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Nach dem Bitcoin-ETF kommen neue Börsenfonds auf Ethereum. Bekommt der Krypto-Markt jetzt noch mehr Schub?

Die US-Börsenaufsicht SEC wird börsengehandelte Fonds mit der Digitalwährung Ether zulassen. Der Entscheid ist überraschend – und auch politisch motiviert.

Eflamm Mordrelle 4 min
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Ether ist die digitale Währung der Ethereum-Blockchain. Er ist die zweitgrösste Kryptowährung hinter dem Bitcoin.

Ether ist die digitale Währung der Ethereum-Blockchain. Er ist die zweitgrösste Kryptowährung hinter dem Bitcoin.

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Der Krypto-Markt läuft heiss. Und er könnte in den kommenden Wochen und Monaten noch heisser laufen. Die US-Börsenaufsicht SEC hat überraschend Anträge der amerikanischen Börsen Nasdaq, CBOE und NYSE für den Handel von börsengehandelten Fonds (ETF) auf die zweitgrösste Digitalwährung Ether bewilligt. Das ist ein Erfolg für die amerikanischen Börsen und ein weiterer Meilenstein für die Krypto-Branche.

Diese erlebte Anfang Jahr die SEC-Zulassung von ETF auf die Kryptoleitwährung Bitcoin – nach fast zehn Jahren Widerstand seitens der Behörde. Über ETF bekommt auch die breite Bevölkerung einfachen Zugang zu risikoreichen Kryptowährungen. ETF werden von regulierten Vermögensverwaltern angeboten, Anleger müssen nicht mehr über unsichere Krypto-Handelsplätze gehen, um sie zu kaufen.

Die Zulassung neuer ETF auf den Bitcoin verlieh der Digitalwährung einen spektakulären Höhenflug, die Fonds sahen grosse Zuflüsse. Der Kurs des Bitcoins gewann seit Anfang Jahr rund 65 Prozent an Wert, in den letzten zwölf Monaten fast 160 Prozent. Doch seit die Bitcoin-ETF erhältlich sind, richtete sich die Aufmerksamkeit auf Spot-ETF auf den Ether, den Token der Ethereum-Blockchain.

Dass die SEC nun den Weg für die Fonds auf Ether geebnet hat, ist nicht selbstverständlich. Lange stellte sich die Behörde auf den Standpunkt, dass Ether als Wertpapier einzustufen sei.

Entscheid hat alle überrascht

Wie beim Bitcoin-ETF haben sich auch für jene auf Ether namhafte Vermögensverwalter wie Blackrock, Fidelity, Invesco und VanEck um eine Zulassung bemüht. Am Donnerstag lief die Frist für einen dieser Anträge ab. «Der gesamte Markt wurde überrascht. Man rechnete mit einer Ablehnung, weil zwischen den Regulierungsbehörden und den Emittenten nichts passierte», sagt Katalin Tischhauser, Leiterin Investment Research bei der auf Krypto-Anlagen spezialisierten Sygnum Bank.

Anfang Woche wies die SEC gemäss Insidern jedoch die Emittenten an, ihre Anträge zu überarbeiten. Eine Zulassung erschien somit doch in Reichweite, der Kurs des Ether zog deutlich an. Nebst den Börsenplätzen müssen auch die ETF-Emittenten eine Genehmigung der SEC bekommen, um sie Anlegern zugänglich zu machen. Es braucht also noch eine zweite Genehmigungsrunde, bevor die Produkte aufgelegt werden können. Wann das erfolgen wird, ist unklar.

Yves Longchamp, Leiter Research bei der auf digitale Assets spezialisierten Amina-Bank, findet es bemerkenswert, dass die SEC die Entscheidung weniger als sechs Monate nach der Einführung von Bitcoin-ETF getroffen hat. Das zeige, dass die Behörde Kryptowährungen gegenüber immer offener werde. Zudem könne man aus der Entscheidung schliessen, dass die SEC Ether nicht als Wertpapier betrachte.

Politisch motivierter Kurswechsel?

Damit vollzieht die SEC wie schon beim Bitcoin-ETF einen Kurswechsel. Denn der SEC-Chef Gary Gensler gilt weiterhin als äusserst Krypto-kritisch. Am Donnerstag sagte er an einer Konferenz des Investment Company Institute: «Es geht um Betrug und Gaunereien. In dieser Branche sitzen einige der führenden Köpfe entweder im Gefängnis, warten auf ihre Verhaftung oder auf ihre Auslieferung.»

