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Kraft von oben – 9783986950354

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MAX LUCADO

Kraft von oben Entdecke die lebensverändernde Macht des Heiligen Geistes

Aus dem Englischen von Elke Wiemer


Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 1 Der Heilige Wer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 2 Komm an meine Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Lehrer

27

Kapitel 3 Hisse die Segel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Wind

41

Kapitel 4 Seufzer aus tiefstem Herzen . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Fürsprecher

53

Kapitel 5 Die Rettung ist gewiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Siegel

65

Kapitel 6 Ruhe im Chaos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Taube

77

4


Kapitel 7 Wie man Gott reden hört . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Wolken- und Feuersäule

91

Kapitel 8 Das Feuer in dir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Flamme

105

Kapitel 9 Duftende Ölspuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Salböl

117

Kapitel 10 Die kommende Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Strom lebendigen Wassers

127

Kapitel 11 Mach den Mund auf! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist in Form von Feuerzungen

139

Kapitel 12 Freigesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Heilige Geist als Gabenschenker

153

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Kapitel 13 Lebensatem für trockene Knochen Der Heilige Geist als Lebensatem . . . . . . . . . . . . . .

171

Fragen zum Nachdenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227

Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231

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„Gottes Geist allein macht lebendig; alle menschlichen Möglichkeiten richten nichts aus.“ Jesus (Johannes 6,63; GN)

Mit großer Freude widme ich dieses Buch Dr. Pete Ledoux, einem Kind unseres himmlischen Vaters, Freund des Heiligen Geistes, Nachfolger von Jesus und Diener der Menschen.



Vorwort Stell dir vor, es ist Urlaubszeit. Du packst deine Sachen ins Auto und fährst in ein Hotel in den Bergen. Frische Luft. Tolle Aussicht. Angenehme Temperaturen. Es wird einfach nur großartig werden. Außerdem lockt dieses erstklassige Hotel zum Saison­ ende auch noch mit Sonderrabatten, sodass du es dir leisten kannst. Das ist deine Gelegenheit, einmal das zu tun, wovon du schon so lange träumst: in den Bergen wandern zu gehen. Am ersten Morgen bist du der Erste, der zur Tür raus ist. Nix mit Ausschlafen, o nein. Wasserflasche gefüllt, Verpflegung verstaut und Rucksack auf. Mit der Wanderkarte in der einen und dem Wanderstock in der anderen Hand ziehst du voller Begeisterung los. Das wird einen Riesenspaß machen! Doch der Spaß ist nur von kurzer Dauer. Der Weg ist steil. Deine neuen Wanderstiefel sind noch nicht eingelaufen. Nach den ersten Minuten fragst du dich, ob dir jemand klammheimlich Backsteine in den Rucksack gelegt hat. Du hältst am Wegrand inne und schnaufst erst einmal durch. Und da vernimmst du die Stimmen eines Wanderführers und seines fröhlichen Gefolges. Er hat einen Hut mit breiter Krempe auf, und sein Tonfall ist selbstbewusst, sodass du sicher bist: Er kennt sich hier aus. Er weiß die Namen der Blumen, erzählt etwas zur Geschichte des Weges und gibt Tipps, wie man einen schönen Wandertag verbringt. Seine Gruppe trägt keinerlei Ausrüstung mit sich und kommt deshalb schneller voran. Ihr Führer weist sie auf Tiere

