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Ursula Kollritsch: Das Glück wartet gleich um die Ecke – 9783863343804

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75 Wohlfühlorte zum Auftanken



Für Laura, Felix, Ferdi, Viviane – und immer auch meine Jungs.



Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an! Kurt Tucholsky


Inhalt

Eine Einladung vorab … Denn das Glück wartet oft schon an der nächsten Ecke ................................................... 17 1 In der Morgensonne Gold tanken für den Tag .............................................. 20 2 Auf Reisen Glücklich unterwegs .................................................... 22 3 Am Meer Am Rand der Ewigkeit ................................................. 26 4 Auf dem Stoppelfeld Sehnsucht nach Bullerbü ............................................ 28 5 Unterm Regenschirm Durchs Leben tanzen ................................................... 30 6 Im Kino Versinken in der Lichtspielzeit .................................... 32 7 Im Strandkorb Schauspiel im Sand ..................................................... 34


8 Unterm Blätterdach Eine Krone für jeden ................................................... 36 9 Am Schreibtisch Auf einer Insel aus Worten .......................................... 38 10 Am Vogelhäuschen Wo es piept und zwitschert ........................................... 42 11 Bei der Lesung Und ewig schwappt das Wasserglas ............................... 44 12 Unterm Sternhimmel Funkeln, strahlen, leuchten ........................................ 46 13 Im Freibad Pommes, Mau-Mau und Himmelblau .......................... 48 14 Am Kiosk Weiße Mäuse, „Wie geht’s“ und Magazine ..................... 50 15 Auf dem Liegestuhl Selig sind, die ausruhen .............................................. 54 16 In der Kirche Zwischen Himmel und Erde ........................................ 58 17 Auf dem Lieblingssessel Zeit für eine Tasse Tee .................................................. 60 18 Auf der Bank im Park Einfach mal anhalten .................................................. 62


19 Auf der Familienfeier Ein Hoch auf das Leben ............................................... 64 20 In den richtigen Schuhen Das Fundament für den Tag ......................................... 66 21 Im Buchladen Die ganze Welt auf Papier ............................................ 68 22 Die Zugvögel über uns Wenn es Frühling wird ................................................ 70 23 Im Eiscafé La Dolce Vita ............................................................... 72 24 Im Friseursalon Auszeit mit Grundrauschen ......................................... 74 25 Auf der Treppe Von oben draufschauen ............................................... 76 26 Beim Laternenumzug Wenn Kinderaugen leuchten ....................................... 78 27 Unterm Weihnachtsbaum Stille Nacht, heilige Nacht ............................................ 80 28 Im Wald Baden im Grün ............................................................ 84 29 Auf dem Stadtbalkon Extrazimmer mit Aussicht ........................................... 86


30 Bei den Nachbarn Fußball gucken im Hof ................................................ 88 31 Am Lagerfeuer Im Spiegel der Nacht ................................................... 90 32 Im Café Schreiben wie in Paris ................................................. 92 33 Unter der Dusche Quelle der Inspiration ................................................. 94 34 Im Zug Fliegende Landschaft .................................................. 96 35 Im Museum Berauscht an Farben ................................................... 100 36 Im Hotel Alles beginnt im Foyer ................................................. 102 37 An der Krippe Am Anfang ist die Hoffnung ......................................... 104 38 Im Garten Vom Erden, Verstecken und Aufblühen ....................... 106 39 Im Zirkus Die Nostalgie der Leichtigkeit ...................................... 108 40 Unterm Dach Geborgen im Sturm ..................................................... 110


41 Auf der Ritterburg Zeitreise ins Mittelalter ............................................... 112 42 Am Fluss Verbunden mit dem Meer ............................................ 114 43 Beim Picknick Das Glück auf einer Decke ........................................... 116 44 Im Gewächshaus Ich bin dann mal in den Tropen ................................... 120 45 Straßenpoesie Wo die schönen Worte wohnen .................................... 122 46 Unter der Kuscheldecke Hej, Welt, bleib draußen! ............................................ 126 47 Am Hafen Schiffe gucken am Kai ................................................. 128 48 Im Lieblingsrestaurant Speisen mit dem gewissen Etwas .................................. 130 49 In der Hängematte Mit Schwung ins Sommerglück .................................... 132 50 Auf dem Flohmarkt Dies, das, Ananas ........................................................ 134 51 Auf der Luftmatratze In den Sonnenuntergang schaukeln ............................ 138


