„Bankrott“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Wowo2008 (Diskussion | Beiträge)
Wowo2008 (Diskussion | Beiträge)
Zeile 24: Zeile 24:


== Staatsbankrott ==
== Staatsbankrott ==
Der Begriff [[Staatsbankrott]] ist in Deutschland kein [[Rechtsbegriff]];<ref>[http://books.google.de/books?id=30bWnCbQiJEC&pg=PA561&lpg=PA561&dq=Ulf+Gundlach+die+regelung+des+%C2%A7+12&source=bl&ots=sfwf4hR0J6&sig=pARFjwzp6HOMY_DOnc1CsiYQDdU&hl=de&sa=X&ei=AiHUUOCGGvCN4gSNkoHgBQ&ved=0CEsQ6AEwAzgK#v=snippet&q=staatsbankrott&f=false Kai von Lewinski, ''Öffentlich-rechtliche Insolvenz und Staatsbankrott'', 2011, S. 18]</ref> Staatsbankrott bedeutet in der Literatur vielfach die Nichterfüllung finanzieller Verpflichtungen eines Staates. Für das [[Bundesverfassungsgericht]] war ein Staatsbankrott das „Missverhältnis zwischen dem Leistungsvermögen und den Passiven“.<ref>BVerfGE 19, 150, 159</ref> Es gibt weder ein normiertes Verfahren noch anerkannte Indikatoren, aus denen eine staatliche Zahlungsunfähigkeit abgeleitet werden kann.<ref>Kai von Lewinski , a.a.O., S. 21</ref> Seit dem zweiten Weltkrieg hat es in Deutschland – soweit ersichtlich – keinen Fall einer Zahlungsunfähigkeit einer [[Juristische Person des öffentlichen Rechts|juristischen Person des öffentlichen Rechts]] gegeben.<ref>Kai von Lewinski, a.a.O., S. 56</ref>
Der Begriff [[Staatsbankrott]] ist in Deutschland kein [[Rechtsbegriff]];<ref>[http://books.google.de/books?id=30bWnCbQiJEC&pg=PA561&lpg=PA561&dq=Ulf+Gundlach+die+regelung+des+%C2%A7+12&source=bl&ots=sfwf4hR0J6&sig=pARFjwzp6HOMY_DOnc1CsiYQDdU&hl=de&sa=X&ei=AiHUUOCGGvCN4gSNkoHgBQ&ved=0CEsQ6AEwAzgK#v=snippet&q=staatsbankrott&f=false Kai von Lewinski, ''Öffentlich-rechtliche Insolvenz und Staatsbankrott'', 2011, S. 18]</ref> Staatsbankrott bedeutet in der Literatur vielfach die Nichterfüllung finanzieller Verpflichtungen eines Staates. Für das [[Bundesverfassungsgericht]] war ein Staatsbankrott das „Missverhältnis zwischen dem Leistungsvermögen und den Passiven“.<ref>BVerfGE 19, 150, 159</ref> Es gibt weder ein normiertes Verfahren noch anerkannte Indikatoren, aus denen eine staatliche Zahlungsunfähigkeit abgeleitet werden kann.<ref>Kai von Lewinski, a.a.O., S. 21</ref> Seit dem zweiten Weltkrieg hat es in Deutschland – soweit ersichtlich – keinen Fall einer Zahlungsunfähigkeit einer [[Juristische Person des öffentlichen Rechts|juristischen Person des öffentlichen Rechts]] gegeben.<ref>Kai von Lewinski, a.a.O., S. 56</ref>