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hin und hat Zeit, die Fragen der Wanderer zu beantworten. Du überlegst, ob du dich an die Gruppe dranhängen und ein wenig lauschen solltest. Aber du hast den Bergführer nicht bezahlt. Außerdem kannst du aufgrund deines schweren Rucksacks nicht mithalten. Nach wenigen Augenblicken ist die Gruppe dir schon weit ­voraus. Du fällst mit deiner immer unbequemer werdenden Last weiter zurück. Doch einige Kilometer weiter holst du sie wieder ein. Sie sitzen auf einer Wiese und lauschen dem Führer, der die riesige Bergkette erläutert. Und sie essen zu Mittag! Belegte Brötchen, Obst und Gemüsesticks, Kaffee und Saft und auch ein paar Plätzchen. Sind das etwa selbst gebackene Schokokekse? Das ist ja ein Festmahl! Du seufzt und fragst dich, ob dein belegtes Brot mit Käse und Gurken schon durchgeweicht ist. Egal. Du hast sowieso den Appetit verloren. Du machst kehrt und läufst den Weg wieder zurück. Für heute hast du genug gelitten. Als du am nächsten Morgen aufwachst, schmerzt jeder einzelne Muskel in deinem Körper, und deine Füße sind geschwollen. Du brauchst fast eine Stunde und jede Menge Pflaster, um deine Blasen zu verarzten. Doch dann heißt’s: Auf zu einer weiteren Wanderung. Der zweite Tag läuft aber genauso ab wie Tag eins. Der Weg wird viel zu früh viel zu steil. Deine Beine werden viel zu früh müde. Und wenn es dir gestern schon so vorkam, als sei dein Rucksack mit Backsteinen gefüllt, dann fühlt er sich heute an, als sei Blei darin. Und rate mal, wen du hinter dir den Weg entlangkommen hörst. Genau: den gut gelaunten Wanderführer mit seiner Schar glücklicher Gefolgsleute. Du gehst zur Seite und lässt sie vorbei. Einer von ihnen pfeift eine fröhliche Melodie. Zwei andere

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unterhalten sich angeregt. Der Bergführer macht einen Witz und die anderen lachen. Und du? Du kommst dir vor wie ein Packesel mit Arthrose. Nach wenigen Kilometern triffst du erneut auf die Gruppe. Und du hast es schon geahnt: Sie sitzen auf einer Wiese, machen ein Picknick und genießen die Natur. „Es gibt selbstgemachtes Eis“, kündigt der Wanderführer an. „Und esst alles auf – wir wollen nichts mehr mit runternehmen!“ Du murmelst etwas in deinen nicht vorhandenen Bart – dass das Leben ungerecht ist –, drehst dich um und marschierst zurück zum Hotel. Du verbringst den Nachmittag vor dem Fernseher und isst dein durchgeweichtes belegtes Brot. Und Tag drei und vier? Genau wie Tag eins und zwei. Am fünften Tag verlässt du erst gar nicht die Hotellobby. Du sitzt allein da, als jemand deinen Namen ruft. Du siehst auf. Es ist der Wanderführer. „Ich habe nach Ihnen Ausschau gehalten“, sagt er. „Wo waren Sie denn?“ „Was?“ „Ich hatte gehofft, Sie würden auf unsere täglichen Ausflüge mitkommen. Diese sind in dem Paket enthalten, das Sie gebucht haben. Die Vorträge. Das Essen. Das ist alles inklusive. Vielleicht haben Sie die Broschüre nicht richtig gelesen, die wir Ihnen geschickt haben.“ „Scheinbar nicht.“ „Wir kümmern uns um alles. Wir fahren Ihren Rucksack mit dem Auto auf den Berg, damit Sie ihn nicht tragen müssen. Und das erstklassige Essen wird von unserem Team ebenfalls zubereitet. Und dann stehe natürlich ich Ihnen noch zur Verfügung.

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Ich kenne diese Steige besser als jeder andere. Meine Aufgabe ist es, Sie auf die Berge hinaufzuführen.“ „Tatsächlich? Wie konnte mir das nur entgehen?!“ Wir sind müde. Wir sind müde von all den Lasten, die wir tragen, und den Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen. Wir haben so viele Fragen, auf die wir keine Antworten finden, und Probleme, die wir einfach nicht lösen können. Wir hatten gehofft, das Leben mit Gott wäre eine erfrischende Pilger­reise, ein Abenteuer auf Berghöhen. Doch wir hätten nie damit gerechnet, dass wir so schnell so erschöpft sein würden. Wir werden bei unserer Wanderung durchs Leben einfach müde. Aber was wäre, wenn es hier Abhilfe gäbe? Jemanden, der mit dir geht, der dich führt und deine Lasten trägt? Und was wäre, wenn der Himmel dir diese Unterstützung geschickt hätte? Und zwar keinen anderen Menschen, der genau wie du Blasen und Wadenkrämpfe bekommen könnte. Sondern jemanden, dessen Kraft grenzenlos ist. Der nie müde wird. Der immer bei dir ist. Den nichts von dem, was sich dir in den Weg stellt, aufhalten kann. Wäre das was für dich? Dann pack dein Pflaster und das durchgeweichte belegte Brot weg. Du wirst keine Blasen mehr bekommen. Auf dich wartet eine viel bessere Bergtour.

