Liquiditätshilfevolumen von über 25 Millionen Euro – Überhöhte Kürzungen der Bundesregierung bei der Landwirtschaft zurücknehmen
Stuttgart (agrar.de) – Die Bundesregierung hat aus Baden-Württemberg eine umfassende Darstellung der geplanten Dürrehilfen der Landesregierung und der Forderungen an den Bund und die EU erhalten. Eine Reihe Maßnahmen muss noch von Brüssel genehmigt werden. ‚Ich hoffe im Interesse der massiv betroffenen Landwirtschaft, dass die Abstimmung zwischen Berlin und Brüssel rasch über die Bühne geht‘, erklärte der baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Willi Stächele, gestern in Stuttgart. In Schreiben an den Bund sind die Hilfsmaßnahmen für Baden-Württemberg dargestellt, verbunden mit der eindringlichen Aufforderung, angesichts der hohen Ernteausfälle auf die überdurchschnittlichen Einsparmaßnahmen beim Bundeshaushalt bei der Landwirtschaft zu verzichten.
Allein durch die geplante Kürzung der Bundeszuschüsse an die landwirtschaftliche Krankenversicherung werde die Landwirtschaft in Baden-Württemberg jährlich mit 30 Millionen Euro getroffen. Durch den Wegfall der Durchschnittssatzbesteuerung der buchführenden Betriebe und die Reduzierung der Vorsteuerpauschale von 9 auf 7 Prozent werden für die baden-württembergischen Betriebe weitere 32 Millionen Euro spürbar gekürzt. Die Deckelung der Zuschüsse beim Agrardiesel schlagen mit 7 Millionen Euro negativ zu Buche.
‚Den Landwirten darf jetzt nicht die dringend notwendige Unterstützung versagt werden. Kürzungen bei den landwirtschaftlichen Sozialversicherungen, beim Agrardiesel und durch die unsägliche Modulation sowie Steuerveränderungen, sorgen für nicht hinnehmbare Einschnitte‘, kritisierte Stächele. Das Land Baden-Württemberg wird mit seiner integrierten Agrar- und Strukturpolitik weiter für Verlässlichkeit und Sicherheit im Ländlichen Raum sorgen, unterstrich Stächele. Stächele betonte, dass allein durch das vom Land bereit gestellte Liquiditätshilfeprogramm den landwirtschaftlichen Betrieben ein Finanzvolumen von 25 Millionen Euro zur Verfügung stehe. ‚Stimmt die EU Maßnahmen wie der Saldierung von Mais- und Getreideflächen, sowie der Verwendung von Aufwuchs auf Stillegungsflächen zu, bringt dies große Erleichterung und Erlöszuwächse für unsere Landwirtschaft‘, erklärte Stächele.
Übersicht der verschiedenen Maßnahmen:
1. Maßnahmen, die bereits greifen:
Liquiditätshilfen Das Land sieht als Sofortmaßnahme 25 Millionen Euro Liquiditätshilfen in Form von zinsverbilligten Darlehen vor. Diese Hilfen sollen den Erlösausfall überbrücken und die Belastung auf einen Zeitraum von vier, im Einzelfall zehn Jahre, verteilen. Voraussetzung sind Erlösminderungen größer 30 Prozent bzw. 20 Prozent in benachteiligten Gebieten, die zur Existenzgefährdung führen
Bei veranschlagten erforderlichen Haushaltsmitteln von ca. 2,5 Mio. Euro für die Liquiditätshilfen (Darlehensverbilligung) ergibt sich ein potentielles Darlehensvolumen für die Landwirte von insgesamt ca. 25 Millionen Euro.
Transportkostenbeihilfen Bei Futterbaubetrieben, die auf Zukauf von Rauhfutter in Folge der Dürre angewiesen sind, werden Zuschüsse bis zu 50 Prozent der baren Ausgaben für Transportkosten zu gewähren. Innerbetriebliche Transporte und übliche Nachbarschaftshilfe können nicht gefördert werden. Auch Betriebsgemeinschaften als Zweckgemeinschaft von Betrieben zur Überbrückung der Futterknappheit können einbezogen werden. Der Mindestbetrag der Zuwendungen zu den Transportkosten beträgt 500 Euro je Antragssteller. Für die Transportkostenbeihilfe kalkuliert das MLR mit 500.000 Euro Mittelvolumen.
Vom Bund erwartet das Land für beide Maßnahmen insgesamt eine Beteiligung in Höhe von 50 Prozent.
Verwendung Begrünungsmaßnahmen Aussetzung des Verpflichtungsumfangs bei Begrünungsmaßnahmen und Mulchsaat. Unter Verzicht auf die Prämie und nach Anzeige beim ALLB können die Flächen für die Futternutzung im eigenen Betrieb genutzt werden oder dem Nachbarbetrieb überlassen werden.
