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YB MAG 4 / Saison 2020/21 (Webversion)

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AUSGABE 4 SAISON 2020/21

VIERTER MEISTERTITEL IN SERIE!

YB BRICHT ERNEUT MEHRERE REKORDE


Inside

Ein

Grosser geht

Gerry Seoane zieht weiter – und bleibt als Trainer in Erinnerung, der mit YB wunderbare Erfolge gefeiert hat.

Es ist der 1. Juni 2018, als YB seinen neuen Trainer vorstellt: Gerry Seoane tritt die Nachfolge von Adi Hütter an. Begleitet wird die Wahl, die so viele überrascht, von teils kritischen Kommentaren: Ist er, der erst ein halbes Jahr Profis in der Super League beim FC Luzern trainiert hat, dieser Aufgabe gewachsen? Seoane stört sich nicht an skeptischen Bemerkungen, er bringt sogar ein gewisses Verständnis dafür auf. Und fängt umgehend an, Überzeugungsarbeit zu leisten. Er geht dabei sorgfältig und sehr klug vor, baut das funktionierende Gebilde nicht einfach radikal um, sondern sorgt mit Akribie dafür, dass die Rädchen weiterhin ineinandergreifen. Und er wird dafür belohnt. YB gelingt die Titelverteidigung auf überragende Art und Weise, sieben Runden vor Schluss ist alles besiegelt – und Seoane darf sich fortan Meistertrainer nennen. Ein paar Zahlen zum Erfolg: 20 Punkte Vorsprung auf Basel, 99 erzielte Tore in 36 Spielen. Und: nur 36 Treffer zugelassen. Das bedeutet auch: beste Abwehr der Liga. Die Tordifferenz 63 ist bis heute unerreicht.

Auf dem Weg zum Pokal erlebt Seoane mit YB wunderbare Herbstabende in Europa. Erstmals gelingt die Qualifikation für die Champions League nach einem Sieg in Zagreb. Zu Besuch in Bern sind Grosse der Branche, Juventus, Manchester United und Valencia. YB scheidet in der Gruppenphase zwar aus, aber nicht ohne Highlight. Am 12. Dezember 2018 gelingt ein 2:1-Sieg gegen Juventus mit Cristiano Ronaldo. Das Publikum ist begeistert – und wird von Seoane explizit gelobt: «Es ist der Wahnsinn, wie uns die Leute nach vorne pushen. Ein grosses Dankeschön dafür!» 2019/20 verliert YB einige Stammspieler, von Loris Benito über Kevin Mbabu und Thorsten Schick bis Djibril Sow und Captain Steve von Bergen. Seoane muss keinen geringen personellen Umbruch bewältigen, schafft das aber dank beeindruckendem Gespür, Souveränität und Teamarbeit. Er, der mit Patrick Schnarwiler einen neuen Assistenten (für Harry Gämperle) an seiner Seite hat, verabreicht dem Team seine Handschrift. Und wenn wir von einem Team schreiben, meinen wir das auch: YB ist eine Einheit mit überragendem Teamgeist.


Saison 2020/21

Gerry Seoane und Patrick Schnarwiler verlassen Bern in Richtung Leverkusen.


Inside

Eines der Spiele, das aus dieser Saison zweifellos in Erinnerung bleiben wird, ist das 3:3 am 23. Februar in St. Gallen – die letzte Partie in einem vollen Stadion, bevor Corona den Betrieb während Monaten zum Stillstand bringt. Das Unentschieden in der Ostschweiz ist ein aufwühlendes Ereignis mit dem hinlänglich bekannten Schlussfeuerwerk vom Penaltypunkt. Als die Meisterschaft am 19. Juni fortgesetzt wird, präsentiert sich YB äusserst robust. Ende Juli ist der Triumph perfekt: Im Sittener Tourbillon reicht ein 1:0 zum TitelHattrick. Seoane ruft noch auf dem Rasen seine Eltern an, die mittlerweile wieder in ihrer spanischen Heimat La Coruña leben, um sie am Erfolg teilhaben zu lassen. Der 14. Meistertitel von YB erfreut auch die Freunde der Statistik: Drei Hattricks – das hat bisher noch kein anderer Schweizer Club in seiner Geschichte zustande gebracht. YB stellt nach 1911 und 1959 diesen Rekord auf.

Freude für die Neuen Seoane freut sich für seine Mannschaft, die nach dem ReStart ein hohes Tempo angeschlagen und Verfolger FC St. Gallen stets auf Distanz gehalten hat. Vor allem aber freut er sich für jene, die vor der Saison verpflichtet worden sind: «Sie wurden Teil eines Vereins, der zuvor zweimal Meister geworden war und an den man die Erwartung hatte, dass er den Pokal erneut holt. Sie haben dem Druck bravourös standgehalten.» Für die Champions League reichte es zwar nicht, dafür aber für die Europa League und eine Gruppe, die durchaus nach Königsklasse klingt: Porto, Glasgow Rangers und Feyenoord Rotterdam sind die drei Gegner. Am Ende fehlt nur ein Punkt zur Qualifikation für die Sechzehntelfinals. Aber 2019/20 ist eine Spielzeit für die Ewigkeit – weil YB sein erstes Double seit 62 Jahren gewinnt. Seoane ist als Trainer natürlich ein entscheidender Faktor, aber nie würde er sich als alleinigen Baumeister bezeichnen. Zu viel Lob, das wäre ihm nicht recht. Eines seines Zitate nach dem 2:1 gegen den FC Basel an diesem 30. August 2020: «Mit einer solchen Bank kannst du nicht viel falsch machen.» Nach 82 Minuten hat er Marvin Spielmann eingewechselt – nach 89 Minuten ist der Joker erfolgreich. Zwei Jahre, drei Titel, dazu Champions League und Europa League – aber Seoanes Hunger ist ungestillt. Er geht in

Gianluca Gaudino verlässt YB nach 77 Ernstkämpfen mit sieben Toren und 15 Assists.

seine dritte Saison als Cheftrainer von YB, verlängert am 7. Dezember 2020 seinen Vertrag um zwei Jahre bis 2023 und reiht mit seiner Mannschaft Sieg an Sieg in der Super League. An Weihnachten beträgt der Vorsprung acht Punkte, am 18. April wird jegliches Rechnen hinfällig: YB ist zum vierten Mal in Folge Meister, diesmal ist schon nach der 29. Runde alles klar.

Rekorde mit YB Seoane gelingt es, Reizpunkte zu setzen, obwohl das Rennen entschieden ist. Es geht darum, neue Bestmarken aufzustellen. Tatsächlich gelingt auch das. Am Ende hat YB 31 Punkte mehr auf seinem Konto als der zweitplatzierte FC Basel, mit so grossem Vorsprung wurde noch nie ein Club Schweizer Meister. Bloss 29 Gegentreffer sind ebenfalls Rekord.


Saison 2020/21

Joschua Neuenschwander (links) sucht eine neue Herausforderung, Stefan Knutti tritt kürzer und kümmert sich um die kleinsten Goalies bei YB.

Und eine Premiere gab es auf europäischem Niveau: Erstmals überstand YB eine K.o.-Runde in der Europa League und glänzte vor allem mit den zwei Siegen im Sechzehntelfinal gegen… Bayer Leverkusen. Dorthin, nach Leverkusen, zieht es Seoane jetzt. Er kam mit 39 als junger, wissbegieriger Trainer. Er geht jetzt, mit 42, als erfolgreicher Trainer, der nichts von seiner Lust, Neues zu lernen, eingebüsst hat. Und er geht als Trainer, der wunderbare Kapitel der YB-Historie mitgeschrieben hat. Nach Leverkusen begleiten wird ihn Patrick Schnarwiler. Der 48-Jährige, der einst mit Kriens und dem FC Luzern auf höchstem nationalen Niveau spielte, verlässt Bern nach zwei Jahren mit drei Titeln. Und mit dem Ruf, ein stiller, aber ungemein verlässlicher Assistent gewesen zu sein.