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Kapitel 1

Der Heilige Wer? „Wir haben noch nicht einmal gehört, dass es so etwas wie einen Heiligen Geist gibt.“ Apostelgeschichte 19,2 (GN ) „Ich aber werde den Geist, den mein Vater versprochen hat, zu euch herabsenden. Wartet hier in der Stadt, bis das eintritt und ihr mit der Kraft von oben gestärkt werdet.“ Lukas 24,49 (GN ) Ich habe als Jugendlicher angefangen, in die Kirche zu gehen. Damals war ich gerade so etwa zehn Jahre alt, voller Tatendrang und willens, mich dem „Berg“ zu stellen – ich fing an, in der Bibel zu lesen, Verse auswendig zu lernen, und bemühte mich nach Kräften, jedes Gebot zu befolgen, das man von der Kanzel aus predigte. Ich schulterte den Rucksack des braven Christenlebens und machte mich auf den Weg, um die hohen Gipfel der Moral, der Spiritualität und der Hingabe zu erklimmen. Ich war hochmotiviert, ein guter Christ zu sein. Sag immer die Wahrheit. Lass nie im Glauben nach. Bete mehr. Tu mehr. Glaube mehr.

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Ich habe es versucht, wirklich. Doch der Weg war steil. Gruppenzwang, verrücktspielende Hormone und Schuldgefühle verbündeten sich, um mich davon zu überzeugen, dass ich es niemals schaffen würde. Kann ein Fünfzehnjähriger schon einen geistlichen Burn-out haben? In meinem Fall war es so. Vielleicht kennst du ja das Gefühl. Das Feuer in dir brennt immer weiter runter. Aber wo bekommst du neues Holz her? Es ist ja nicht so, als hättest du nicht danach gesucht. Gott weiß, dass du das getan hast. Zumindest hoffst du, dass er es weiß. Du hast dich für all das, was du für gut und richtig gehalten hast, gemeldet und dich dafür eingesetzt. Aber woher kommt dieser kalte Wind auf deinem Gesicht? Warum ist der Weg so schwer, so steil? Und was ist mit dem trüben Himmel? Dieser Leere? Irgendetwas fehlt, und du weißt einfach nicht, warum sich dein Leben so anfühlt, als würde es langsam schwinden. Stück für Stück. Schritt für Schritt. Tag für Tag. Wenn es dir gerade so geht, dann lass uns mal reden. Können wir vielleicht an diesem Punkt anfangen? Gott weiß davon. Es kümmert ihn. Und es entspricht nicht seinen Absichten für dich, dass du ein lebloses Leben führst. Er hat da etwas – nein, jemanden – für dich. Ich kann mich nicht erinnern, dass man mir von dieser Kraftquelle erzählt hätte. Aber das mache ich niemandem zum Vorwurf. Schließlich besaß ich ja selbst eine Bibel. Ich hätte darin suchen können. Aber wenn du mich gebeten hättest, ihn dir zu erklären, dann hätte ich nur mit den Achseln gezuckt und zurückgefragt: „Der Heilige Wer?“ Wenn jemand wissen will: „Wer ist Gott, der Vater?“, bekommt er sofort eine Antwort. Oder: „Beschreibe einmal Gott, den Sohn.“ Die meisten werden, ohne zu zögern, antworten.

