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Stiftung Warentest Depressionen: Wie wir sie erkennen – und was wirklich helfen kann

Depressionen sind mittlerweile zur Volkskrankheit geworden
Depressionen sind mittlerweile zur Volkskrankheit geworden
© Javi Sanz / Getty Images
Jedes Jahr erkranken circa 15 Prozent der Menschen an einer Depression – Tendenz steigend. Die Stiftung Warentest zeigt in einem neuen Ratgeber, wie man eine Depression erkennt – und was Betroffenen wirklich hilft. 

Es gibt so Tage, an denen erscheint einem das Leben einfach schwer zu verkraften, die Probleme fühlen sich auf einmal überwältigend an und man möchte sich am liebsten unter der Bettdecke vergraben, statt euphorisch in den Tag zu starten. Jeder hat Tage wie diese, meistens sieht die Welt am nächsten Morgen schon wieder anders aus. Manchmal aber werden aus dem einen Tag mehrere, bis sich die Niedergeschlagenheit über Wochen in das Leben einschleicht und einem die Freude an Hobbys und zwischenmenschlichen Begegnungen immer mehr vermiest. Nicht selten lautet die Diagnose dann: Depression

Laut der Deutschen Depressionshilfe erkrankt jeder 5. bis 6. Mensch im Laufe seines Lebens mindestens einmal an einer depressiven Episode. Und spätestens seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie vor einigen Jahren steigt auch die Präsenz der psychischen Erkrankung in der Öffentlichkeit. Trotzdem erkennen viele Betroffene erst spät, dass sie sich selbst in einer depressiven Phase befinden. Die Gründe dafür sind vielfältig, vor allem aber liegt das an dem individuellen Erscheinungsbild der Krankheit. Wer zwei Wochen lang an den entsprechenden Symptomen leidet, der sollte sich an einen Arzt wenden – nur sind die Anzeichen oft gar nicht so deutlich, wie man vielleicht denken könnte. 

Neben den zwei Kernsymptomen Niedergeschlagenheit und Interessenverlust gibt es eine ganze Bandbreite von möglichen Anzeichen für eine depressive Episode. So kann es zum Beispiel zu einer Antriebsminderung kommen, aber genauso zu einer Antriebssteigerung. Manche der Betroffenen leiden unter Suizidgedanken, Hoffnungslosigkeit und Konzentrationsproblemen, andere wiederum nicht. Mal führt eine Depression zur Appetitlosigkeit, mal zu verstärktem Hunger. Auch Schlafprobleme, Müdigkeit und unangemessene Schuldgefühle sind mögliche Symptome für eine Depression, genauso wie körperliche Erscheinungen wie Schmerzen, Schwindel oder Atemnot. 

Das Chamäleon der psychischen Erkrankungen

Die Depression ist ein echtes Chamäleon unter den psychischen Störungen. Umso wichtiger ist es, die Warnzeichen früh zu erkennen, um dem drohenden Tief frühstmöglich entgegenwirken zu können. Die Stiftung Warentest hat deshalb nun einen neuen Ratgeber zum Thema Depressionen veröffentlicht. Darin klären die Autorinnen Jana Christina Müller-Flechtenmacher, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Mirjam Weinstein-Riechmann, Psychologische Psychotherapeutin, ausführlich über die Erkrankung auf. 

Neben den prägenden Symptomen, möglichen Ursachen und Risikofaktoren sowie Therapiemöglichkeiten geben die beiden Psychologinnen im Ratgeber auch konkrete Tipps, was Betroffene selbst machen können, wenn sie sich in einer akuten depressiven Episode befinden. Während es demnach manchmal hilft, die eigenen Lebensumstände zu überdenken – etwa den belastenden Job zu wechseln oder sich von einem toxischen Partner zu trennen, braucht es manchmal etwas mehr Fürsorge. So empfehlen die beiden Expertinnen, bei anhaltenden Symptomen das Gespräch mit dem Hausarzt zu suchen. Wer Suizidgedanken hat, der kann sich unterdessen direkt an einen Psychiater wenden. 

Die teilweise lange Wartezeit auf einen Therapieplatz könne man mit Selbstfürsorge und Online-Apps wie "HelloBetter" oder "Selfapy" überbrücken. Diese geben eine erste Hilfestellung bei alltäglichen Problemen und können helfen, wieder mehr Struktur in den Alltag zu bringen. Auch Selbsthilfegruppen sind laut den Psychologinnen eine gute Anlaufstelle für Betroffene – der Austausch mit Gleichgesinnten bietet neue Perspektiven auf den Umgang mit der Erkrankung und kann heilsam sein.

Antidepressiva oder Hilfe zur Selbsthilfe?

Manchmal verschreibt der Hausarzt Betroffenen außerdem Antidepressiva. Viele Menschen haben allerdings Respekt vor der medikamentösen Behandlung einer psychischen Erkrankung. Trotzdem plädieren Müller-Flechtenmacher und Weinstein-Riechmann in ihrer Ratgeber: Keine Angst vor Medikamenten! Laut einer Analyse der Stiftung Warentest sind die wirksamsten Medikamente gegen Depressionen verschreibungspflichtig und gehören zur Gruppe der Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer. Das sind Medikamente, die das Ungleichgewicht im Gehirn wieder in Balance bringen sollen, das bei Depressionen entstehen kann. Die Untersuchung von Anfang 2023 kam zu dem Schluss, dass die meisten der 25 untersuchten Medikamente zur Behandlung von mittelschweren Depressionen geeignet sind. 

Ganz ohne das Zutun des Patienten wird die Depression sich aber nicht aus seinem Leben verziehen. Deshalb geben die Psychologinnen den Leser:innen wertvolle Tipps zur Selbsthilfe an die Hand. Besonders wichtig ist dabei, dem Alltag wieder eine Struktur zu geben. Warum? Es gibt Halt von außen und sorgt dafür, dass sich Betroffene durch die Erledigung von kleinen Aufgaben wie Zähneputzen oder Essenkochen selbstwirksam fühlen. Außerdem raten die Expertinnen zu Bewegung und einem gesunden Ernährungsplan. Und das Wichtigste kommt auch hier zum Schluss: Wer an Depressionen erkrankt, sollte seine Herzensmenschen mit einbeziehen und sich Hilfe holen – auch bei Familie, Freunden oder dem Partner. Denn gemeinsam kommt man besser durch dunkle Zeiten, auch wenn sich das in einer depressiven Phase vielleicht nicht so anfühlt. 

Den Link zum gesamten (kostenpflichtigen) Ratgeber finden Sie hier

Rat und Hilfe

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter (0800) 1110111 und (0800) 1110222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich.  Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

lz

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