Abschied von Stefan Knutti Keinen Transfer, sondern einen Schritt zurück macht Stefan Knutti. Der 55-Jährige kümmerte sich in den vergangenen fünfeinhalb Jahren um die Goalies der ersten Mannschaft. Davor hatte er diese Arbeit zwei Jahre im YB-Nachwuchs verrichtet. Knutti, selber ehemaliger YB-Goalie, war – gleich wie Schnarwiler – nie ein Lautsprecher, sondern überzeugte mit Qualität. Er wird sich künftig um die kleinsten Goalies in der Nachwuchsabteilung kümmern. Bei YB endet auch die Zeit für Gianluca Gaudino und Joschua Neuenschwander. Der 24-jährige Mittelfeldspieler Gaudino war im Januar 2019 nach Bern gekommen und absolvierte bis zum Ende seines Vertrags 79 Partien für die Berner, erzielte sieben Tore und leistete zu 14 Treffern die Vorarbeit. Der bald 21-jährige Goalie Neuenschwander, der im Nachwuchs von YB ausgebildet wurde und 2019/20 auf Leihbasis bei Promotion-League-Club Köniz spielte, war zuletzt hinter David von Ballmoos und Guillaume Faivre die Nummer 3. Im letzten Spiel der vergangenen Saison wurde er in Lausanne eingewechselt.


Interview

Zwei Saisons bei YB, zwei Mal Meister: Fabian Lustenberger.


Fabian Lustenberger

«Mein Körper nimmt sich die Zeit, die er benötigt»

YB-Captain Fabian Lustenberger arbeitet nach dem Achillessehnenriss intensiv für sein Comeback. Er will so schnell wie möglich auf den Platz zurückkehren, aber nichts überstürzen. Es passierte am 21. April, drei Tage, nachdem YB mit dem 3:0 gegen Lugano seinen vierten Meistertitel in Serie klargemacht hatte: Fabian Lustenberger zog sich im Training bei einer Sprungübung einen Riss der linken Achillessehne zu, wurde kurz darauf operiert und fällt nun lange aus. Trotzdem strahlt der Captain bereits wieder grosse Zuversicht aus.

Fabian, das Wichtigste zuerst: Wie geht es Dir? Gut. Die Operation verlief problemlos, die Wunde ist verheilt, die Narbe sieht gut aus - es ging bis jetzt alles reibungslos. Die erste Phase der Reha ist relativ langweilig und erfordert sowohl Geduld als auch Vorsicht. Mit dem Spezialschuh ist man automatisch eingeschränkt.

Bringst Du die notwendige Geduld auf? Ich weiss, dass ich sie benötige, darum denke ich: Ja, ich werde sie haben… (schmunzelt) Es ist nicht so, dass ich Ungeduld als eine Schwäche von mir bezeichnen würde. Ich kenne meinen Körper so gut, dass mir bewusst ist,

wie viel Zeit es braucht und wann ich an den Punkt gelange, an dem ich wieder etwas mehr belasten darf. Aber wenn ich auf der Tribüne sitzen und den Kollegen auf dem Feld zuschauen muss, geht mir schon einiges durch den Kopf. Zumal ich ja nicht nur ein einziges Spiel verpasse, weil ich eine Sperre absitze oder vom Trainer eine Verschnaufpause erhalte, sondern weil eine grössere Verletzung mich dazu zwingt, sehr oft zuzuschauen. Mir ist klar: In den kommenden sechs Monaten werde ich keinen Einsatz absolvieren können. Das macht es schwierig.

Wenigstens ist jetzt Sommerpause und damit eine längere Phase ohne Wettbewerbsspiele. Genau. Wenn die neue Saison beginnt, sind schon drei Monate seit dem Tag vergangen, an dem es passiert ist. Plus minus ist das die Hälfte der Zeit, in der ich voraussichtlich fehle. Ich verpasse also nicht eine Rückrunde, in der viel Entscheidendes geschehen kann. Von daher ist die Sommerpause für mich wie ein Lichtblick. Ich muss wenigstens für ein paar Wochen nicht ohnmächtig daheim oder auf der Tribüne sitzen. Und wenn ich in der Lage bin, erste Trainings auf dem Platz zu absolvieren, bin ich auch wieder näher bei der Mannschaft. Das macht es dann angenehmer.


Interview

Hast Du einen fixen Zeitplan, wann Du Dein Comeback geben willst?

Hast Du mit anderen, die sich ebenfalls einmal einen Achillessehnenriss zuzogen, geredet?

Nein, ganz konkret lässt sich das nicht vorhersagen. Man rechnet bei einer solchen Diagnose mit einer Zwangspause von sechs bis neun Monaten. Aber die Erfahrungswerte sind nicht so gross wie beispielsweise bei Kreuzbandrissen. Neun Monate sind das Minimalziel, aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, früher zurückzukehren, packe ich die definitiv gerne. Es wäre falsch zu sagen, dass ich nach einem halben Jahr ganz sicher wieder fit sein muss. Aber natürlich mache ich mir viele Gedanken, das lässt sich nicht einfach abschütteln.

Ja, mit Marco Wölfli, bevor ich mich operieren liess. Im Dezember 2013 widerfuhr ihm dasselbe und er verpasste deswegen die WM 2014 mit der Schweiz. Der Arzt, der ihn damals operierte, nahm auch bei mir den Eingriff vor. Ich bin sehr zufrieden mit ihm.

Wusstest Du an diesem 21. April sofort, um welche Verletzung es sich handelt und welche Konsequenzen sie haben könnte? Im ersten Moment führte ich die Schmerzen darauf zurück, dass ein Mitspieler mich touchiert hatte oder ich über eine Hürde gestolpert war. Dann griff ich an die Achillessehne und realisierte, dass sie gerissen ist, aber auch, was das bedeutet: Ich falle lange aus. Gleich nach dem MRI sagte ich dem Arzt: «Sechs Monate, oder?» Er: «Sechs bis neun.»

Hast Du anfänglich gehadert oder sofort Dir gesagt, dass Du noch stärker zurückkehren wirst? Zuerst haderte ich ein wenig. Warum ich? Wieso jetzt? Was wird nun? Wie kann es sein, dass diese Sehne reisst? Zudem bin ich mit 33 Jahren nicht mehr der Jüngste… Mir gingen tausend Sachen durch den Kopf. Aber die Operation und das Ziehen der Fäden waren bereits die ersten Etappen auf dem Weg zurück, inzwischen brauche ich auch die Krücken nicht mehr. Aufgeben ist nicht im Ansatz ein Thema. Mich treibt die Lust auf Fussball an, alles dafür zu tun, dass ich wieder fit werde und am liebsten noch stärker als vorher.

Jean-Pierre Nsame hat die gleiche Verletzung erlitten. Ein Wahnsinn und eine traurige Konstellation. Aber ich habe Jean-Pierre getroffen und gespürt, dass er sich die Zuversicht nicht nehmen lässt. Wir sind da sehr ähnlich: Wir denken positiv. Es gibt in der Reha immer wieder kleine Erfolgserlebnisse, die einen ermuntern, hartnäckig zu bleiben. Zuerst denke ich vielleicht: Diese Übung gelingt mir in meinem Zustand nicht. Dann klappt es aber doch, und schon gibt dir das einen Schub. Wenn es doch nicht im gewünschten Tempo vorangeht, gilt es, ruhig zu bleiben. Mein Körper nimmt sich die Zeit, die er benötigt.

2020/21 war eine spezielle Saison - und für YB erneut eine sehr erfolgreiche. Welches war Dein persönliches Highlight? Die beiden Leverkusen-Spiele in der Europa League. In der Liga marschierten wir zum Titel, das war zweifellos top und unvergesslich. Aber wenn ich aus der ganzen Saison einzelne Spiele herauspicken soll, sind das die zwei Siege gegen Bayer. Die Art und Weise, wie wir uns durchgesetzt haben, war beeindruckend, auch für die Deutschen. Gerade für mich, der zwölf Jahre in Berlin lebte und spielte, war das besonders schön.