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Aber wenn du dafür sorgen willst, dass jemand so richtig um Worte verlegen ist, dann frag ihn: „Wer oder was ist der Heilige Geist?“ Die Frage ist zum Teil wegen der Begrifflichkeiten eine Herausforderung. Gott als Vater? Das können wir uns vorstellen. Gott als Jesus, der Sohn? Auch mit dieser Vorstellung können wir etwas anfangen. Aber Gott als Geist? Der Begriff ist an sich schon mystisch. Ich kann mich noch an eine frühe Begegnung mit ihm erinnern.1 Es war gegen Ende meines letzten Jahres an der Highschool, als in unserer westtexanischen Kleinstadt etwas Wunderbares passierte. Ein Evangelist aus einem weit entfernten Land namens Kalifornien Der Heilige Geist ist dein Leben spentauchte in einem alten Schulbus auf, dessen dender Freund, der Lackierung eher an ein Blumenbeet erindich nach Hause nerte. Er war in der Jesus-Bewegung zum bringt. Glauben gekommen, die in den frühen 1970ern über das Land hinweggeschwappt war. Er hatte schulterlanges Haar und trug Jeans mit Schlag. Er stellte sich auf den Schulparkplatz und fing an, über Jesus Christus und die Kraft des Heiligen Geistes zu predigen. An diesem Punkt meines Lebens hatte ich den steilen Weg auf den Berg der Frömmigkeit aufgegeben. Der einzige Geist, mit dem ich zu dieser Zeit vertraut war, kam aus der Schnapsflasche. Der Hippie-Prediger lud einige von uns ein, zu einer Bibelstunde zu kommen, die bei jemandem zu Hause stattfand. Dort würden wir mehr darüber erfahren. Also gingen wir hin. Die Adresse, die er mir gegeben hatte, befand sich in einem Wohnwagenpark am Rand der Stadt. Ich kannte niemanden, der dort lebte, aber alle waren sehr freundlich. Wir saßen auf

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dem Boden, lasen die Apostelgeschichte, und soweit ich mich erinnern kann, war es das erste Mal, dass ich hörte, wie jemand beschrieb, wer der Heilige Geist ist und was seine Aufgaben sind. Den genauen Wortlaut habe ich schon lange vergessen, aber an den groben Inhalt kann ich mich noch erinnern: Der Heilige Geist ist dein Leben spendender Freund, der dich nach Hause bringt. Als wir beteten, redeten einige Leute in einer Sprache, die ich noch nie gehört hatte. Sie fragten mich, ob ich auch so beten wollte. Ich nickte. Also versuchte ich es, aber nichts passierte. Trotzdem war ich beeindruckt. Diese Leute schienen nicht so erschöpft zu sein wie ich. Im Gegenteil: Sie waren voller Leben. Ihre Augen strahlten, wenn sie vom Heiligen Geist sprachen. Du rechnest jetzt vielleicht damit, dass meine Geschichte eine dramatische Wendung nahm. Ein Damaskus-Erlebnis, so wie bei Saulus, der zu Paulus wurde. Aber nein, es fiel kein helles Licht vom Himmel in den Wohnwagenpark. Ich wurde nicht zum Apostel und schrieb auch keine Briefe. Ganz im Gegenteil. Ich war so fest davon überzeugt, dass ich nicht dafür geeignet war, mit dem Heiligen Geist zu leben, dass ich es nicht einmal versuchte. Es folgten weitere Jahre als verlorener Sohn. Der Schweinestall wurde mein ständiger Wohnsitz und die anderen Schweine waren meine Kumpel. Was noch schlimmer war: Ich bezeichnete mich weiterhin als Christ, zog samstagabends von einem Nachtklub in den nächsten und drückte sonntagmorgens die Kirchenbank. Ich war der Heuchler, der andere von Jesus abbrachte. Als ich Anfang zwanzig war, half mir ein lieber Mensch, der später zum Freund wurde, zu erkennen, dass Gottes Barm­­-

