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Umfirmierung Neuer Name führt zu Diskussionen: Jacobs-Uni wird Constructor Uni

"Der neue Name führte zu vielen Diskussionen", sagte Uni-Präsident Fabio Pammolli bei der Umfirmierung auf dem Campus der früheren Jacobs-Uni in Grohn. Was hinter dem Uninamen "Constructor" steckt.
28.11.2022, 17:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Neuer Name führt zu Diskussionen: Jacobs-Uni wird Constructor Uni
Von Patricia Brandt

Am Eingang des Campus der englischsprachigen Privatuniversität in Grohn prangen nun neue Schilder: Die Jacobs-University heißt ab sofort Constructor University. Vor rund 80 Zuhörern aus den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Technologie sagte der Präsident der Uni, Fabio Pammolli, der Name "Constructor" sei "eine Metapher für eine Reise auf der Suche nach Lösungen von Physik bis zu den Geisteswissenschaften". Pammolli verschwieg nicht, dass der neue Name im Vorfeld zu vielen Diskussionen führte. Studierende hatten sich mit einem Brief an die Unileitung gewandt, der unserer Redaktion vorliegt.  

Wie berichtet, hatte der Digitalunternehmer Serg Bell, damals noch unter seinem Geburtsnamen Serguei Beloussov, vor einem Jahr die Mehrheitsanteile der Jacobs University von der Stiftung der Familie Jacobs übernommen. Der Begründer und Aufsichtsratsvorsitzende der Constructor Uni wollte mit der Verkündung des neuen Markennamens am Montag einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung der Universität verkünden. 

Wie reagiert die Uni auf Proteste gegen den Namen?

Laut Unisprecherin wurde eine Namensänderung vertraglich mit der Jacobs Stiftung vereinbart. „Eine solche Veränderung ist natürlich ein emotionales Thema für viele, und in einem universitären Umfeld ist – anders als bei kommerziellen Unternehmen – die gesamte Gemeinschaft emotional stark involviert“, so Daisy Juknischke-Heinsen. Die Privatuni habe die Beschwerden deshalb zum Anlass genommen, mit den Studierenden und Mitarbeitern auf dem Campus ins Gespräch zu kommen.  

"Ich finde es wichtig, dass Studierende ihre Meinung artikulieren, aber die Entscheidung ist gut durchdacht", sagte dazu der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Philipp Roesler unserer Zeitung. "Und wenn wir zurückdenken: 2014 haben auch alle gesagt, ‚wir wollen nicht heißen, wie eine Kaffeerösterei.“

Die Umbenennung sei ein strategisch wichtiger Schritt, erläuterte Provost Thomas Auf der Heyde. Denn die Constructor University sei Teil der Constructor-Gruppe, die mit mehreren „for-profit Unternehmen“ auf einen betriebswirtschaftlichen Gewinn zielt.

Welche Ausrichtung verfolgt die Uni?  

„Wir werden diese Universität – ein besonderer Ort für so viele – noch weiter voranbringen, als sie in den letzten 20 Jahren bereits gekommen ist. Wissenschaft und Bildung unterliegen ständiger Veränderung, und damit auch unsere Universitäten“, so Unipräsident Fabio Pammolli. Aktuell wird die Uni mit einem Schwerpunkt im Bereich der Computerwissenschaften restrukturiert. Laut Gründer Serg Bell umfasse die Ausrichtung der Forschung in Zukunft Computer, Cybersicherheit, künstliche Intelligenz, Softwareentwicklung, autonome Maschinen, Physik und nicht zuletzt Quantentechnologie in einer Reihe von Geschäftsfeldern.

Die Uni setze auf „Innovation und Ideen, die sich am Markt behaupten", so der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und frühere FDP-Politiker Philipp Roesler.  "Quantentechnologie ist sehr spannend, damit könnte Deutschland – zum Beispiel zusammen mit dem Forschungszentrum in Jülich – ein führender Standort werden. Da wollen wir als Constructor University Bremen darauf aufbauen."

„Der Fokus liegt auf der digitalen Technologie und deren Anwendung“, so Verwaltungsdirektor und Provost Thomas Auf der Heyde. Dies gelte für alle Arbeitsbereiche der Uni: "Es ist wichtig, dass sich die Sozialwissenschaften Gedanken darüber machen, wo ist die Schnittstelle zwischen der Disziplin und der strategischen Orientierung der Uni.“

Warum entlässt die Uni Personal?

Während die Unileitung die Umfirmierung feiert, gibt es hinter den Kulissen Streit: Nach den Worten von Danka Lewin, Richterin am Arbeitsgericht Bremen, waren in diesem Jahr fünf Verfahren gegen die Universität anhängig oder laufen aktuell noch. Die Richterin bestätigt nicht, dass es sich bei allen Verfahren um betriebsbedingte Kündigungen handelt. „Bezogen auf die abgeschlossenen Verfahren kann ich mitteilen, dass es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung gehandelt hat sowie um eine Kündigung, hinsichtlich derer ich nicht ermitteln konnte, worin der Kündigungsgrund lag.“

Die Uni will einzelne Verfahren nicht kommentieren. Wie die Uni-Sprecherin versichert, solle jedoch kein Personal eingespart werden. Die Hochschule sei von 416 auf 424 Mitarbeitende angewachsen. „Die Zahl der Mitarbeiter, Professoren und Dozenten steigt in Bereichen von strategischer Bedeutung." Der Eindruck, dass sich die Universität nicht mehr auf die Geisteswissenschaften konzentriere, sei falsch: „Wir sind offen für neue Studiengänge in den Sozialwissenschaften.“

Wächst die Studentenschaft?  

Ja, die Privatuniversität will noch mehr Studierende als bisher aufnehmen. Die Zahl von derzeit 1800 Studierenden soll nach den Worten des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Philipp Roesler wachsen: „Zusätzliche 1000 bis 2000 Studierende wollen wir schnellstmöglich hinzugewinnen. Aber wir sind eine Campusuni und haben nur eine bestimmte Fläche zur Unterbringung auf dem Campus zur Verfügung. Für mehr Studierende brauchen wir mehr Räume. Wir haben bereits eine Genehmigung für den Ausbau unserer Gebäude auf dem Gelände, jetzt arbeiten wir an deren Finanzierung.“

Welche neuen Partner hat die Uni?

Die Constructor Universität konnte nach den Worten ihrer Sprecherin bereits mehrere eigene Partnerschaften eingehen, etwa mit dem luxemburgischen Start-up Anisoprint, das 3D-Drucker herstellt. Neu ist eine Kooperation mit JetBrains, einem Softwareentwickler für intelligente Werkzeuge. JetBrains beteiligt sich am laufenden Informatik-B.Sc.-Programm der Universität, für das in diesem Jahr über 80 Studierende eingeschrieben sind. Bis zum Jahr 2032 soll die Zahl auf 200 steigen.

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