In der Meisterschaft habt Ihr nie nachgelassen, auch bei grossem Vorsprung nicht. Wie schafft man das? Wenn absehbar ist, dass man das Ziel sicher erreicht, kann das zu einem kleinen Spannungsabfall führen, der sich aber mit dem Spass am Fussball auffangen lässt. Sobald alles klar ist, kann man sowieso befreit aufspielen. Viele Mannschaften sind auch erfolgreich, wenn sie sich den Meistertitel bereits gesichert haben. Bayern München ist eines dieser Beispiele.

Das spricht für den Charakter der Mannschaft. Ja, und es spricht auch für den Teamgeist. Jeder, der eingesetzt wurde, war mit Ehrgeiz bei der Sache. Ein bisschen sind wir das auch der Liga gegenüber schuldig. Wir haben uns keine Blösse gegeben und müssen uns nicht den Vorwurf anhören, gegen die einen Vollgas gegeben zu haben, gegen die anderen hingegen nachlässig gewesen zu sein. Dieses seriöse Auftreten wurde eingefordert, sei es vom Trainer oder vom Sportchef.

Du bist vor zwei Jahren nach Bern gekommen und hast die Lücke von Steve von Bergen geschlossen, als wäre es das Normalste der Welt. Ist das so einfach? Entscheidend ist nicht primär, was ich sage, sondern das, was ich leiste. Nicht nur im Spiel, sondern auch im Training. Es gehört zu meinen Aufgaben, die Kollegen zu pushen, aber Anerkennung und Wertschätzung muss man sich mit Leistungen verdienen. Nicht mit Worten. Wenn ich in den ersten drei Spielen nach meiner


Fabian Lustenberger

Lustenberger in Aktion gegen den St. Galler Youan.

Ankunft bei YB vier Gegentore verschuldet hätte, wären zwangsläufig kritische Stimmen laut geworden.

Hast Du Dich gezielt auf den Schweizer Fussball vorbereitet? Mir sagten verschiedene Leute: Gehe nicht davon aus, dass alles von alleine läuft, nur weil ich lange Jahre in der Bundesliga war. Du musst fit sein, das Niveau der Liga ist gut. Natürlich habe ich mich gezielt vorbereitet. Das hat sich gelohnt. Der Wechsel zu YB war von A bis Z der richtige.

Schade ist einzig, dass Du während eineinhalb Deiner bisherigen zwei Jahre in Bern im praktisch leeren Wankdorf spielen musstest. Das ist ein Wermutstropfen. Aber ich will sicher nicht klagen und mich selbst bemitleiden. Andere Leute haben in der Corona-Pandemie grössere Probleme. Natürlich wäre es schön gewesen, den Titel mit den Fans zu feiern. Aber die Situation ist nun einmal so, wie sie ist. Ich versuche, das Ganze nüchtern zu betrachten. Wir konnten trotz Corona unserem Beruf nachgehen. Ohne Zuschauer, ja, aber ansonsten gab es relativ wenige Einschränkungen.

Ist der Wert des Titels derselbe? Auf jeden Fall! Man kann die Emotionen nicht teilen, aber wenn ich in ein paar Jahren auf 2020 und 2021 zurückblicke, kann ich sagen: Dann bin ich mit YB Meister geworden. Das zählt.

Hast Du trotz allem mitbekommen, wie die Fans sich über die Erfolge mitgefreut haben? Definitiv. Manchmal hupten Leute, wenn sie am Stadion vorbeifuhren und uns Spieler sahen. Oder wenn wir zu Auswärtspartien aufbrachen, hingen immer Transparente mit motivierenden Botschaften. Und das Feuerwerk der Fans über der Stadt nach dem Gewinn des Meistertitels war phänomenal. Wir spürten sehr wohl den Support der Fans. Die Verbindung war stets da.

Mit welchen Erwartungen gehst Du mit YB in die Zukunft? In der Super League müssen wir das Ziel haben, den Titel zu verteidigen. Der Hunger, der Elan und die Lust sind da. Was international sein wird, lässt sich schwer voraussagen. Aber YB ist immer ambitioniert.


15 Stichworte


Felix Mambimbi

15 STICHWORTE FÜR

FELIX MAMBIMBI FC SCHÖNBERG

Mit vier Jahren eiferte ich meinem Bruder nach und begann bei meinem Quartierverein FC Schönberg mit Fussballspielen. Heute spielt der Klub in der 2. Liga regional. Mit 13 Jahren kam ich dann in die AFF-Auswahl.

BSC YB

Über die Freiburger Auswahl gelangte ich auch in die Nachwuchsabteilung des BSC Young Boys. Zu Beginn fuhr ich immer allein mit dem Zug von Freiburg ins Neufeld in die Trainings. Ich spielte in der U16, U18 und zuletzt in der U21. Meine langjährigen Weggefährten sind Nico Maier und Joschua Neuenschwander, der jetzt eine neue Herausforderung sucht. Bei den Junioren verloren wir leider einige Finalspiele – aber als ich vor zwei Jahren erstmals der ersten Mannschaft angehörte, klappte es sogleich mit dem Titel.

NATI

Seit der U15 wurde ich immer wieder für Landesauswahlen aufgeboten, im letzten Jahr auch erstmals für die U21. Im März durfte ich mit dieser an der EM in Slowenien teilnehmen und kam in allen drei Spielen gegen England, Kroatien und Portugal zum Einsatz.

1. SPIEL

Das war ein Kurzeinsatz: In der 90. Minute wurde ich für Nicolas Moumi Ngamaleu eingewechselt und spielte erstmals in der Super League. Wir führten gegen den FCZ mit 2:0, weshalb ich vor der Einwechslung nicht so nervös war. Aber ich hatte sogar noch zwei Chancen für ein Tor.


15 Stichworte

1. TOR

Acht Monate später war es dann soweit. Es war ein Heimspiel vor über 25'000 Zuschauern gegen Neuchâtel Xamax. Ich kam zwölf Minuten vor Schluss für Christian Fassnacht ins Spiel. Zwei Minuten später gelang mir auf Pass von Marvin Spielmann das 4:1.

LIEBLINGSVEREIN

In meiner Kindheit schwankte ich immer zwischen Chelsea und Barcelona – weil mein Vater Fan der Londoner und mein Bruder der Katalanen ist. Auch heute sind mir beide Klubs sympathisch.

1. TRIKOT

Das war nicht von Barça oder Chelsea, sondern von Real Madrid. Mein Onkel, der in der spanischen Hauptstadt lebt, hat uns eines von Ruud van Nistelrooy mitgebracht. Zuerst waren mein Bruder und ich nicht so begeistert, aber dann hatten wir doch Freude daran.

«de Kuip» in Rotterdam das Beste. Die Fans waren sehr nah am Spielfeld und haben pausenlos Stimmung gemacht.

MUSIK

Ich höre sehr oft und gerne Musik. Rap, R’n’B oder auch Latin-Music. Bis zum Garderoben-DJ habe ich es noch nicht geschafft. Aber wenn Moumi wieder einmal zu spezielle Musik abspielt, schreite auch ich jeweils ein… (lacht)

MODE

Mich gut zu kleiden ist mir sicher wichtig. Vor allem im Ausland kaufe ich gerne Kleider ein, da es dort mehr Möglichkeiten gibt. In punkto Frisuren hatte ich dagegen zuletzt nicht mehr so Lust, oft etwas zu ändern. Den besten Kleider-Stil haben bei uns Christopher Martins sowie Ulisses Garcia. Und Fassnacht hat auch einen coolen Style – auch wenn er schon etwas älter ist ;-)

FUSSBALLSCHUHE

Meine ersten Fussballschuhe waren von Nike. Sie waren golden und aus der Fenomeno-Kollektion von Ronaldo. Ich war so glücklich, dass ich sie sogar zum Schlafen trug. Bis heute bin ich der Marke treu geblieben und sehr zufrieden.

VORBILD

Früher war ich ein Verehrer von Lionel Messi. Doch heute habe ich nicht mehr nur einen Spieler, zu dem ich hinaufschaue. Ich versuche, von jedem Spieler, der auf meiner Position spielt, irgendetwas mitzunehmen.