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herzigkeit größer ist als meine Rebellion. Ich kniete vor einem Altar, nahm die himmlische Gnade für mich in Anspruch und begab mich wieder auf den Wanderweg. Vergebung wurde zu meiner zentralen Botschaft, zu meiner persönlichen Lebenserfahrung. Ich schlug einen anderen beruflichen Werdegang ein, ging aufs Theologische Seminar, arbeitete in Gemeinden in ­Miami und Rio de Janeiro und ließ mich schließlich als Pastor im texanischen San Antonio nieder. Und da verlor ich erneut den Halt. Wenn du denkst, der christliche Lebensweg sei schon für junge Menschen steil, dann kann ich dir sagen: Für Pastoren ist er noch viel steiler. Ich nahm mir vor, viel zu lernen, kluge Ratschläge zu geben, Probleme zu lösen, Gremien zu organisieren und es jedem launischen Gemeindemitglied recht zu machen. Es gelang mir drei oder vier Jahre lang, den Schein zu wahren, aber mit etwa Mitte dreißig hatte ich einfach keine Kraft mehr. Plötzlich konnte ich nachts nicht mehr schlafen. Wie kann ein Mensch die Fähigkeit zu schlafen verlieren?! Ich legte mich ins Bett und lauschte dem entspannten Atmen meiner Frau. Ich stellte mir meine drei kleinen Töchter vor, die am anderen Ende des Flures friedlich in ihren Betten schliefen. Ich dachte an Freunde und Kollegen, die alle tief und fest schliefen. Unser Hund schlief. Unser Goldfisch schlief. Und ich? Meine Gedanken rasten wie ein Rennwagen beim Geschwindigkeitstest. Ich dachte an Gemeindemitglieder, die ich anrufen, und Entscheidungen, die ich treffen musste. Mehr als einmal stand ich sonntagmorgens vor der Gemeinde und hatte kaum oder gar nicht geschlafen. Ich war verzweifelt. War das die Phase meines Lebens, in der ich den Heiligen Geist fand? So ähnlich. Es wäre wohl zutreffender zu sagen, dass der Heilige Geist mich fand.

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Wenn ich in diesen mitternächtlichen Stunden nicht schlafen konnte, stand ich irgendwann wieder auf, tappte die Treppe hinunter, kniete mich vor unser Sofa und betete. Ich war völlig fertig. Ich war nicht länger Max, der Pastor. Ich war auch nicht Max, der Gemeindeleiter. Der Kerl in dem zerknitterten Schlafanzug war Max, der erschöpfte, verzweifelte Jesus-Nachfolger. Meine Gebete waren nur noch ein Stöhnen. Mein Glaube war nur noch ein ausgefranster Faden. Ich hatte nicht einmal mehr genug Kraft, um den Schein zu wahren. Ich war endlich ehrlich. Ehrlich zu Gott. Und es zeigte sich, dass Gott eine Schwäche für aufrichtige Gebete hat. Stück für Stück fing ich an, den Heiligen Geist zu spüren. Er führte mich mit sanfter Hand. Er umwarb mich mit einem Flüstern. Klingt das mysteriös? Auf jeden Fall. Ob es nur Einbildung war? Nein, ganz und gar nicht. Ich bat um Kraft. Und er gab sie mir. Ich bat den Heiligen Geist, die Kranken zu heilen. Er tat es mehr als einmal. Ich betete für Lebenskraft und Freude. Beides kam zurück. Der lange Winter wich einem willkommenen Frühling. Eines Tages – ich bereitete gerade eine Predigt vor – las ich, mit welchen Begriffen Jesus den Heiligen Geist beschrieb: „Tröster“ und „Freund“. Ich erinnere mich noch, wie mir auf wunderbare Weise bewusst wurde, dass ich diese Person jetzt kannte. Das ist nun dreißig Jahre her. Jetzt ist der Heilige Geist nicht länger der „Heilige Wer?“ für mich. Jetzt nenne ich ihn unseren himmlischen Helfer. Er ist der Verbündete der Jesus-Nachfolger. Er ist unser Kämpfer, unser Anwalt, unser Wegbegleiter. Er tröstet und führt uns. Er wohnt in uns, verändert uns, stärkt uns und wird uns eines Tages in unser himmlisches Zuhause bringen.2