52 Im Zelt Spukgeschichten mit Stockbrot ................................... 140 53 Im Schnee Plötzlich glitzert es hell ............................................... 144 54 Bei der besten Freundin Zwischen Lachkur und Ich-selbst-Sein ........................ 146 55 Auf der Durchreise Vom Glück abseits der Route ........................................ 148 56 Im Warenhaus Alles unter einem Dach ............................................... 150 57 Auf der Brücke Mach mal Brückentag! ................................................. 152 58 Vor dem Fernseher Teil der Geschichte sein ............................................... 154 59 Beim Bäcker Richtig dufte ............................................................... 156 60 Auf der Kirmes Karussell mit Zuckerwatte ........................................... 158 61 Auf dem Berg Und dann, meine Seele, sei weit … .............................. 162 62 Im Theater Heute mal glamourös ................................................... 164


63 Im Wind Flieg, Drachen, flieg! .................................................. 166 64 Im Tretboot Wer braucht schon Mississippi-Dampfer? ................... 168 65 Unter blauem Himmel Und dann und wann ein weißer Elefant ....................... 170 66 Im Bauwagen Peter Lustig lässt grüßen ............................................. 172 67 Bei Oma und Opa Bratkartoffeln zum Frühstück ..................................... 174 68 Auf der Eisbahn Einfach dahingleiten ................................................... 176 69 Im Kräutergarten Heilsam verbunden ..................................................... 178 70 Auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein, Punsch und viele Sterne .............................. 180 71 Am Abendbrottisch Was war heute am schönsten? ...................................... 182 72 Am Bahnhof Reisen, dass die Seele mitkommt ................................. 184 73 In den Weinbergen Wo die Echsen flitzen .................................................. 188


74 In der Stadt Sehen und gesehen werden ......................................... 192 75 Wieder zu Hause Willkommen bei mir ................................................... 194

Moment noch! Von Herzen: Danke! .................................................... 196 Meine ganz persönlichen Orte im Alltag Zeit, innezuhalten und aufzutanken ............................ 200



Eine Einladung vorab …

Denn das Glück wartet oft schon an der nächsten Ecke „Überall ist Welt“, antwortete mein Opa stets gelassen, wenn Leute ihn fragten, warum er nicht verreise. Als Bahnbeamter hätte er viele Fahrten umsonst unternehmen können. Stattdessen saß er lieber am Stellgleis oder später auf seiner Bank im Garten, unter dem Küchenfenster, und las dicke Bücher. Vielleicht war das sein ganz persönlicher Wohlfühlorte. Getragen von diesem schönen Gedanken suche ich ebenfalls gerne das Glück vor meiner Tür und im Alltag – und dann schreibe ich darüber und halte es so ein bisschen fest. In Worten. Wenn ich auf Reisen gehe, öffne ich die Augen für das, was leuchtet, den einen besonderen Moment, die Verbindungen zwischen Menschen und Plätzen. Denn Menschen machen Orte, und Orte prägen umgekehrt auch Menschen. Entscheidend ist, dass wir das sehen. Es tut gut, auch mal im eigenen Leben die touristische Brille aufzusetzen und sich zu freuen: über das, was ist. Darüber, was man in diesem Augenblick spüren und erleben darf. Das Schöne, das Wärmende, das Bezaubernde, vielleicht das Unglaubliche. Wir alle kennen das: Manchmal sind die Tage richtig schwer, dann ist es, als wäre der Himmel nicht mehr blau, als hätte jemand einen grauen Filter davorgeschoben oder der Blick darauf bliebe ausgerechnet für uns versperrt. Doch ist es nicht gerade dann gut, eine Decke zu haben, unter die wir uns kuscheln können, ein Café um die Ecke, in dem der 17


Cappuccino mit Schaumherz serviert wird, an einer Bahnstation warten zu müssen, auf der die Messingtreppe wie Gold in der Sonne glänzt und jemand an die triste Betonwand gesprayt hat: Hier gehts zum Glück!