STADION

Die coolste Arena finde ich das Wembley-Stadion in London. Es wäre ein Traum, einmal dort spielen zu dürfen. Mit YB durfte ich aber auch schon in vielen tollen Stadien spielen. Amsterdam war sehr eindrücklich, aber leider hatte es keine Fans. Von der Atmosphäre her war das

TV

Im TV verfolge ich die grossen Fussball-Spiele. Oft schaue ich Netflix, aktuell sind bei mir gerade Manga-Serien hoch im Kurs.

PLAYSTATION

Bin ich allein, spiele ich öfters «Call of Duty». FIFA zocke ich meistens nur mit Kollegen. Sandro Lauper spielt zu oft und ist dementsprechend zu stark. Auch Ulisses Garcia ist gut. Aber ich denke, gleich dahinter komme ich.

SOCIAL MEDIA

Ich besitze einen Instagram-Account, benutze ihn aber nicht so häufig. Wenn, dann meistens für fussballerische Sachen. Sehr viel brauche ich aber Snap Chat, um mit meinen Freunden zu kommunizieren.

Etienne Güngerich


Schräge Fussballgeschichten

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Flinker Friedensflitzer

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Clevere Kurzmiete Auch in England haben Fussballfans zurzeit keine Möglichkeit, ihre Lieblinge live im Stadion anzufeuern. Eine handvoll Fans des englischen Viertligisten Cambridge United fand nun aber einen Ausweg. Die Brisbane Road, Stadion von Gegner Leyton Orient, hat in allen Ecken der vier Tribünen Appartmenthäuser. Einige dieser Wohnungen sind über Airbnb buchbar und so konnten die Fans, ganz legal, einen 4:2-Auswärtssieg bejubeln.

2

Überbewertete Spielpraxis Die Brora Rangers, schottischer Fünftligist, konnten wegen der Corona-Pandemie in der Saison 2020/21 – die erst am 28. November 2020 startete - gerade einmal drei Ligaspiele absolvieren, dann war virusbedingt wieder Schluss. 2021 gab es ein Cupspiel (Anfang Januar gewann man 2:1) und zehn Wochen Trainingspause. Zwei Wochen vor dem nächsten Cup-Spiel gegen den Tabellenführer der 2. Liga, Heart of Midlothian, durften die Amateurkicker immerhin wieder trainieren. Prompt setzten sie sich gegen den hohen Favoriten mit 2:1 durch.

4

Olmo García Guerrero demonstriert seit Jahren nackt für den Weltfrieden und gegen den Klimawandel. Allein 2020 wurde Guerrero deswegen 15 Mal festgenommen. Die Presse nennt ihn den «Nackten von Granada» und in seinem Heimatort versteckte er sich vor der EuropaLeague-Partie zwischen Granada und Manchester United 14 Stunden unter einer Plane. In der 6. Minute der Partie erzwang er einen kurzen Unterbruch und wurde danach abgeführt.

4

Zizou zigfach Ein anonymer Anhänger von Zinédine Zidane tut seit dem 15. März 2016 nur eins: jeden Tag postet er auf der Facebook-Seite: «La même photo de Zinédine Zidane» das, was der Titel verspricht. 40'000 Userinnen und User kriegen seitdem Tag für Tag das Porträt von Zizou in die Timeline gespült.

Zum runden Leder

Täglich Fussballgeschichten im Weblog zum runden Leder: blog.derbund.ch/zumrundenleder


Pedro Lenz trifft

«Bitte nicht gegen den Zesiger!» Cédric Zesiger ist gedanklich schnell. Das bringt sein Beruf mit sich. Als Innenverteidiger muss er ständig Entscheidungen fällen, die über Sieg oder Niederlage entscheiden können. Da bleibt oft keine Zeit zum Zögern. Aber der YB-Abwehrspieler bewegt sich nicht nur auf dem Spielfeld flink. Der Seeländer redet mit viel Flow. Seine Sätze sind cool wie Eisspray und klar wie Quellwasser. Zum Beispiel, wenn er über seine Einstellung spricht: «Ich arbeite daran, ein mühsamer Gegenspieler zu sein. In jedem Spiel will ich schon bei meiner ersten Aktion entschlossen bei der Sache sein. Mein Ziel ist es, dass jeder gegnerische Stürmer vor dem Match denken muss: “Oh nein, bitte nicht gegen den Zesiger! Das ist ein unangenehmer Gegenspieler!“ Gleichzeitig kann man mit jeder gelungenen Aktion der eigenen Mannschaft zeigen, “he Jungs, wir sind da!“» Cédric Zesiger, der in der Jugendabteilung von Neuchâtel Xamax geformt wurde und bei den Neuenburgern in den Profifussball einstieg, ist noch keine 23 Jahre alt und schon Cupsieger und zweifacher Schweizermeister. In seiner Fussballkarriere ging es meistens steil aufwärts. Mit 17 debütierte er in der Challenge League, mit 19 lief er beim Rekordmeister GC erstmals in der Super League auf und parallel dazu erhielt er von der U18 bis zur U21 regelmässig Aufgebote für die Nationalteams.

Als er jedoch vor zwei Jahren mit dem Grasshopper Club absteigen musste, lernte er auch die bittere Seite des Profisports kennen. Die Enttäuschung über den Abstieg war riesig. Doch der junge Defensivmann versucht heute auch aus jener Situation das Gute in Erinnerung zu behalten: «Die Zeit in Zürich hat mich reifen lassen. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, in einer Familie, die zusammenhält, da hatte ich viel Geborgenheit. Der Wechsel zu GC war deswegen ein Sprung ins kalte Wasser, erstmals weg von zuhause, erstmals selber haushalten. Man kann eigentlich sagen, dass ich als Bub zu den Zürchern ging und als ich drei Jahre später zu YB wechselte, kam ich als Mann zurück.» Dass er in seinen ersten beiden Saisons in Bern gleich 70 Spiele machen würde, hätte er selbst nicht gedacht. Vorgesehen war, dass Cédric Zesiger sich allmählich an die erste Mannschaft herantastet. Aber die Verletztenliste in der YB-Verteidigung verhalf ihm zu vielen Einsätzen und er konnte überzeugen. International bekam er seine mangelnde Routine vielleicht noch das eine oder andere Mal zu spüren. Besonders in der Qualifikation zur Champions League fühlte er sich phasenweise ein wenig überfordert. Aber Zesiger hat die Persönlichkeit und den Charakter, auch da sofort die positiven Seiten hervorzuheben: «Jedes internationale Spiel hat mich spielerisch und charakterlich enorm weitergebracht», betont er.


Cédric Zesiger

Pedro Lenz signierte 2015 für Cédric Zesiger sein Buch «Der Goalie bin ig». Zesiger spielte damals bei Xamax oft Aussenverteidiger. Pedro Lenz formulierte so: Ein Aussenback der Spitzenklasse.

Cédric Zesiger

Konnte sich bei YB durchsetzen: Der Seeländer Cédric Zesiger.


Pedro Lenz trifft

Gleichzeitig unterstreicht er, dass seine Entwicklung noch nicht abgeschlossen sei. Er sieht noch in verschiedenen Bereichen Luft nach oben: «Ich will immer besser werden und zwar als Person, als Teammitglied und als Spieler.» Zu diesem unbedingten Willen gehören für Zesiger Fortschritte im sportlichen Bereich, in der Mentalität und in der Persönlichkeit. Dazu zählt für ihn auch das Übernehmen von Verantwortung. Fragt man ihn, ob es denn nicht Aufgabe der älteren Spieler sei, auf dem Platz Verantwortung zu übernehmen, widerspricht er: «Das hat mit dem Alter nichts zu tun. In unserem Team kann jeder Spieler einem anderen etwas sagen. Das ist überhaupt kein Problem, so lange es konstruktiv ist und der Mannschaft dient. Als Verteidiger darf man auch einmal laut werden, weil man ja von hinten etwas sehen kann, das ein Mitspieler, der weiter vorne steht, vielleicht gar nicht mitbekommt. Und ja, selbstverständlich darf ich auch meinem Captain Fabian Lustenberger, der eine riesige Erfahrung aus der Bundesliga mitbringt, einmal zurufen, er soll da oder dorthin laufen. Auch er kann nicht alles sehen. Es geht darum, füreinander da zu sein.»