Die SEC hatte schon die Bitcoin-ETF nur widerwillig zugelassen; und auch nur, weil die Behörde im Vorjahr einen Prozess gegen den Vermögensverwalter Grayscale verloren hatte, der Bitcoin-Trust in einen ETF wandeln wollte. So hat sich die SEC auch gegen die Zulassung von Ether-ETF gewehrt. Insbesondere die Möglichkeit des Stakings – einer Art Krypto-Dividende – wird von der SEC kritisch gesehen.

Um dieses regulatorische Hindernis aus dem Weg zu räumen, wurde das Staking aus den aktualisierten Anträgen entfernt. «Es ist bedauerlich, aber verständlich. Sie wurden als Rohstoff-ETF eingereicht. Bei Rohstoffen gibt es keine Ausschüttungen», sagt Tischhauser.

Das hat den Zulassungsprozess vereinfacht, beraubt Ethereum aber eines seiner Merkmale. Gemäss Longchamp ist es deshalb unwahrscheinlich, dass die ETF auf Ethereum den gleichen Erfolg haben werden wie jene auf den Bitcoin. Das Fehlen der Staking-Option mache sie weniger attraktiv.

Der Kurswechsel der SEC dürfte auch politisch motiviert sein. So ist die politische Stimmung in den USA gegenüber Krypto positiver geworden. Das Repräsentantenhaus und der Senat haben mithilfe der Demokraten eine Resolution zur Aufhebung gewisser SEC-Richtlinien verabschiedet, welche Krypto-Verwahrer betreffen. Auch der Präsidentschaftskandidat Donald Trump versucht sich mit Blick auf den Wahlkampf mit der Krypto-Welt gut zu stellen: Er öffnete seine Kampagne für Spenden in Kryptowährungen.

Eine Gruppe Kongressabgeordneter wendete sich direkt per Brief an Gary Gensler. In diesem drängen sie ihn, die Ether-ETF-Anträge nach denselben Grundsätzen zu prüfen wie jene für den Bitcoin-ETF. Das öffentlichkeitswirksame Lobbying hatte Erfolg.

Langsamere Adoption

Wie im unmittelbaren Nachgang der Bitcoin-ETF-Zulassung im Januar verlor auch der Kurs des Ether Ende der Woche, trotz positivem Bescheid seitens SEC. Im Fall der Bitcoin-ETF-Zulassung erhielt das Rally erst nach einer Konsolidierungsphase einen Monat später neuen Schwung.

Marktbeobachter gehen beim Ether von einem ähnlichen Muster aus, wobei die Produktzulassung noch gar nicht erfolgt ist. Entscheidend für eine positive Kursentwicklung wird sein, ob nach erfolgter Zulassung grosse institutionelle Investoren Geld in die neuen ETF leiten. Analysten von Standard Chartered gehen in den ersten 12 Monaten von Zuflüssen in Höhe von bis zu 45 Milliarden Dollar aus.

Die Krypto-Spezialistin Tischhauser ist zurückhaltender. Sie glaubt, die Adoption von Ether-ETF könnte langsamer erfolgen. Denn es handle sich um einen kleineren Vermögenswert, der nicht als alternative Wertaufbewahrung angesehen werde und mehr Erklärungsbedarf bei den Anlegern erfordere, sagt sie.

Auch die allgemeine Marktverfassung spielt eine Rolle. Die Hinweise verdichten sich, dass es ungemütlich werden könnte. Die Inflation erweist sich als hartnäckig, bei der US-Notenbank Fed fragt man sich, ob es reicht, die Zinsen einfach länger hoch zu halten. Weitere Zinserhöhungen sind denkbar.

Dem können sich auch Krypto-Anlagen nicht entziehen. Tischhauser gibt indes zu bedenken, dass sich die Aktienmärkte auf Allzeithoch befinden, auch weil die Liquiditätsbedingungen trotz höheren Zinssätzen immer noch locker seien. Der Krypto-Markt wird wesentlich von der Liquiditätssituation beeinflusst. Zudem sei die Korrelation von Kryptowährungen mit anderen Anlageklassen gering. «Schlechte makroökonomische Nachrichten können für digitale Vermögenswerte positiv sein», sagt sie.