www.fgks.org   »   [go: up one dir, main page]

Annalena Baerbock steigt in Kiew aus einem Zug Annalena Baerbock steigt in Kiew aus einem Zug

Baerbock in Kiew "Wir haben einen langen Atem"

Stand: 21.05.2024 09:10 Uhr

Die Ukraine gerät täglich unter russischen Beschuss, Präsident Selenskyj bittet daher wiederholt um mehr Flugabwehr. Dieser Forderung schloss sich Außenministerin Baerbock in Kiew an - und erneuerte das Versprechen langfristiger Hilfe.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist zu einem unangekündigten Besuch in der Ukraine eingetroffen. "Die Lage in der Ukraine hat sich mit den massiven russischen Luftangriffen auf die zivile Infrastruktur und mit der brutalen russischen Offensive im Raum Charkiw noch einmal dramatisch zugespitzt", erklärte Baerbock nach ihrer Ankunft in Kiew.

"Um die Ukraine vor dem russischen Raketen- und Drohnenhagel zu schützen", brauche das Land dringend mehr Flugabwehr, fügte sie hinzu.

Baerbock plädierte zudem für eine Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union. Ein EU-Beitritt der Ukraine sei "die notwendige geopolitische Konsequenz aus Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg". Das Land habe "beeindruckende Fortschritte gemacht und ist trotz der russischen Zerstörungswut auf Reformkurs". Nun gelte es, in den Anstrengungen für eine Justizreform, bei der Korruptionsbekämpfung und der Medienfreiheit nicht nachzulassen. 

Baerbocks Besuch in der Ukraine war zuvor aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Ziel der Reise sei es, den ukrainischen Gesprächspartnern auch in Anbetracht der sich zuspitzenden Lage in den Kampfgebieten den Beistand Deutschlands und der EU zu versichern, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

"Unsere Unterstützung ist verwurzelt in der tiefen Überzeugung, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird", betonte Baerbock in Kiew. Russlands Präsident Wladimir Putin spekuliere darauf, "dass uns irgendwann die Luft ausgeht, aber wir haben einen langen Atem", sagte sie. Die Menschen in der Ukraine könnten dauerhaft auf die Unterstützung aus Deutschland und von weiteren Verbündeten bauen. 

"Alle Kräfte bündeln"

"Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln, damit die Ukraine bestehen kann (...) und damit Putins Truppen nicht bald vor unseren eigenen Grenzen stehen", appellierte Baerbock an die internationalen Partnerländer.

Bei der von ihr gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gestarteten globalen Initiative für mehr Flugabwehr seien fast eine Milliarde Euro zur zusätzlichen Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigungskräfte zusammengekommen. "Und wir arbeiten intensiv daran, dass das noch mehr wird." Die Ministerin fügte hinzu: "Wir drehen jeden Stein mehrfach um und sind selbst mit einer zusätzlichen 'Patriot'-Einheit vorangegangen."

Dem Vernehmen nach verfügt die Ukraine bislang über drei "Patriot"-Flugabwehrsysteme aus US-Produktion. Zwei davon hat Deutschland bereitgestellt, die Bundesregierung hat eine dritte "Patriot"-Einheit zugesagt. Es gibt allerdings keine Hinweise, ob das System schon in der Ukraine eingetroffen ist. Die dritte derzeit aktive "Patriot"-Einheit in der Ukraine stammt aus den USA. Washington prüft die Lieferung eines weiteren Systems. Die deutschen Versuche, Patriots bei Partnerländern in Europa oder in Übersee zu beschaffen, haben bislang nicht gefruchtet.

Selenskyj bittet wiederholt um Unterstützung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte kurz vor dem Besuch Baerbocks einmal mehr auf die Dringlichkeit von Flugabwehrwaffen hingewiesen. Die Ukraine brauche am dringendsten weitere Flugabwehrsysteme und westliche Kampfjets, sagte er in einer Videoansprache. "Leider fehlt es der freien Welt in diesen beiden Fragen an Schnelligkeit." Aufgrund der Luftüberlegenheit könne Russland mit Gleitbomben Städte und Verteidigungsstellungen der Ukrainer vernichten.

Aktiv nutzten die Russen seinen Angaben nach die zerstörerische Taktik an den Frontabschnitten im Gebiet Donezk in Richtung Tschassiw Jar und Pokrowsk sowie in der Region Charkiw, in der die russischen Truppen nach dem Beginn einer Bodenoffensive am 10. Mai nach Angaben der ukrainischen Seite bislang etwa fünf bis zehn Kilometer weit vordringen konnten. Es ist der größte russische Geländegewinn in dem Krieg seit Ende 2022.