sie davon ausgehen, dass Jesus selbst d ­ iesen Wunsch in Ihnen geweckt hat. Es gibt keine bessere Gelegenheit, als in diesem Moment Ihrem Herzen zu folgen und das Angebot von Jesus anzunehmen:

„Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“ Sie dürfen sicher sein, Jesus wünscht sich so sehr, in Ihr Leben zu treten. Es kann Ihnen nichts Besseres passieren.

Die günstige Zeit n ­ utzen Seit Jesu Auftreten in dieser Welt steht die Zeit unter einem positiven Vorzeichen. Sein Tod hat diese Wendung hervorgebracht. Am Kreuz ist Jesus für uns e ­ ingetreten, um uns von unserer Schuld zu befreien. Damit wollte er uns aus unserer Verlorenheit herausholen:

Der Menschensohn ist ­gekommen, um die ­Verlorenen zu suchen und zu retten. Lukas 19,10

48

Sie leben jetzt in der günstigen Zeit, um auf dieses Angebot einzugehen.

Seht doch! Jetzt ist die rechte Zeit. Seht doch! Jetzt ist der Tag der Rettung. 2. Korinther 6,2

Den entscheidenden Moment wahrnehmen Wenn Gott zu Ihnen spricht, stehen Sie vor der Entscheidung, ob Sie ihm ­Glauben schenken wollen oder nicht. Sie allein ­können diese Entscheidung treffen.

Wenn ihr heute die Stimme Gottes hört, dann ­verschließt euch seinem Reden nicht! Hebräer 4,7 Zögern Sie nicht, auf sein Reden zu hören und sein Angebot wahrzunehmen.

Die Rettung a ­ nnehmen Was immer auch Ihr Leben bisher ­ausgemacht hat, wie Sie sich selbst sehen oder wie Sie von anderen gesehen w ­ erden, Sie dürfen wissen, dass Jesus gern in Ihr Leben treten möchte. Wenn Sie Ihren bisherigen Weg bereuen und Jesus in ­ Ihrem Leben willkommen heißen, gilt auch Ihnen die Zusage:


Heute bist du gerettet worden. Lukas 19,9

Gewissheit erhalten Sie dürfen wissen, dass Sie in dem­ Moment, in dem Sie an Jesus Christus ­glauben, schon reich beschenkt werden. Denn Jesus sagt zu:

Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ­ ewiges L ­ eben und ­ kommt nicht ins G ­ ericht, ­sondern er ist vom Tod zum Leben hindurch­ gedrungen. Johannes 5,24

Sie dürfen sich freuen über • das ewige Leben, ein neues erfülltes Leben, das Ihnen für immer bleibt. • den Freispruch, durch den Sie dem kommenden Gericht Gottes enthoben sind. • die Gemeinschaft mit Gott, da die Trennung von Gott hinter Ihnen liegt.

Die Folgen begrüßen Ihre Glaubensentscheidung wird folgenreich sein. Sie verändert Ihr Leben ­umfassend und richtet Sie neu aus. Nicht nur Sie, auch andere werden es merken.

Deshalb ­orientiert euch nicht am Verhalten und an den ­Gewohnheiten dieser Welt, ­sondern lasst euch von Gott durch Veränderung ­eurer Denkweise in neue Menschen verwandeln. Römer 12,2

49


Über uns

von links nach rechts: Miriam Vedder, Stefanie Helzel, Sarah Hommelsheim, Siegfried Leferink

Als Redakteur und Referent, Online-Redakteurin, Grafikerin und Projektmanagerin begeistert uns, mit Menschen über 60 zu teilen, was uns bewegt.

Gutschein Hiermit löse ich meinen Gutschein ein und möchte das nächste Magazin mit dem Titel „Herzenssache“ (GM04) nach Erscheinen kostenfrei zugeschickt bekommen. Name, Vorname Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort Land Geburtsjahr Unterschrift

Gutschein ein­senden an die Kontaktadresse auf S. 3 dieses Magazins.

Verpassen Sie nicht unser nächstes Ma­ gazin mit dem Thema „Herzenssache“. Sie können es sich reservieren lassen. Wir senden es Ihnen gern kostenfrei zu.


Impressum Herausgeber und Copyright: LebenPlus, Stiftung M. W. Heukelbach, 51700 Bergneustadt Zitierte Bibelstellen sind in den meisten Fällen der BasisBibel entnommen. Auflage-Nr.: GM03 30 2402 1 LebenPlus ist eine Marke der Stiftung Missionswerk Werner Heukelbach. Die Stiftung Missionswerk Werner Heukelbach arbeitet überkonfessionell, d. h. sie gehört keiner Kirche oder Glaubens­ gemeinschaft an. Sie möchte zum Lesen der Bibel, dem Wort Gottes, anregen und dazu beitragen, dass Menschen in eine lebensverändernde Beziehung zu Jesus Christus, dem Retter der Welt, ­finden. Alle Publikationen der Stiftung sind unverkäuflich und dürfen ausschließlich kostenfrei weiter­ gegeben werden. Die Verantwortung für die Weitergabe liegt bei den verteilenden Privatpersonen, Einrichtungen oder Glaubensgemeinschaften.

Bildnachweise: S. 28 Foto von Stefanie Helzel S. 41 Foto von Alexander vom Stein UNSPLASH.COM: U2 Nic Y-C, S. 4–5 Jon Tyson, S. 34 Sasha Panarin, U4 Wes Hicks FREEPIK.COM: S. 10 freepik, S. 18 freepik, S. 19 rawpixel.com, pch.vector, macrovector, S. 26–28 lesyaskripak, S. 32–33 freepik ISTOCKPHOTO.COM: U1 JLco - Ana Suanes, S. 6 stockfour, S. 8 monkeybusinessimages, S. 9 AscentXmedia (Luganersee), S. 14 Wirestock (Visby Stadtmauer, Gotland), S. 15 wanderluster (Kirchenruine St. Karin in Visby, Gotland), S. 20 courtneyk, S. 21 Halfpoint, S. 22 LightFieldStudios, S. 23 PIKSEL, S. 35 AscentXmedia (Gaisberg, Blick auf Salzburg), S. 36 deimagine (Alpen, Italien), S. 39 Oscar Gutierrez Zozulia (Chile), S. 40 Nastasic, S. 43 Xesai, S. 44 fzant, S. 45 shapecharge, S. 46 stanislave, S. 49 Wavebreakmedia


„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch immer der, der dir gerade gegenübersteht, und das notwendigste Werk ist immer die Liebe.“

Dieses Zitat ist nicht eindeutig zuzuordnen, wird aber meistens dem spätmittelalterlichen Theologen Meister Eckhart (Eckhart von Hochheim, um 1260–1328) zugeschrieben.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.