Zusammenfassung
Tacitus verfasste seine ethnographische Schrift Germania vornehmlich als literarischen Text, der durch die neueren archaologischen Forschungen im antiken Siedlungsgebiet der Germanen zunehmend in Frage gestellt wird. Dies gilt insbesondere fur den Bereich der Religion: Hier beschrankt sich Tacitus auf Informationen zu germanischen Gottern und Kulten, die als Kontrast zur romischen religio fungieren und fur das romische Lesepublikum emotional aufgeladen, befremdlich oder schaudererregend erscheinen. Zugleich liegt ein Schwerpunkt der Darstellung auf Gottheiten, die im Rahmen der interpretatio Romana auch an romische Verhaltnisse anschlussfahig erscheinen. Im Ganzen ergibt sich durch die Religion ein Bild von den Germanen, das deren kulturelle Unterlegenheit gegenuber Rom zu erweisen sucht und moglicherweise als impliziter Auftrag an Trajan verstanden werden kann, sich starker militarisch in Germanien zu engagieren.