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Er ist derjenige, der in unserer heutigen Zeit Gottes Willen auf Erden ausführt und uns mit Kraft erfüllt. Mit übernatürlicher Kraft. Ist das nicht genau das, was Jesus uns versprochen hat? Seine Nachfolger sollten erst dann mit ihrem Dienst beginnen, wenn sie hautnah die Bekanntschaft des Heiligen Geistes gemacht hatten. „Ihr aber bleibt hier in der Stadt, bis der Heilige Geist kommen und euch mit Kraft aus dem Himmel erfüllen wird“ (Lukas 24,49). Zu diesem Zeitpunkt hatten die Jünger schon drei Jahre Training hinter sich. Sie hatten mit ihm an Lagerfeuern gesessen, hatten ihn durch die Ortschaften begleitet und mit angesehen, wie er Krankheiten und Dämonen vertrieb. Sie kannten sein Lieblingsessen, seine Lieblingswitze und seine Lieblingsorte. Aber sie waren noch nicht so weit. Sie hatten das leere Grab gesehen, seinen auferstandenen Körper berührt und gehört, wie der auferstandene Christus vierzig Tage lang über das Reich Gottes gepredigt hatte. Doch das war noch nicht genug. „Aber wenn der Heilige Geist über euch gekommen ist, werdet ihr seine Kraft empfangen. Dann werdet ihr von mir berichten – in Jerusalem, in ganz Judäa, in Samarien, ja bis an die Enden der Erde“ (Apostelgeschichte 1,8). Notier dir das am besten: Mit dem Heiligen Geist kommt auch Kraft. Die Kraft, gute Entscheidungen zu treffen, Versprechen zu halten und die innere Stimme der Angst und des Versagens zum Schweigen zu bringen. Die Kraft aufzustehen, dein Leben zu leben und dich auf die richtige Weise mit den richtigen Dingen zu beschäftigen. Die Kraft, sich unerwarteten, unerwünschten Dingen zu stellen. Kraft. Das hat Jesus damals versprochen und das verspricht er noch heute. Wie sieht es mit deiner Kraft aus?

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Gott will nicht, dass seine „­Botschafter“ auf dieser Erde ­gestresst, müde, kaputt, ­völlig fertig sind. Er wünscht sich, dass wir von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde frischer und ­lebendiger werden.


Vielleicht hast du ja genug davon. Dein Leben ist ein Spaziergang, es geht immer nur sanft bergab über schöne Wiesen. Dir fehlt es nie an Energie, Begeisterung oder Kraft. Du schreitest mit beschwingten Schritten und deine Stimme klingt fröhlich. Du bist ein immer glücklicher, tatkräftiger Mensch. Wenn du all das bejahst, würde ich dir empfehlen, ein Buch zum Thema „Ehrlichkeit“ zu lesen. Wenn dich das nicht beschreibt, dann denk einmal darüber nach, ob eine Leben spendende Beziehung zum Heiligen Geist dir nicht helfen könnte. Du musst deinen Weg nicht länger allein gehen. Du musst keine Lasten mehr tragen, für die du nicht geschaffen bist. Es wird Zeit, dass du dich an der Gegenwart des Heiligen Geistes erfreust und das energieerfüllte Leben führst, das er dir schenken will. In deiner Bibel gibt es über einhundert Stellen, in denen es um den Heiligen Geist geht. Jesus selbst hat häufiger über den Heiligen Geist gesprochen als über Kirche, Ehe, Finanzen und die Zukunft. Warum war ihm dieses Thema so wichtig? Weil Gott nicht will, dass seine „Botschafter“ auf dieser Erde gestresst, müde, kaputt, völlig fertig sind. Er wünscht sich, dass wir von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde frischer und lebendiger werden. Aber bei alldem sollten wir vorsichtig sein. Das Thema „Heiliger Geist“ scheint die Extremisten unter den Jesus-Nachfolgern auf den Plan zu rufen. Auf der einen Seite sind da die Angeber. Das sind diejenigen, die sich super geistlich geben und anderen so das Gefühl vermitteln, keine „richtigen“ Christen zu sein. Sie sind mit dem Heiligen Geist auf Du und Du, haben gewissermaßen ein VIP -Ticket. Sie wollen, dass alle mitbekommen, dass sie die Gabe der Heilung oder der Zungenrede haben. Sie geben eben gern an.

