THEMEN DER ZEIT
In Bezug auf den Betroffenen (den
„Regulierenden“) bedeutet dies, dass
Heilung möglich erscheint und sich
innerhalb des intentionalen Wahrnehmungs- und Wahrscheinlichkeitsfensters befindet. Rituale wiederum
sind Kontexte. Und jene sind besonders häufig – kulturell, aber auch situativ – positiv besetzt. Das gilt auch
für „Glücksbringer“ und vergleichbare Zeichen: Hier werden positive
Konditionierungen zu einer Art
Selbstversicherung, um dann – im
günstigen Fall – in eine positive
Selbstwirksamkeit (oder eine Erwartung davon) umzuschlagen. Als „Katalysator“ dieses Prozesses können
die Rituale oder Techniken selbst dienen oder aber die angekoppelten Vorstellungen und inneren Bilder, die ihrerseits an die originären Kontexte
gebunden sind. Solche „Katalysatoren“ können dem unmittelbaren Gefühl der Verbundenheit dienen (mit
einer Person, die es „gut“ meint, einem Ort, Wunsch etc.), was es eventuell leichter macht, sich „einzulassen“ und „einzustimmen“. Der Kreis
schließt sich: Man erlebt sich selbst
tatsächlich als „wirksam“ (14).
Angewandter Placeboeffekt
In diesem Sinne können wir Heilungsrituale heute auch als praktischen Anker jener (neuro-)biologischen und psychomentalen Zusammenhänge verstehen (15) und die
Mind-Body-Medizin als „angewandten Placeboeffekt“, die Selbstheilung als eine Art „Placebo-Medizin“ (16). In jedem Fall aber scheinen die geschilderten Phänomene
rund um die Selbstregulation nach
wie vor von hoher Relevanz für
die Medizin zu sein – in Forschung,
Selbstverständnis und Anwendung
(17). Es bleibt also interessant.
█
Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2014; 111(50): A 2214–20
Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. med. Tobias Esch
Harvard Medical School
Division of General Medicine and Primary Care
Beth Israel Deaconess Medical Center
Boston (USA),
Bereich Integrative Gesundheitsförderung
Hochschule Coburg
@
Literatur im Internet
www.aerzteblatt.de/5014
oder über QR-Code
A 2220
GLOSSE
Dr. med. Wolfgang B. Lindemann, Elsaß
ausärzte müssen Sachen können, von denen man an Universität und Krankenhaus wenig hört.
Buchführung und Steuerrecht beispielsweise, aber vor allem müssen
sie mit dem Computer klarkommen. In
Frankreich, wo ich praktiziere, arbeiten
vielleicht 15 Prozent der Arztpraxen
noch mit Papierakten, ohne Arztinformationssystem. Da schaut man noch
auf den Patienten, statt auf Tastatur
und Bildschirm, und muss, etwa als
Praxisvertreter, nicht gleich mit einem
H
vernünftige Aufwand-Nutzen-Relation
eindeutig belegt werden. Das liegt ja
auch am „Alarm-Overkill“. Aber es
spart eindeutig Zeit und Energie, Musterrezepte und Musterdosierungen im
Programm vorzuhalten, statt bei jedem
Patienten das Rezept neu zu schreiben. 55 Prozent haben keine Musterrezepte erstellt (ich gehörte zu den
zwei Prozent, die mehr als 50 Musterrezepte erstellt hatten), und weitere
50 Prozent keine Musterdosierungen.
Ich auch nicht, und ich weiß auch wa-
PRAXISVERWALTUNGSSOFTWARE
Im Minimalbetrieb
komplexen Praxisprogramm zurechtkommen. Einerseits.
Andererseits können die Ärzte häufig ihre Software nicht richtig bedienen
und die Vorteile der IT nutzen. So gibt
es seit Herbst 2013 im Rahmen des
französischen Fortbildungswesens erstmals Schulungen für Praxissoftware.
Diese Schulungen sind gratis (die Finanzierung erfolgt durch einen Fonds
der Krankenkassen) und dauern einen
Tag. Mit einem Fragebogen habe ich bei
121 Ärzten, die die Software Axisanté
(Compugroup) einsetzen, evaluiert, welche Funktionen wie genutzt werden und
welche Faktoren eine bessere (Aus)nutzung der Praxissoftware beeinflussen.
Nur zehn Prozent der Ärzte erfassen Vorerkrankungen „fast immer“
strukturiert, bei Allergien sind dies 24
Prozent. 22 Prozent geben Vorerkrankungen beziehungsweise Allergien
„überwiegend“ strukturiert ein, die anderen selten oder nie. Nur die strukturierte Erfassung ermöglicht bei Verschreibungen Warnhinweise, aber
selbst bei solchen der höchsten Stufe
reagieren 33 Prozent selten oder nie.
Dabei erhalten Ärzte von der Krankenkasse sogar eine jährliche Prämie von
350 Euro, wenn ihre Praxissoftware zu
solchen Warnhinweisen fähig ist.
Sicher, bisher konnten weder der
reale Nutzen geschweige denn eine
rum: Mir wuchsen die vielen Aufgaben
in der eigenen Praxis ohnehin über
den Kopf, und da wurde beim Computer erstmal auf „Minimalbetrieb“ geschaltet (was mir viel zusätzliche Arbeit machte).
