„Meine Videothek ist ein Kulturerbe“ – Gespräch mit dem Erfinder der ersten Videothek der Welt: Eckhard Baum (WS 2013/14)

Eckhard Baum. Foto: Dorina Schmid

Eckhard Baum. Foto: Dorina Schmid

Von Dorina Schmid

Laut Guinness Buch der Rekorde die älteste Videothek weltweit: Der Film-Shop in der Erzberger Straße in Kassel. Dort treffe ich mich mit dem Inhaber Eckhard Baum (Jg. 1938) – umgeben von DVDs wohin das Auge reicht, erzählt er von der spannenden Geschichte seiner Videothek und seiner Leidenschaft für Filme.

Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee eine Videothek zu eröffnen?
Früher war ich Sammler von Super 8 Filmen. Die ersten Filme gab es ja auf Super 8 zu kaufen. Die habe ich mir angeschafft, gesammelt und nebenbei an Freunde und Bekannte verliehen. Als ich merkte, dass die großes Interesse für die Filme hatten, habe ich meinen kleinen Laden in Wolfsanger gegründet und ihn dort anderthalb Jahre lang geführt. Ab mittags habe ich dann nebenberuflich, ich war Schriftsetzermeister bei der HNA, meine Super 8 Filme verliehen.
Das ging so bombig, dass der kleine Raum von 20 Quadratmetern nicht mehr ausreichte hat und ich in die Erzberger Straße umgezogen bin. Hier hat es angefangen mit dem kleinen mittleren Raum und nach und nach habe ich dann die Geschäfte rechts und links neben mir dazugemietet. So ist das immer größer geworden.
Und jetzt (2014) sind wir schon 39 Jahre auf dem Markt und stehen im Guinness Buch der Rekorde als weltälteste Videothek.

Hätten Sie es sich anfangs je erträumen lassen, dass Sie einmal den Namen „weltälteste Videothek“ tragen dürfen?
Nein, niemals! Ich hätte mir das patentieren lassen sollen! Anfangs nannte ich mich eine „Videotheke“, mit einem „e“ hinten. Da ich, wie an einer Biertheke, eben meine Filme über die Theke reiche. Die Konkurrenten waren früher alle Kunden von mir, die gesehen haben wie gut mein Laden lief. Als die dann Videotheken aufgemacht haben, haben sie das „e“ hinten weggelassen, weil sie dachten, ich hätte den Namen „Videotheke“ geschützt und da wollten sie natürlich keinen Fehler machen. Von da an hieß es dann „Videothek“.

Sie waren also wirklich der erste Mensch auf der Welt, der die Idee hatte eine Videothek zu eröffnen!?
Ja! Ja … irgendeiner muss es ja sein, oder? (lacht)

Heutzutage laden sich unglaublich viele Menschen die Filme, die sie sehen möchten einfach illegal aus dem Internet herunter oder streamen sie. Rentiert es sich denn überhaupt noch, eine Videothek zu führen?
Nein, eigentlich rentiert es sich überhaupt nicht mehr. Die Videothek ist jetzt nur noch ein Hobby von mir. Bevor ich nun zu Hause herumsitze, mache ich das hier noch weiter. Zumal ich auch noch keinen Nachfolger habe und ich möchte natürlich nicht einfach alles verschrotten. Nach fast 40 Jahren ist diese Videothek hier nicht nur eine Leidenschaft von mir, sondern auch ein Kulturerbe. Wir müssen schauen, was sich in den nächsten Jahren ergibt und wie lange ich es noch machen kann. Abwarten …

Ich gehe davon aus, dass Sie selbst sehr gerne und sehr viele Filme schauen. Haben Sie einen Film, von dem Sie sagen, das ist Ihr absoluter Lieblingsfilm?
Ja klar, Filme sind mein Hobby. Mein Lieblingsfilm, das ist auch schon allgemein bekannt, ist „Ein Herz und eine Krone“. Das war der erste Film mit Audrey Hepburn.
Der Film hat mir unglaublich gut gefallen. Von allen Filmen, die ich bis jetzt gesehen habe, ist das der Beste. Es ist eine Liebesgeschichte, die spannend und lustig ist. Da ist alles drin.

Sie haben nicht nur hier Ihre Videothek geführt, sondern hatten auch eine Agentur. Was für eine Agentur war das denn?
Bis vor zwei Jahren hatte ich diese Agentur. Jetzt kümmere ich mich  nur noch hier um meinen Laden und damit habe ich genug zu tun. Aber ich hatte eine Künstleragentur. Zachi Noy, von der Filmreihe „Eis am Stiel“ hatte ich fest unter Vertrag. Außerdem habe ich Musikveranstaltungen gemacht. Zum Beispiel habe ich Fats Domino mit seiner Band nach Kassel geholt. Das war damals ein ganz großes Konzert. Ich habe mit den verschiedensten Künstlern Veranstaltungen organisiert.

Es gibt sogar einen Film über Sie: „Eckis Welt“ von Olaf Saumer. Wie kam der denn zu Stande?
Der Regisseur Olaf Saumer kam irgendwann zu mir in den Laden mit dem Wunsch ein Porträt über dieses Geschäft und meine Person zu machen. Drei Wochen hat er uns dann begleitet und daraus den Dokumentarfilm gemacht.

Wie viele Filme haben Sie hier eigentlich zum Verleih?
Wir haben an die 12.000 verschiedene Filmtitel hier. Das ist die größte Auswahl in ganz Hessen. Die anderen Videotheken kümmern sich fast nur um Neuheiten. Wir haben hier aber von 1930 bis heute alles. Wir verkaufen auch nicht alle Filme, sondern lassen ein Exemplar immer im Verleih. Dadurch haben wir diese riesige Auswahl.

Das heißt, wenn man mal einen äußerst seltenen Film sucht, dann …
… (unterbricht) dann sollte man zu uns kommen und wahrscheinlich finden wir ihn dann.

Vielen Dank für das Gespräch.

Video-Film-Shop Kassel
Tel.: 0561/17538