Ansporn. «Solche Spieler sind immer fokussiert. Die ganz grossen Innenverteidiger spielen praktisch nur Pässe, die ankommen, sie haben kaum Ballverluste, kaum Stellungsfehler und sie strahlen immer Ruhe aus.» Um selber einmal auf dieses Niveau zu kommen, scheut Zesiger keinen Aufwand: «Nach dem letzten Sieg gegen Basel habe ich den ganzen Match noch einmal auf Video geschaut, um zu sehen, wie ich die einzelnen Situationen gelöst habe und wo ich mich verbessern kann.» Zesiger, der zweisprachig aufgewachsen ist und neben Deutsch perfekt Französisch spricht, träumt hin und wieder auch einen englischsprachigen Traum. «Wenn du mich fragst, von welcher Liga ich träume, muss ich nicht lange überlegen: Ich liebe die Premier League. Von der Intensität her wird in England gegenwärtig der beste Fussball gespielt.» Und wer weiss, vielleicht klagen in ein paar Jahren auch die Premier-League-Stürmer: «Oh, please, nicht gegen Zesiger…!»

Wenn er über solche Themen spricht, hat man als Zuhörer den Eindruck, einem abgeklärten Routinier zuzuhören. Selbst von der Frage, ob ein Team wie YB nach vier Titeln in Folge nicht allmählich den Hunger verliere, lässt sich Cédric Zesiger nicht aus der Ruhe bringen. Der Wille zum Sieg habe kein bisschen nachgelassen. Die Niederlage im Cup gegen den FC St. Gallen etwa habe ihn und alle seine Mitspieler extrem geärgert. Er und seine Teamkameraden seien auf jedes Spiel heiss, egal wie der Gegner heisst. Diese Lust am Erfolg und am Spiel werde nicht kleiner, weil man schon das eine oder andere gewonnen habe, im Gegenteil. Der ganze Verein, von der Clubspitze, über den Trainerstaff bis zu den Spielern, sei sehr ambitioniert und wolle noch mehr Titel und noch mehr internationale Siege holen. Es sei sowieso die Hauptsache, immer den Fokus zu behalten, betont Zesiger. Wenn er zum Beispiel sehe, wie ein Sergio Ramos oder ein Virgil van Dijk in jedem Match konstante Leistungen abliefern, dann sei das für ihn ein

Corona-konformes Treffen: Cédric Zesiger und Pedro Lenz beim Videocall.


von 1939

Eines der wenigen Bilder, die im YB-Archiv vom Wiener Trainer Ferdinand Fritsch auffindbar sind: Es zeigt ihn – mit Anzug und Fliege – zusammen mit seiner Mannschaft im Sommer 1940. Stehend von links: Messerli (Spiko), Knecht, Blaser I, Gobet, Hänni, Terretaz, Liniger, Siegrist und Glur. Kniend: Cuany, Fritsch (Trainer), Minder, Blaser II, Zulliger, Stegmeier, Eggimann, Mario Mordasini.

Der Geschlechtsgenuss ist der natürlichste und hartnäckigste Gegner des Sports. Sport und Geschlechtslust bekämpfen einander im wahren Sinn des Wortes. Denn bei starker sportlicher Betätigung wird der Geschlechtstrieb in vielen Fällen überhaupt unterdrückt, in den meisten wesentlich eingeschränkt. Der Sport fordert: Möglichste Einschränkung und Regelung bei Erwachsenen, vollkommene Enthaltsamkeit bei noch wachsenden Körpern. So fördert er am sichersten die Gesundung der Nation. »

Fritsch hatte es in dieser Zeit übrigens nicht leicht. An einen geordneten Trainingsbetrieb war in den Kriegsjahren nicht zu denken. Oft sah er seine Spieler nur an den Matchtagen (wenn überhaupt), sie wurden von ihren Kommandanten gelegentlich für ihre Einsätze beurlaubt. Ob sie sich bei ihren Bern-Besuchen jeweils an die ‹gesundheitlichen Vorgaben› des Herrn Ferd. Fritsch hielten, ist nirgends verbürgt, aber eher unwahrscheinlich…

Charles Beuret


Wer trug die …?

Die legendäre Nummer 4 bei YB: Martin Weber beim Sieg im Meistercup gegen Real Madrid 1986.

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Nummer 4

Unsere 4er

Die Nummer 4 gehörte während 16 Jahren Martin Weber, dem Rekordspieler unseres Vereins. Er trug sie zwischen 1979 und 1995 in 578 YB-Pflichtspielen. Nimmt man alle Testspiele dazu, dann hat Weber wohl rund 650 Mal das gelbschwarze Trikot mit der Nummer 4 getragen. Die aktuelle Nummer 4 ist Mohamed Ali Camara. Der Innenverteidiger aus Guinea kam im Sommer 2018 zu YB und ist eine wichtige Teamstütze geworden. Nach einem tollen Start und starken Auftritten – insbesondere beim unvergessenen 2:1-Heimsieg in der Champions League gegen Juventus – fehlte Camara zwischen Frühling 2019 und Frühling 2020 den Young Boys wegen einer Schienbeinverletzung über ein Jahr. Beeindruckend, wie er sich danach wieder ins Team zurückgekämpft hat. Vor kurzem hat Camara seinen Vertrag bei YB bis 2024 verlängert.

Vor Camara liefen Marco Bürki (2017-2018), Milan Vilotic (2013-2016), Alain Nef (2010-2013) und Marc Schneider (2008-2010) mit dieser Rückennummer auf. Wie es sich für die 4 gehört: Es waren ausschliesslich Abwehrspieler. In den ersten drei Jahren im neuen Wankdorfstadion war der Brasilianer Tiago Calvano der YB-Abwehrchef, vor ihm während zwei Saisons im Neufeldstadion Ivan Knez (2003-2005). Unvergessen ist auch der Armenier Harutyun Vardanyan, mit dem die Young Boys vor 20 Jahren den Aufstieg in die Nationalliga A erreichten. Vardanyan spielte in seiner Anfangszeit bei YB auch ab und zu im defensiven Mittelfeld. Er trug zwischen 2000 und 2003 die gelb-schwarzen Farben, ein Jahr im alten Wankdorf, zwei Jahre im Neufeld. Weitere Nummern 4 waren Mario Casamento (1998-1999), Carlos Garcia (1997/98) und Adrian Aebi, der 1995 vom FC Grenchen zu YB kam und als Träger der Nummer 4 Martin Webers Nachfolger wurde.

Stefan Stauffiger


Das Museum erzählt

Der Star ist der «Kübel» Der Meisterpokal war drei Jahre der «eigentliche Star» im YB-Museum. Aus zwei Gründen: Erstens ist er eine formschöne, imposante und …sehr wertvolle Trophäe. Noch wichtiger aber ist Grund 2: Er ist der sichtbare Beweis, dass es YB nach 32 Jahren endlich wieder geschafft hat! YB ist wieder Schweizermeister, sogar in Serie. Bern ist stolz auf diesen Kübel - und man möchte ihn noch lange hier behalten.


Der Star ist der «Kübel»

Der aktuelle Meisterpokal, flankiert von den Exemplaren von 1911 (links) und 1959 (rechts).

Für fast alle, die unser Museum besuchen, ist das «Selfie» mit dem «Kübel» das grosse Highlight. Bernerinnen und Berner – ob jung oder alt - haben das 13 Kilogramm schwere (und mehrere Tausender teure) Schmuckstück in ihr Herz geschlossen. Der Pokal erinnert sie an vier unglaubliche Saisons, in denen es gelang, nach jahrelanger Dominanz des FC Basel in der nationalen Hierarchie den Spitzenplatz zu erobern. Und zwar nicht nur für eine Saison, sondern mittlerweile für vier Spielzeiten.