Staatsbankrott war und ist international ein in der Realität häufig anzutreffender Vorgang. Staatliche Zahlungsunfähigkeit ist in den letzten 200 Jahren in rund 90 Fällen erklärt worden. Auch in Europa haben sich Staaten - einige gar mehrfach - außerstande erklärt, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Der [[IWF]] versuchte seit November 2001 im Rahmen seines ''Sovereign Debt Restructuring Mechanism'' die Grundstrukturen eines staatlichen Insolvenzrechts zu entwickeln. Im April 2003 zeigte sich jedoch, dass derartige formelle Krisenlösungskonzepte bei einer Vielzahl wichtiger Mitgliedsstaaten des IWF keine hinreichende politische Unterstützung fanden.<ref>[http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Geschaeftsberichte/2003_geschaeftsbericht.pdf?__blob=publicationFile Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 2003, S. 110 f.]</ref>
Staatsbankrott war und ist international ein in der Realität häufig anzutreffender Vorgang. Staatliche Zahlungsunfähigkeit ist in den letzten 200 Jahren in rund 90 Fällen erklärt worden. Auch in Europa haben sich Staaten - einige gar mehrfach - außerstande erklärt, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Der [[IWF]] versuchte seit November 2001 im Rahmen seines ''Sovereign Debt Restructuring Mechanism'' die Grundstrukturen eines staatlichen Insolvenzrechts zu entwickeln. Im April 2003 zeigte sich jedoch, dass derartige formelle Krisenlösungskonzepte bei einer Vielzahl wichtiger Mitgliedsstaaten des IWF keine hinreichende politische Unterstützung fanden.<ref>[http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Geschaeftsberichte/2003_geschaeftsbericht.pdf?__blob=publicationFile Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 2003, S. 110 f.]</ref>

Version vom 17. Mai 2013, 16:23 Uhr

Unter Bankrott (ital. „banca rotta“, zerschlagener Tisch) versteht man umgangssprachlich die Insolvenz und insbesondere die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners.

Allgemeines

Italienische Geldwechsler der Renaissance haben auf Tischen (das italienische „banco“ kann ein Ladentisch oder eine Werkbank sein) ihre Dienste angeboten. Konnte ein Geldwechsler seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen, wurde sein Tisch zerstört. Es ging also bereits früher in Italien darum, dass finanziell angeschlagene Schuldner ihre Existenz gefährdeten. Heute umfasst in Italien der Begriff ein die Gläubiger schädigendes Verhalten.[1] Der Bankrott ist seit März 1942 im italienischen „Legge fallimentare“ (Art. 216, 217) erwähnt.

Deutschland

Im Jahre 1457 scheint der Begriff erstmals in Hamburg aufgetaucht zu sein: „Bankeruth spoelen oft meer kopen dan sy betalen kunnen.“[2] Der Entwurf eines „peinlichen Gesetzbuchs für die kurpfalzbaierischen Staaten“ sah bereits im Jahre 1802 vor, dass, „wer durch muthwilligen Bankerut seinen Gläubigern einen Schaden zufügt“, als Strafe ins Arbeitshaus oder Zuchthaus kommen sollte.[3] Das war der Vorläufer des heutigen betrügerischen Bankrotts.

Der Begriff Bankrott findet sich heute nur im deutschen Strafrecht (§§ 283 deutsches Strafgesetzbuch § 283a StGB) und gehört zu den Insolvenzdelikten. Hier werden einige im Gesetz erwähnten vorsätzlichen Tatbestandsmerkmale im Bereich der betrügerischen Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit mit Strafandrohung belegt. Die im Gesetz abschließend aufgezählten Tathandlungen müssen während einer Unternehmenskrise begangen werden oder eine solche Krise kausal mit herbeiführen.[4] Es handelt sich überwiegend um abstrakte Gefährdungsdelikte, so dass eine konkrete Gefährdung einzelner oder aller Gläubiger nicht vorausgesetzt wird.[5] Für die Auslegung der „wirtschaftlichen Krise“ bieten die Legaldefinitionen der Insolvenzordnung eine erste und gewichtige Orientierung.[6] Bis auf diese wenigen strafrechtlichen Tatbestände verwendet der Gesetzgeber in Deutschland seit Januar 1999 für Konkurs oder Vergleich den Begriff Insolvenz. Seitdem wird der Bankrott einer Privatperson als Privatinsolvenz behandelt.

Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

  1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
  2. in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
  3. Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
  4. Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
  5. Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
  6. Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
  7. entgegen dem Handelsrecht
    1. Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
    2. es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
  8. in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

Der Versuch dieses Vergehens ist ebenfalls strafbar. Die Tat setzt grundsätzlich Vorsatz voraus, Eventualvorsatz genügt. Doch auch bestimmte Fälle der fahrlässigen Handlungen und der fahrlässigen Erfolgsverursachung sind nach § 283 Abs. 4 und 5 StGB strafbar, allerdings mit geringerer Strafe bedroht. Objektive Bedingung der Strafbarkeit ist, dass das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist oder der Täter seine Zahlungen eingestellt hat.

Staatsbankrott

Der Begriff Staatsbankrott ist in Deutschland kein Rechtsbegriff;[7] Staatsbankrott bedeutet in der Literatur vielfach die Nichterfüllung finanzieller Verpflichtungen eines Staates. Für das Bundesverfassungsgericht war ein Staatsbankrott das „Missverhältnis zwischen dem Leistungsvermögen und den Passiven“.[8] Es gibt weder ein normiertes Verfahren noch anerkannte Indikatoren, aus denen eine staatliche Zahlungsunfähigkeit abgeleitet werden kann.[9] Seit dem zweiten Weltkrieg hat es in Deutschland – soweit ersichtlich – keinen Fall einer Zahlungsunfähigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegeben.[10]

Staatsbankrott war und ist international ein in der Realität häufig anzutreffender Vorgang. Staatliche Zahlungsunfähigkeit ist in den letzten 200 Jahren in rund 90 Fällen erklärt worden. Auch in Europa haben sich Staaten - einige gar mehrfach - außerstande erklärt, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Der IWF versuchte seit November 2001 im Rahmen seines Sovereign Debt Restructuring Mechanism die Grundstrukturen eines staatlichen Insolvenzrechts zu entwickeln. Im April 2003 zeigte sich jedoch, dass derartige formelle Krisenlösungskonzepte bei einer Vielzahl wichtiger Mitgliedsstaaten des IWF keine hinreichende politische Unterstützung fanden.[11]

Andere Staaten

In der Schweiz gibt es seit April 1889 ein – mehrfach geändertes - Gesetz über Schuldbetreibungs- und Konkursrecht,[12] in Österreich regelt eine Konkursordnung[13] das Verfahren (siehe auch Kridadelikt).

In Großbritannien gibt es den Insolvency Act aus 1986, der zwischen Kapitalgesellschaften („insolvency“) und Personengesellschaften und natürlichen Personen („bankruptcy“) unterscheidet. In den USA wird allerdings gesetzestechnisch immer von „bankruptcy“ gesprochen. Der Bankruptcy Act of 1898 („Nelson Act“ vom 1. Juli 1898, ch. 541, 30 Stat. 544) war das erste Gesetz, das das Konkursverfahren in den USA regelte. Es wurde durch den Bankruptcy Reform Act of 1978 (95–598, 92 Stat. 2549 vom 6. November 1978) ersetzt.

Siehe auch

  • Neben Bankrott kommt in Deutschland als weitere Straftat im Zusammenhang mit Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung von Unternehmen auch die Insolvenzverschleppung in Betracht.

Einzelnachweise

  1. Gabriella Caiazza, Sprachfallen in Italienisch, 1999, S. 35
  2. Hans Schulz (Hrsg.), Deutsches Fremdwörterbuch, 1997, S. 108
  3. Gallus Aloys Kaspar Kleinschrod, Entwurf eines peinlichen Gesetzbuchs für die kurpfalzbaierischen Staaten, 1802, S. 195
  4. Jörg Eisele, Strafrecht: Eigentumsdelikte, Vermögensdelikte und Urkundendelikte, 2009, S. 320
  5. Johannes Wessels, Strafrecht Besonderer Teil: 2, Straftaten gegen Vermögenswerte, 2009, S. 246
  6. Johannes Wessels, a.a.O., S. 247
  7. Kai von Lewinski, Öffentlich-rechtliche Insolvenz und Staatsbankrott, 2011, S. 18
  8. BVerfGE 19, 150, 159
  9. Kai von Lewinski, a.a.O., S. 21
  10. Kai von Lewinski, a.a.O., S. 56
  11. Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 2003, S. 110 f.
  12. Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs
  13. Konkursordnung für Österreich


Vorlage:Link FA