Die Ärzte benutzten das Programm
durchschnittlich seit acht Jahren, aber
nur zwei Prozent meinen, es „sehr
gut“ zu kennen, 14 Prozent „gut“, dagegen je 42 Prozent „wenig“ oder
„genügend“. Wie auch: 71 Prozent haben noch nie an irgendeiner Schulung
teilgenommen. Man stellt dem Arzt ein
leistungsfähiges, aber hochkomplexes
Werkzeug auf den Schreibtisch („hier
wird eingeschaltet“) und überlässt beide ihrem Schicksal. Das kann nicht
weit führen, zum Schaden von Patient
wie Arzt.
Ein Lichtblick ist, dass Ärzte das
Programm nicht schlechter als Ärztinnen nutzen (oder umgekehrt), und sich
auch ältere oder beruflich stärker belastete Ärzte hierin nicht unterscheiden. Dagegen kommt mit dem Programm interessanterweise besser zurecht, wer Leitlinien benutzt. Je länger
Ärzte die Praxissoftware nutzen, desto
besser nutzen sie sie. Da man einen
ausbildenden Effekt der Nutzung an
sich annehmen kann, rechtfertigen
sich entsprechende Fortbildungen,
man kann eben doch Vieles lernen.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 50 | 12. Dezember 2014
http://www.aerzteblatt.de/archiv/165593/Praxisverwaltungssoftware-Im-Minimalbetrieb?s=wolfgang+lindemann
Logiciels médicaux: Service minimum
Les médecins de famille doivent se familiariser dans des domaines dont on parle peu à l'université
ou à l'hôpital. Comptabilité et fiscalité par exemple, mais, surtout apprendre à se débrouiller
avec l'ordinateur.
Dans 15% des cabinets médicaux en France où j'exerce, les médecins utilisent encore des dossiers
en papier sans logiciel médical. Ainsi, le docteur peut regarder le patient, au lieu de se focaliser
sur son clavier et son écran; et le remplaçant ne s'énervera pas après un logiciel sophistiqué. D’un
coté.
De l’autre coté : Souvent, les médecins ne savent pas utiliser correctement leurs logiciels, et
exploiter totalement leur ordinateur. Depuis l'automne 2013, et pour la première fois, des
formations à ces logiciels sont prévues dans le cadre de "La Formation Médicale Continue"
existante. Ces formations sont gratuites (elles sont prises en charge par un fond commun de la
Sécurité Sociale) et sont d'une durée d'une journée.
En faisant passer un questionnaire lors de ces formations, j'ai évalué auprès de 121 médecins
usagers du logiciel Axisanté 5 (Compugroup), quelles fonctionnalités sont utilisées, et quels
facteurs peuvent favoriser ou empêcher un meilleur usage du logiciel médical.
Seulement 10% des médecins saisissent les antécédents "presque toujours" en mode structuré.
Pour les allergies, ce pourcentage est de 24%. 22% saisissent les antécédents ou les allergies
"majoritairement" en mode structuré; les autres, "rarement" ou "jamais".
Seulement le mode structuré permet la création des alertes lors de la prescription. Mais 33%
des médecins réagissent "rarement" ou "jamais" aux alertes du niveau le plus haut.
Malgré le fait que les médecins touchent une prime de 350.-€ si leur logiciel est apte à ce type
d'alerte.
Certes, jusqu'à maintenant, ni leur bénéfice, ni une relation bénéfice / coût approprié n' été
clairement démontré. La raison est, partiellement, la surabondance des alertes. Mais on gagne
clairement du temps et de l'énergie en ayant des ordonnances modèles et des posologies modèles
au lieu de créer une ordonnance de zéro pour chaque patient. 55% des médecins n'ont pas créé
d'ordonnance modèle (je faisais partie des 2% qui avait créé plus de 50 ordonnances modèles et
50% de posologies modèles) et 50% pas de posologies modèle. Moi non plus, et je ne sais
pourquoi, toutes les nouvelles tâches associées à la création d'un cabinet me dépassaient déjà
assez, donc pour l'ordinateur, c'était le "service minimum".
Les médecins utilisent le logiciel en moyenne depuis 8 ans; mais seulement 2% estiment le
connaître "très bien"; 14% "bien"; mais 42% le connaissent "suffisamment" ou "peu". Comment
cela pourrait-il en être autrement, puisque 71% n'avaient jamais participé à une formation
quelconque. On pose un outil puissant, mais très complexe sur le bureau du médecin, ("on allume
ici"), et on le livre à son propre sort.. Ainsi, on n'ira pas très loin, et cela à la dépense du patient et
du médecin.
Lueur d'espoir : des médecins "hommes" n'utilisent pas moins bien le logiciel que les médecins
"femmes", et (inversement) ainsi que des médecins plus âgés ou, ayant une patientèle plus
importante. Curieusement, ceux qui utilisent des guides de bonne pratique et des
recommandations, se débrouillent mieux avec le logiciel. Plus longtemps on utilise Axisanté 5,
mieux on utilisera ses fonctionnalités. Puisqu'on peut postuler un effet formateur de l'utilisation
en soi, on trouve une justification pour des formations.
Beaucoup de choses s'apprennent !!!
Wolfgang B. Lindemann
Mes Publications Meine Publikationen: www.academia.edu "Wolfgang Lindemann"