Vorauszahlung der Tierprämien Erhöhung der Vorauszahlungen bei Tierprämien von 60 auf 80 Prozent. Die Schlusszahlungen können ca. 14 Tage früher, d.h. bis ca. Ende November in Aussicht gestellt werden. Bereits in den letzten zwei Jahren wurde auf Grund größerer Ereignisse eine Vorschusszahlung von 80 Prozent gewährt. Die Tierprämien umfassen in Baden-Württemberg 74 Mio. Euro. Hier können Zinsersparnisse für die Betriebe durch die höhere und geringfügig vorgezogene Schlusszahlung erreicht werden.
Beschleunigte Auszahlung der Kulturpflanzenprämien Unter Verzicht auf eine verwaltungsaufwändige Vorschusszahlung sollen durch eine bevorzugte Bearbeitung der Anträge die Schlusszahlungen 14 Tage früher, d.h. bis ca. Mitte November erfolgen. Bei einer Höhe der Flächenprämien in BW in Höhe von 250 Millionen Euro entsteht ein Zinsgewinn von ca. 0,5 Millionen Euro, was den von der Dürre geschädigten Betrieben hilft.
Aufwuchs von Stilllegungsflächen Ausnahmeregelung zur Verfütterung des Aufwuchses von Stilllegungsflächen im eigenen Betrieb oder kostenlose Abgabe an andere bedürftige Betriebe bis 15. Januar 2004.
Steuererleichterungen durch Steuerstundungen und Steuerermäßigungen für die betroffenen Betriebe.
2.) Weiterhin vom Land Baden-Württemberg bei Bund oder EU beantragte und gefordete Hilfestellungen:
Die Zustimmung der EU steht noch aus. Der Bund wurde aufgefordert, die Umsetzung in Brüssel voranzubringen.
Prämienunschädliche Nutzung des Aufwuchses von Flächen, die im Rahmen von Agrarumweltprogrammen begrünt wurden. Unter der Annahme, dass 50 Prozent der Herbst- und Winterbegrünungsflächen betroffen sind, entspräche dies im Falle einer Zustimmung durch Bund und EU einer zusätzlichen Hilfe für Futteranbaubetriebe im Wert von ca. 10 Millionen Euro.
Anbau von Futterpflanzen auf Stilllegungsflächen für das Jahr 2004 und deren Nutzungsmöglichkeit bis 31.05.2004. Unter der Annahme, dass 50 Prozent der Stilllegungsfläche betroffen ist, kann aus einer Gesamtstillegungsfläche für 2003 und einem Futterwert von ca. 400 Euro/ha eine potentielle Unterstützung der Landwirte in Höhe von 12 Mio. Euro abgeleitet werden.
Saldierung von Maisflächen und Getreideflächen, damit eine Kürzung der Flächenprämien für Mais durch eine Grundflächenüberschreitung vermieden werden kann. Im Jahr 2003 ist von einer Überschreitung der Basisfläche ‚Mais‘ in Baden-Württemberg mit ca. 20 Prozent zu rechnen. In den letzten Jahren konnte durch bundesweite Saldierung (v.a. durch Bayern) eine Kürzung der Prämien auf max. 6,3 Prozent vermieden werden. Es muss derzeit davon ausgegangen werden, dass in BW die ha-Prämien für Mais um 20 Prozent gekürzt werden müssen. Volumen: 12 Mio. Euro. Bei einer Saldierung mit den Getreideflächen kann dies Kürzung nicht gänzlich, aber weitgehend vermieden werden.
Einführung privater Lagerbeihilfen für Rindfleisch, um das gestiegene Rindfleischangebot und den damit ausgelösten Preisdruck aufzufangen.
Verkürzung des Haltungszeitraums bei Mutterkühen von 6 auf 4 Monat
Aussetzung der nationalen Modulation: Für Baden-Württemberg bedeutet dies 2 Millionen Euro zusätzliche Fördermittel.
Verzicht auf Kürzungen im Agrarbereich im Bundeshaushalt 2004 in Höhe von 70 Millionen Euro. Dies betrifft insbesondere die Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Hier sind für die baden-württembergischen Betriebe für 2004 erhebliche zusätzliche Lasten aus dem Haushaltsbegleitgesetz des Bundes zu erwarten, wie Agrardiesel: Begrenzung der vergütungsfähigen Menge auf 10.000 l/ Betrieb 7 Mio. Euro, Kürzung der Zuschüsse zur Landwirtschaftliche Krankenversicherung mit rund 30 Millionen. Euro, Auswirkungen bei der geänderten Besteuerung der Betriebe: 32 Millionen. Euro. durch den Wegfall der Durchschnittssatzbesteuerung der buchführenden Betriebe und die Reduzierung der Vorsteuerpauschale von 9 auf 7 Prozent.
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