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Das andere Extrem sind die Heiliger-Geist-Polizisten. Sie gehen gegen alles vor, was geistlich gesehen aus der Reihe tanzt oder außer Kontrolle zu sein scheint. Sie sind die selbst ernannten Wächter über das Übernatürliche. Wenn sich ein Ereignis nicht erklären lässt, lehnen sie es ab oder leugnen es. Irgendwo dazwischen liegt der gesunde Heilige. Er hat ein kindliches Herz. Sie liebt die Bibel sehr. Er ist offen dafür, sich neue Kraft schenken zu lassen. Sie hat ein gutes Urteilsvermögen und ist vorsichtig. Beide sind bereit, sich vom Heiligen Geist führen zu lassen. Sie klammern sich mit beiden Händen an jenes letzte Versprechen von Jesus: „Aber wenn der Heilige Geist über euch gekommen ist, werdet ihr seine Kraft empfangen“ (Apostel­geschichte 1,8). Sehnst du dich danach, den Heiligen Geist besser kennenzulernen und eine Beziehung zu ihm zu pflegen? Dann sind wir gemeinsam unterwegs. In der Bibel finden wir mehr als ein Dutzend Metaphern, die das Wirken des Heiligen Geistes beschreiben. Es verrät viel von seiner Größe, dass eine Metapher allein nicht genügt. Willst du von Jesus begeistert sein? Der Heilige Geist ist dein bester Lehrer ( Johannes 14,26). Fällt es dir schwer, Gott zu gehorchen? Der Heilige Geist ist der Wind Gottes ( Johannes 3,8). Fehlen dir die richtigen Worte beim Beten, weil du so verzweifelt bist? Er ist unser Fürsprecher (Römer 8,26). Du bist dir nicht sicher, ob du wirklich zu Gott gehörst? Er ist das Siegel, das Gott allen aufdrückt, die errettet sind (Epheser 1,13). Der Heilige Geist ist die Friedenstaube, die uns innere Ruhe schenkt, der Geber guter Gaben, der uns mit allem ausrüstet, was wir für den Dienst brauchen, der Strom lebendigen Wassers,

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der aus uns zu anderen fließt und sie erfrischt (Matthäus 3,16; 1. Korinther 12,1–11; Johannes 7,37–39). Und damit ist die Liste noch lange nicht vollständig! Auf den nächsten Seiten beschäftigen wir uns mit den unglaublichen Vorteilen dieser göttlichen Gegenwart. Dabei ist es egal, ob das deine erste oder eine neuerliche Begegnung mit ihm ist. Gott wünscht sich, dass du die belebende Kraft des Heiligen Geistes erfährst. Vor einiger Zeit war ich mit dem Auto unterwegs, als ich merkte, dass mein Tank fast leer war. Meine Tankanzeige gab an, dass ich keine 15 Kilometer mehr weit kommen würde. Ich entdeckte ein kleines Lebensmittelgeschäft und hielt an der dort befindlichen Zapfsäule. Ich schob meine Kreditkarte in den Automaten, steckte den Tankstutzen in die Tanköffnung und begann, den Tank zu füllen. Währenddessen huschte ich noch schnell in den Laden und kaufte mir etwas zu trinken. Ich plauderte mit der Kassiererin, wollte einen Hotdog kaufen, ließ es aber bleiben, als ich darüber nachdachte, dass das für meine Figur wohl nicht gerade förderlich war. Stattdessen ging ich zum Auto zurück, putzte meine Windschutzscheibe und entsorgte den Müll. Ich nahm den Tankstutzen aus dem Tank, stieg wieder ins Auto und war kaum zurück auf der Straße, als ich zufällig auf die Tankanzeige schaute. Der Tank war leer! Ich würde ja gern sagen, dass die Zapfsäule zu früh abgeschaltet hat. Aber da ich mich und meine kurze Aufmerksamkeitsspanne kenne, habe ich wahrscheinlich vergessen, den automatischen Schalthebel zu betätigen. Ich hatte alles Mögliche getan, nur die eine Sache, die ich wirklich tun musste, hatte ich vergessen.

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Der Heilige Geist ist die Friedens­taube, die uns innere Ruhe schenkt, der Geber guter Gaben, der uns mit allem ausrüstet, was wir für den Dienst brauchen, der Strom lebendigen Wassers, der aus uns zu anderen fließt und sie ­segnet.


Trifft das auf dein Leben vielleicht auch zu? Hast du vergessen, die eine Sache zu tun, die du wirklich tun solltest? Hast du dem Heiligen Geist nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt? Der Geist Gottes möchte dir nur zu gern seine große Kraft schenken. Er will dich führen, lehren und erfrischen. Er wird die Lasten tragen, die du nie selbst tragen solltest. Das Leben bringt immer Herausforderungen mit sich, aber sie sollten nicht dein Leben bestimmen. Dir steht die Kraft von oben zur Verfügung.

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