Als «wir» ihn 2020 zum dritten Mal in Serie gewannen, ging er leider nicht in unseren ewigen Besitz über. Der Pokal ist seit der Meisterschaft 2015 zu einem echten Wanderpreis geworden. Bei der Swiss Football League hatte man wohl auch aus finanziellen Überlegungen das Reglement abgeändert. Wenn ein Pokal nicht mehr von Club zu Club «wandert» – wie im Fall des achtfachen Titelgewinners FC Basel zwischen 2009 und 2017 – hätte man alle drei Jahre eine neue Trophäe schaffen müssen. Deshalb kann man den aktuellen Meisterpokal nicht mehr definitiv gewinnen – man kann aber alle Jahre an ihm seine grosse Freude haben, wie in Bern zum vierten Mal in Folge!


Das Museum erzählt

Glanzstück der Handwerkskunst Der Pokal sei ein Glanzstück der Handwerkskunst, schrieb die Swiss Football League 2015 bei der Vorstellung der Trophäe. Sämtliche Verarbeitungstechniken des Jahrhunderte alten Handwerks seien bei der Herstellung durch die Firma «Meister Silber AG» berücksichtigt worden. Der Pokal besteht aus Sterlingsilber 925 – nach seiner Fertigung in 920 Arbeitsstunden wurde er abschliessend mit Feingold komplett überzogen. Er ist 50 Zentimeter breit, 73 Zentimeter hoch und wie eingangs erwähnt 13 Kilogramm schwer. Am 25. Mai 2016 wurde die Trophäe erstmals überreicht – und zwar an den FC Basel. Sie ist das sechste (und aus geschilderten Gründen das letzte) Meisterexemplar, das von der Liga in Umlauf gesetzt worden ist. Die Meisterpokale 1 und 2 befinden sich für die Titel-Hattricks (19091911 und 1957-1959) im YB-Museum. Pokal Nummer 3 befindet sich im Besitz des FC Zürich (Meister 1974-76), GC sicherte sich die Auszeichnung Nummer 4 (1982-84). Den fünften Meisterpokal schliesslich erhielt der FC Basel am 29. Mai 2015. Und ja: Seit 2018 ist der prachtvolle «Kübel» im YB-Museum ausgestellt.

Klein, aber fein: Der Anglo-Cup ist einer der ältesten Pokale im YB-Museum.

Er ist hier natürlich die grosse Attraktion, aber es gibt – rein optisch – eine reiche Anzahl anderer imposanter Pokale: Platz 2 in den Ausmassen belegt der Obi-Cup, um den wenige Jahre nach Eröffnung des Stade de Suisse dreimal gespielt wurde. Die Sieger: 2007 Galatasaray Istanbul, 2008 YB, 2009 Schalke 04. Klein, aber oho, ist eine andere Trophäe: YB gewann den Anglo-Cup Anfang des letzten Jahrhunderts gleich dreimal in Serie – und konnte den Pokal somit 1912 definitiv behalten. Der Anglo-Cup (der Vorgänger-Wettbewerb des Schweizer Cups) wurde daraufhin abgeschafft – man hatte, so mutmassten ehemalige Club-Chronisten – für eine neue Trophäe kein Geld mehr…

Charles Beuret


Mannschaftsgalerie 1969/70

Stehend von links: Willy Allemann, Konrad Baumgartner, Peter Anderegg, Ueli Guggisberg, Willy Vögeli, Walter Eichenberger, Felix Ansermet, Hanspeter Schild, Jean-Claude Bruttin, Walter Müller, Albert Brülls. Kniend von links: Hans Bosshard, Kurt Meier, Walter «Killy» Widmer, Otto Messerli, Albert de Maddalena, Walter Lehmann, Toni Hug, Max Heer, Hans Rebmann, Charly Kvicinsky.

Mit Brülls und mehreren Legenden Nach den legendären Sing-Jahren hatten es die nachfolgenden YB-Trainer nicht leicht, an die grossen Erfolge anzuknüpfen. Im Sommer 1968 nahm man mit dem (ehemaligen) deutschen Nationalspieler Albert Brülls – als Spielertrainer – einen neuen Anlauf. Brülls hatte auf dem Chefposten Hans Merkle («Sandstein-Housi») abgelöst, an der Seitenlinie wurde er assistiert von René Häfeli.

heute noch für YB aktiv ist: Jean-Claude Bruttin amtet verlässlich als Steward bei jedem Heimspiel im Wankdorf. Auch Walter Eichenberger ist nach wie vor mit im Boot: Nach seinen 15 Goalie-Jahren war er Sportchef, Beirat und heute ist er Mitglied des Sounding Boards unseres Vereins. Auch die meisten anderen blieben mit YB verbunden: Man sieht sich (bzw. man sah sich vor der Pandemie) oft bei den Heimspielen im Wankdorf.

Die Mannschaft damals kam auf Rang 4 der Nationalliga A (14 Teams), Meister wurde der FC Basel mit Trainer Helmut Benthaus vor Lausanne und dem FC Zürich. Bemerkenswert die Torschützenliste: Hans-Otto Peters (FC Biel, später auch bei YB) wurde mit seinen 24 Goals vor Fritz Künzli (FCZ) und Walter «Wale» Müller (YB) Topskorer.

Ein Wort noch zu Albert Brülls: Der 169 Zentimeter grosse Flügelspieler stürmte 25-mal für Deutschland und stand an der WM 1966 im Team des damaligen VizeWeltmeisters. Nach seiner Berner Zeit wirkte er in Italien und zuletzt bei Borussia Mönchengladbach. Er verstarb am 28. März 2004 im Alter von 67 Jahren.

Auf dem Teambild der Folgesaison 1969/70 (5. Rang, Meister erneut Basel) entdecken wir einen Mann, der

Charles Beuret


Unvergessene Spieler

«Ich habe mich in YB verliebt» Gürkan Sermeter verbrachte sechseinhalb Jahre in Bern und nennt sie «die schönste Zeit meiner Karriere.» Der 47-Jährige, einst einer der Publikumslieblinge, lebt und arbeitet heute in Bellinzona.

Lange ist es her, ein Vierteljahrhundert schon, aber wie könnte Gürkan Sermeter vergessen, wie das damals bei YB gewesen ist? Er kann die Namen seiner Teamkollegen alle noch aufzählen, von Gerber und Baumann über Prytz und Neqrouz bis Lengen und Pulver. «Ich durfte damals als junger Spieler zeigen, was ich kann», sagt Gürkan Sermeter, «und ich habe mich in den Club verliebt.» Es ist im Februar 1996, als er GC-Manager Erich Vogel in dessen Büro kundtut, dass er sich mehr Einsätze wünscht. Und dass ihm diese Perspektive bei YB von Trainer Jean-Marie Conz geboten wird. Der 22-Jährige wird bis Sommer ausgeliehen und hinterlässt erste, tiefe Spuren. In zwölf Spielen der Abstiegsrunde gelingen ihm zehn Tore, der Ligaerhalt wird souverän geschafft, Sermeter geht wieder. Aber nicht gleich zu GC zurück, sondern für etwas mehr als zwei Jahre zu Luzern, bevor er doch nochmals für die Zürcher spielt.

Wankdorf, Neufeld, Stade de Suisse

Gürkan Sermeter spielte im Frühling 1996 und zwischen 2000 und 2006 für YB.