Brauchen wir in herausfordernden Zeiten die schönen Momente nicht umso mehr? Und strahlen sie vielleicht heller, weil wir auch die anderen Tage kennen und erlebt haben? „Wo Licht ist, ist auch Schatten“, wird oft betont. Das stimmt. – Aber erzählt der Schatten nicht umgekehrt auch von der sicheren Existenz des Lichts? Er lässt keinen Zweifel daran, dass es immer noch da ist. Ja, dass das Licht sogar zuerst da war. Glück ist kein unerreichbarer Ausnahmezustand, auf den es ein Leben lang hinzuarbeiten gilt. Wir müssen nicht dafür kämpfen, nichts dafür leisten. Wir brauchen es uns nicht zu verdienen. Überall gibt es Schönes und Gutes zu entdecken und zu genießen, nicht nur in der Ferne. Man kann die eigenen Glücksorte finden, wahrnehmen und erleben – und immer wieder bewusst besuchen. Orte, an denen wir Luft holen, Kraft tanken, uns freuen, uns lebendig fühlen, staunen oder einfach nur dasitzen. Das kann auf der Bank im Park sein, im Strandkorb, mitten im Wald oder in einer Bildergalerie alter Meister. Im vollen Nahverkehrszug ebenso wie unter einem kunterbunten Regenschirm in der Fußgängerzone. „Alles in der Welt ist für den da, der es sieht.“ Diesen Satz habe ich mal auf einem Kalenderblatt gelesen und notiert. Und es gibt wirklich viel Schönes, Sehens- und Bemerkenswertes zu entdecken – mitten im Leben, auch ohne prallgefülltes Portemonnaie. Einfach so zwischendurch ist es da, auf einmal 18


taucht es auf, vielleicht an einem anstrengenden Tag, hinter einem vollen Schreibtisch, auf dem Weg zu einem Termin oder zwischen endlosen To-do-Listen. Es findet seinen Weg zu uns wie die Sonnenstrahlen, die am Morgen durch die Ritzen der Jalousien fallen. Wie wäre es also, etwas Alltagsglück zu tanken? Für eine Stunde oder nur ein paar Minuten? Das Glück kann überall sein, schon vor oder hinter der nächsten Ecke. Am besten einfach dazusetzen und durchatmen … Denn Atmen, das ist schon mal ein richtig guter Anfang. Das wissen wir alle vom ersten Moment an. Dieses Buch ist eine herzliche Einladung. Komm mit auf eine Entdeckungsreise durch den Alltag – auf den Berg, in die Eisdiele oder leg dich mal wieder auf eine Wiese zum Wolkenbildermalen. Lass die Gedanken schweifen und die Erinnerungen aufleuchten. Und nimm diese Stationen gern als Anregung, deine eigenen Wohlfühlorte zu entdecken. „Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an!“, sagt Kurt Tucholsky. – Dann mal los. Viele wundervolle, inspirierende, stärkende Glücksmomente und viel Freude mit den persönlichen Impulsen in diesem Buch wünscht Usch Kollritsch

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2 Auf Reisen

Glücklich unterwegs Übers Reisen zu schreiben – was für eine große Aufgabe! Wo soll ich bloß anfangen? Worauf den Schwerpunkt setzen? Seit Tagen lese ich, hole Bücher aus dem Regal, in denen ich hoffe, etwas finden zu können, das mich weiterbringen kann. Ich blättere in Magazinen, gucke mir Reisedokus an. Alles, um einen Startpunkt zu haben, ein Thema, einen guten ersten Satz. Nichts! Und so fahre ich, schreibe ich jetzt einfach mal los, um zu sehen, was kommt, was auf mich wartet. Vielleicht machen wir ja genau das viel zu selten: einfach mal anfangen, losfahren, uns hinausziehen und treiben lassen. Schauen, ob es Rückenwind oder Gegenwind gibt, uns hineinfallen lassen oder bei Windstille ruhig werden und abwarten. Bis es weitergeht. Es gibt ihn nämlich, diesen Zauber der ersten Male, wenn wir etwas tun, was wir noch nie getan haben. Es kann doch auch gut gehen! „Ich setzte meinen Fuß in die Luft und sie trug“, schreibt Hilde Domin und sagt alles mit diesen wenigen so berührenden Worten. Es geht darum, zu vertrauen, etwas zu wagen, Schritte ins Unbekannte zu machen. Einen Ort zu besuchen, an dem man noch nie war, schärft das Bewusstsein, den Entdeckergeist. Alles kann wichtig sein: die unbekannte Blüte, nach der wir uns bücken, und die App befragen, um welche Pflanze es sich dabei handelt, die Zufallsbekanntschaft in der Bahn und, ja, das Wetter. Lass uns gern über das Wetter reden, warum auch nicht? Immerhin ist 22