Im Sommer 2000 kehrt er nach Bern zurück, Fredy Bickel ist der Sportchef, Marco Schällibaum der Trainer - und YB in der Nationalliga B, daheim noch im altehrwürdigen Wankdorf. Nach einer Saison meldet sich der Verein zurück in der obersten Spielklasse, Sermeter hat sich zu einer Schlüsselfigur entwickelt. Was folgt, sind


Gürkan Sermeter

«die schönsten Jahre meiner Karriere», wie er selber sagt. YB verabschiedet sich aus dem Wankdorf, zieht ins Neufeld, trainiert in Schönbühl, als Garderoben dienen Container, und 2005 geht es zurück ins neugebaute Stade de Suisse. Sermeter erlebt das alles mit, dazu viele turbulente, aufwühlende Partien, in denen er oft trifft, Tore vorbereitet und Verantwortung übernimmt. Er denkt an den Dezember 2001, als in der letzten Qualifikationsrunde St. Gallen zu Gast ist. Läuft alles schief, rutscht YB in die Abstiegsrunde. In der 94. Minute ahndet Schiedsrichter Massimo Busacca ein Hands im Strafraum mit einem Penalty für die Einheimischen. Sermeter läuft an, sorgt für das 1:0 und für Glücksgefühle bei der Mehrheit der 10’500 Zuschauerinnen und Zuschauer. Und da ist dieser Cup-Viertelfinal im März 2003 gegen Basel. Dreimal trifft Sermeter, aber das reicht nicht fürs Weiterkommen: YB verliert diesen spektakulären Match 3:4 nach Verlängerung. «Es gab so viele Momente, die erwähnenswert wären», sagt er, «ich könnte damit Seiten füllen.»

Sermeter im letzten Spiel im Wankdorf II gegen den FC Lugano.

Jassrunden und Fahrgemeinschaft

Lebensmittelpunkt im Tessin

Sermeter identifiziert sich mit YB, das spüren die Fans, und sie schätzen das bis heute. Er, der Zürcher aus Wädenswil, gilt als ehrliche Haut, der mit Leidenschaft und Emotionen bei der Sache ist. Mehr als einmal, sagt er, hätte er die Möglichkeit gehabt, den Verein zu wechseln und deutlich mehr Geld zu verdienen. «Aber das, was wir in Bern aufgebaut hatten, war mir wichtiger als der Lohn», sagt er.

2006 endet seine Zeit bei YB mit 32 Jahren, er hat in den insgesamt sechseinhalb Jahren 211 Wettbewerbsspiele bestritten, 65 Treffer geschossen, 40 vorbereitet. 2012 tritt Sermeter nach 19 Jahren als Profi zurück, kommt danach unter anderem als Experte beim Schweizer Fernsehen zum Zug und steigt 2015 bei der Allianz Versicherung in Zürich-Oerlikon ein. Dem Unternehmen hält er bis heute als Verkaufsleiter die Treue, allerdings im Süden des Landes: Mit seiner Tessiner Partnerin und dem gemeinsamen Kind lebt Sermeter in Bellinzona.

Zum Wohlbefinden gehören unter anderem ausgiebige Jassrunden. Thomas Häberli und Stéphane Chapuisat wissen nicht nur mit dem Ball, sondern auch mit Karten umzugehen. Und zur Gewohnheit wird es, dass er, der aus familiären Gründen in Zürich lebt, Teil einer Fahrgemeinschaft wird: Mit Häberli, Mark Disler und auch Reto Burri fährt er regelmässig ab Rothrist AG nach Bern ins Training oder zum Spiel. «Eine überragende Zeit», sagt er, «auch wenn wir leider keinen Titel gewonnen haben.» Er schwärmt heute noch davon, Chapuisat als Teamkollegen gehabt zu haben, «ein absoluter Ausnahmekönner.» Oder er erwähnt Marco Wölfli, den Goalie, mit dem ihn ein freundschaftliches Verhältnis verbindet wie mit so vielen. «Ich habe mich in YB verliebt», sagt Sermeter.

Von dort verfolgt er das Geschehen mit Interesse - und natürlich freut er sich über die Erfolge von YB. «Es wurden die richtigen Schlüsse aus Fehlern der Vergangenheit gezogen», sagt er, «da wurde ein schlafender Riese geweckt.» Immer wieder gerne kehrt er nach Bern zurück, frischt mit Freunden Erinnerungen auf und fühlt sich rasch, als wäre er nicht schon vor Jahren weggegangen. Benötigen die Legenden bei den YB Old Stars Verstärkung, lädt ein Fanclub ihn ein - Sermeter ist dabei. «Wenn YB ruft, fahre ich los», sagt er. Diese Liebe wird nicht erlöschen. Zuletzt war er beim YB-TV im Rahmen des Spiels YB - Luzern mit anschliessender Pokalübergabe zu Gast.


YB-Frauen

Trainerwechsel:

Charles Grütter verlässt die YB-Frauen Bei den YB-Frauen wird auf die kommende Saison die Cheftrainer-Position neu besetzt werden. Der bisherige Cheftrainer Charles Grütter und die sportliche Führung der YB-Frauen haben sich entschlossen, den im Sommer auslaufenden Vertrag als Trainer des Women’s-Super-League-Teams nicht zu verlängern. Charles Grütter übernahm das Fanionteam der YB-Frauen nach dem unerwarteten Abgang von Julien Marendaz auf die Rückrunde der Saison 2019/20. Nachdem die letzte Saison abgebrochen worden war, führte Grütter das Team in dieser Saison wieder nahe an die Spitze heran.

Charles Grütter erreichte mit den YB-Frauen hinter Servette und Zürich den dritten Platz.

Das sagt Teamkollegin Leana Zaugg über Laura: «Laura ist neben wie auch auf dem Platz ein RiesenHerzensmensch. Ihr ist es wichtig, dass es allen gut geht, sie ist sehr fürsorglich und möchte es allen recht machen. Darum wäre es typisch Laura, wenn sie in der 92 Minute bei einer 2:1-Führung den Ball bei einem Einwurf im Joggen statt im Gehen holen geht, damit sie die Gegner nicht verärgert.»


Laura Frey

IM PORTRAIT:

LAURA

FREY

26 Position: Verteidigung Rückennummer: 26 Geburtsdatum: 22. Juni 2000 Bei YB seit: 2015 Nationalität: Schweiz Bisherige Clubs: FC Spiez, FC Thun

Du giltst als variabel einsetzbare Spielerin. Auf welcher Position fühlst Du dich am wohlsten? Nun spiele ich doch auch schon relativ lange auf der Aussenverteidigerposition und fühle mich dort wohl. Ich bin da eigentlich relativ flexibel und würde es aber auch nicht ausschliessen, wieder auf einer anderen Position zu spielen.

Was sind deine Stärken und Schwächen als Fussballerin? Als Stärke würde ich mein Tempodribbling mit dem Ball bezeichnen und meine Spielübersicht. Im Zweikampfverhalten sowie beim defensiven Stellungsspiel sehe ich sicherlich noch Verbesserungspotenzial.

Die YB-Frauen sind in dieser Saison näher an die Spitze herangerückt. Was sind die Gründe dafür? Ein Grund dafür sehe ich in unserem Teamzusammenhalt. Wir verstehen uns sehr gut untereinander, sei dies auf, aber auch neben dem Platz. Des Weiteren denke ich, dass unser breites Kader sowie unsere offensive Spielidee ebenfalls einen grossen Teil dazu beitragen.

Neben Fussball steht stets auch noch Deine Ausbildung auf dem Tagesprogramm. Was studierst Du und was sind deine beruflichen Pläne für die Zukunft? Im Herbst habe ich das Studium für Soziale Arbeit in Bern begonnen. Mein Ziel ist es, Menschen zu unterstützen und zu begleiten, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Ich könnte mir gut vorstellen, in einem Kinderund Jugendheim zu arbeiten oder in der Beratung tätig zu sein.

Woraus schöpfst Du Kraft, damit Du das alles unter einen Hut bringst? Wie bist Du zum Fussball gekommen und wie verlief dein Weg, bis Du zu YB gestossen bist? Der Fussball war schon immer ein Teil unserer Familie. Mein Vater spielte als Kind Fussball und auch mein älterer Bruder war im Fussballverein. Schon früh fand auch ich Gefallen daran. Ich startete beim FC Spiez und verbrachte dort siebeneinhalb Jahre. Mit zwölf Jahren bekam ich die Möglichkeit, zum FC Thun in die FE-12 zu wechseln. Nach zweieinhalb lehrreichen Jahren wechselte ich erstmals in eine Frauenmannschaft, in die U17 der YB-Frauen. Dort durchlief ich die weiteren Juniorinnenteams, bis ich vor zwei Jahren ins Kader der 1. Mannschaft aufgenommen wurde.