es in jedem Augenblick da, unausweichlich, es umgibt uns jederzeit, ist für alle gleich. Wenn das nicht verbindet. Der Dalai Lama rät, einmal im Jahr einen Ort zu besuchen, an dem man noch nie gewesen ist. Ich stelle mir vor, wie er dabei lächelt. Lächelnde Gesichter sind wichtig auf einer Reise. Die Menschen, mit denen wir uns auf den Weg machen, und die, denen wir zufällig begegnen. Die uns begleiten und die uns kurz zulächeln. Aus manchen Bekanntschaften werden sogar Freunde. Wenn jemand aus dem Urlaub zurückkommt, fragen wir: „Na, wo warst du?“ Wir könnten doch auch fragen: Was hast du erlebt? Wer ist dir begegnet? Worüber hast du dich gefreut – und was war für dich am allerschönsten? Im Japanischen gibt es so treffende Begriffe wie Furusato. Man könnte ihn, wenn man es sich leicht macht, mit Heimat übersetzen. Gemeint ist allerdings ein Ort, nach dem sich das Herz sehnt. Dies kann sowohl Landschaften, Essen als auch Menschen betreffen. Albert Einstein wiederum kannte nur zwei Arten, auf die Welt zu blicken: entweder so, als sei nichts auf der Welt ein Wunder, oder so, als ob alles ein Wunder sei. Genau das hat sich dieses Buch zur Aufgabe gemacht, Wunder zu sehen und aufzuzeigen. Das Leben ist eine Reise, das Lesen auch und das Schreiben sowieso. Alles, was wir tun und was wir nicht tun, wo wir stehen bleiben, anhalten und innehalten oder weitergehen, ist von Bedeutung. Bei allem Verständnis für den Wunsch nach einem fixen Reiseplan, nach all-inclusive mit Liegestuhl am Pool – jeder Aufbruch ist eine Individualreise. Menschen, die zur selben Zeit im selben Hotel waren und dieselben Touren gebucht haben, können dennoch völlig Unterschiedliches erlebt haben und berichten. „Wo auch immer du hingehst, dort bist du“, weiß Konfuzius. 23


Früher gehörte es zum Reisen dazu, von unterwegs seitenweise Korrespondenzen zu schreiben. Zugleich auch der Versuch, das Erlebte festzuhalten, die Erfahrungen zu filtern und für sich und die Adressaten einzuordnen. Aus den ausufernden Beschreibungen des 19. Jahrhunderts, als die Menschen lange brauchten für kurze Strecken mit der Kutsche oder ewige Zeit für weite Entfernungen mit dem Schiff, sind irgendwann obligatorische Ansichtskarten geworden: „Wetter schön, Essen gut. Viele Grüße aus Rimini“ – die feiere ich nach wie vor – und die heutigen WhatsApp-Nachrichten und Social-MediaPosts mit Fotostory mag ich auch. Aber vielleicht schreibe ich diesen Sommer mal wieder einen Brief an einen Lieblingsmenschen, mit Füller auf Papier. Darin erzähle ich, was ich gesehen, gehört, gerochen und gefühlt habe unterwegs, ihm und irgendwie auch mir – damit gebe ich diesem Sommer eine Bedeutung. Und dann stecke ich etwas Lavendel ins Kuvert. Egal, ob aus der Provence oder vom Stadtbalkon. Hauptsache aus dem Herzen. Machst du mit? Gute Reise!

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3 Am Meer

Am Rand der Ewigkeit Jeder hat sein Meer. Viele lieben die raue Nordsee mit Watt und den Sandstränden der Inseln, andere zerklüftete Buchten in Cornwall, die Alabasterküste der Normandie, den Charme der Badeorte am Mittelmeer oder den stürmischen Atlantik. Das Meer ist und bleibt ein uralter Sehnsuchtsort der Menschen. In vielerlei Weisen wurde es beschrieben, fotografiert, besungen. Von Ernest Hemingway bis Benoîte Groult, von Hans Albers bis La mer. Nicht zufällig zog es die impressionistischen Maler um Claude Monet hinaus an die Küste, sobald die Farbtuben to go erfunden worden waren. Anfang des 19. Jahrhunderts war das. In ihrem Gedicht Auf einer Insel schreibt Rose Ausländer von einem Meer ohne Namen. Mein Meer hat einen und einen Ort: Es ist die Ostsee in Ahrenshoop, einem kleinen Künstlerdorf. Auf der Halbinsel Darß, mit der offenen See auf der einen und den Boddenlandschaften auf der anderen Seite. Und ich wette, für jeden, der schon einmal am Meer war, gibt es, wenn er wieder dorthin zurückkehrt, diesen einen Moment des Wiedersehens. Den Augenblick, wenn sich in die große Vorfreude eine tiefe Ruhe mischt … Bei mir geschieht dies an genau dieser Stelle, wo mein Sohn beim ersten Aufenthalt in Ahrenshoop mit einem vom Wind aufgeplusterten Handtuch den Strand entlangrannte, selig vor Glück, fliegen zu können. Auch Albert Einstein lag hier bereits wie ein Krokodil am Strand herum und ließ die Welt draußen einfach machen. Das kann man wirklich bestens, auf der schmalen Halbinsel zwischen den verwunschenen Boddenlandschaften und 26


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