Ich bin extrem dankbar dafür, dass ich eine Familie habe, die mich sehr unterstützt. Zudem ist das Fussballtraining auch ein Ort, an dem ich Kraft schöpfe. Man vergisst den ganzen Alltag und ich schätze den Austausch mit meinen Mitspielerinnen sehr.

Mitte Juni geht es in die Sommerpause. Sind bereits Ferien gebucht und falls ja, wohin geht es? Bevor es in den Urlaub geht, stehen im Juni noch Semesterprüfungen des Studiums auf dem Programm. Anschliessend werde ich eine Woche Schulhaus putzen, um das Taschengeld aufzubessern. :) Gerne würde ich dann eine Woche am Meer verbringen, jedoch ist aufgrund der momentanen Lage noch nichts Konkretes geplant.


Fan-Story

Er lässt das alte Wankdorf auferstehen Mathias Vogt konstruiert ein 3D-Modell des alten Wankdorfs nach. Der Burgdorfer über seine Hürden beim Nachbilden, nostalgische Gefühle im Stadion und Fansupport aus der Ferne.

Die vier Scheinwerfer ragen hoch hinaus, hinten steht die allen Fans bekannte Uhr und am Rücken der Haupttribüne ist in gelber Schrift «B.S.C. Young Boys» geschrieben. Das 3D-Modell des alten Wankdorfstadions, das Mathias Vogt auf seinem Bildschirm in alle Richtungen drehen kann, weckt beim Betrachter sofort nostalgische Gefühle. «Fertig ist es noch lange nicht, man kann so viele Details nachbauen», sagt Mathias Vogt. So fehlen beispielsweise noch die Holzbänke auf der Tribüne, die Spielerbänke am Spielfeldrand oder der Spielertunnel. Er ist gelernter Polymechaniker und Konstrukteur, weshalb er sich mit dem CAD-Zeichnungsprogramm auskennt. Damit lässt er das alte Wankdorfstadion auferstehen, derzeit primär am Bildschirm. Seit Monaten – der Coronapandemie und der damit zusammenhängenden Kurzarbeit geschuldet – beschäftigt sich Mathias Vogt intensiv mit dem alten YB-Stadion. «Ich bin ein Nostalgiker und liebe den Charme alter Stadien», erzählt er begeistert. Als das Leben als Fussballfan noch einfacher war, ging er oft seinem Hobby Ein tolles Projekt: Miniatur-Stadionscheinwerfer als Tischlampe.


Das alte Wankdorf

Mathias Vogt zeigt sein 3D-Modell des alten Wankdorfstadions.

«Groundhopping» nach, er reiste in die unterschiedlichsten Städte in anderen Ländern, um dort Fussballspiele anzuschauen. Gerade in England gebe es in den unteren Ligen noch viele alte Stadien. Die Liebe zu YB fand er bereits in der Sekundarschule. Sein erster Match war zugleich der allererste, der im neuen Wankdorf (damals Stade de Suisse) angepfiffen wurde. Der heute 29-jährige Vogt besucht viele Auswärtspartien, folgt YB bis nach Kasachstan und sitzt bei den Heimspielen im Sektor D9. Er bezeichnet sich als Architektur-interessiert. Bedauerlicherweise war er selber nie im alten Wankdorf. Bei der Sprengung war er gerade zehn Jahre jung und verfolgte diese im TV mit. Viel wisse er aber nicht mehr davon. Umso spannender ist für ihn sein Hobby mit dem 3D-Modell. «Hier, unter der Haupttribüne, war mal eine Turnhalle drin, dort fanden unter anderem die Pressekonferenzen nach den YB-Spielen statt», erzählt er und zeigt auf die Fenster. Nebenan habe Walter Brönnimann

gewohnt, der zwischen 1953 und 1987 Platzwart war. Philipp Zinniker, der Fotograf, der damals die letzten Monate des Stadions begleitet hatte, machte Vogt auf einem seiner Schwarz-Weiss-Fotos auf ein altes Telefon aufmerksam. Damit habe früher ein Stadionmitarbeiter Treffer und Torschützen dem Teletext gemeldet. Auch dieses Telefon möchte Vogt dereinst nachbilden. Um ein 3D-Modell nachbauen zu können, braucht Mathias Vogt genaue Masse. Diese musste er lange suchen: Weder das YB-Museum mit Leiter Charles Beuret noch Fotograf Zinniker konnten ihm weiterhelfen. Seine Recherchen reichten bis nach Kaiserslautern, wo man wegen des «Wunders von Bern» vom alten Wankdorf sehr angetan ist. Der dortige Archivar wollte ihm Pläne verkaufen - ein Geschäft, das Mathias Vogt ausgeschlagen hat. Fündig wurde er im Stadtarchiv im Kirchenfeldquartier: Nicht nur die Baupläne, auch Quittungen von Essen (12 Kaffees und 15 Paare Wienerli) oder einen Kostenvoranschlag für eine Schneeräumung des Spielfeldes fand er. «Mit Handschuhen durfte ich die Pläne anfassen und sie


Fan-Story

Das eindrückliche Wankdorf II weckt nostalgische Gefühle.

abfotografieren.» Endlich hatte er Masse, um beispielsweise den Turm mit der historischen Uhr nachzubilden. Dieser ist einer der wenigen Bereiche des Original-Wankdorfs, welcher der Nachwelt noch erhalten geblieben ist und steht heute auf dem Quartierplatz. Auch ein Stadionmodell habe es mal gegeben, wie Vogt bei seinen Recherchen in Erfahrung brachte. «Weil damals alle einen Neuanfang wollten, ist leider vieles weggeworfen worden.» Da Mathias Vogt YB derzeit nicht im neuen Wankdorf unterstützen kann, lebt er sein Fantum mit der Arbeit an diesem Modell aus. Nicht alles bleibt digital am Computerbildschirm. So entstand aus dem 3D-Modell eine reale Bürotischlampe: Einen Miniatur-Stadionscheinwerfer hat er nachgebaut. «Die Arbeit mit dem Beton ist schwierig, da er beim Aushärten oft Risse bekommt», sagt er. Erfahrung mit Licht bringt er aus seinem Beruf mit, er ist in der Leuchten-Branche tätig und wollte schon lange selber ein Produkt kreieren. Der zweite Versuch ist nun gelungen und das Resultat steht neben seinem Computer auf dem Pult. Originalgetreu mit den 35 Leuchtdioden, die jeweils zwei Drähte haben, die er einzeln verlötete. «Und dimmbar sind sie ebenfalls», sagt Vogt nicht ohne Stolz. Diese Lampe aus einem anderen Material zu fertigen, nur

um die Probleme beim Nachbau zu vermeiden, kommt für ihn nicht in Frage. «Eine Serienproduktion davon ist deshalb wohl unmöglich, obwohl ich diverse Interessenten im Kollegenkreis hätte», sagt er. Daher sucht er Spezialisten, die sich mit Beton auskennen und ihm Tipps geben können. Hilfe beim Projekt bekam er von seinem Vater, der gerade pensioniert wurde. Für Vater und Sohn sei dies ein willkommenes Projekt gewesen. Seit Mai 2020 zeigt Mathias Vogt auf Instagram unter dem Namen Stadion Wankdorf 3D seine Fortschritte am Modell. Dass dieses dereinst mal Realität werden wird, ist ihm indes gar nicht so wichtig. «Ich mag eher Dinge, die man benutzen kann, so wie die Bürotischlampe», sagt der Burgdorfer. Mit einem Kollegen hat er den Gedanken weitergesponnen, wenn das Modell doch mal real werden sollte. Dann würde er richtigen Rasen ansähen und eine Rasse von Mini-Schafen züchten, die als Bio-Rasenmäher dienen würden. Bevor es so weit ist, wird er aber hoffentlich auf seinem Platz im Sektor D9 sitzen und sich am Live-Fussball erfreuen.

Claudia Salzmann


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