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Leitthema Ophthalmologe 2008 · 105:818–824 DOI 10.1007/s00347-008-1822-z Online publiziert: 30. August 2008 © Springer Medizin Verlag 2008 M.J. Sanchez · A. Mannsfeld · A.F.M. Borkenstein · A. Ehmer · I.-J. Limberger · M.P. Holzer · G.U. Auffarth International Vision Correction Research Centre (IVCRC), Universitäts-Augenklinik Heidelberg, Ruprecht Karls-Universität Heidelberg Die Wellenfrontanalyse in der ophthalmologischen Diagnostik Bekannterweise ist das Auge kein perfektes optisches System. Die optischen Abbildungsfehler entstehen durch Aberrationen der Hornhaut, der Linse sowie der weiteren brechenden Medien. Im Allgemeinen wird das menschliche Auge ohne Pathologien (wie Kurzsichtigkeit oder Astigmatismus) als Auge mit begrenzter Beugung betrachtet, die bei einer 2 mm großen Pupille gemessen wird. Bei Mydriasis reduzieren die optischen Aberrationen deutlich die Qualität des Sehens (. Abb. 1, [1, 15, 16, 17]). Es gibt verschiedene Typen optischer Abbildungsfehler, die auch als „low-“ und „high-order“-Aberrationen beschrieben werden, die beide die Sehleistung und die Qualität des Sehens stark beeinflussen können. Mit Brille, Kontaktlinse, konventionellen Intraokularlinsen (IOL), sowie Excimerlaserbehandlungen konnten früher nur die Aberrationen der niedrigen Ordnung wie Sphäre und Zylinder behandelt werden. Somit konnte man nur einen Teil der Abbildungsfehler beeinflussen. Die Aberrationen höherer Ordnung (HOA), wie sphärische Aberration, Koma und Trefoil haben jedoch auch einen großen Einfluss auf das Sehen und sind oft mit photischen Phänomenen verbunden, wie Blendung und Halos, die Probleme vor allem in der Nacht verursachen können [1, 3, 16]. Alle Formen der HOA sind eine Art irregulärer Astigmatismus, obwohl bestimmte Formen, wie die sphärische Aberration, symmetrisch sind. Um eine Untersuchung von Aberrationen möglich zu machen, wurde das Wellenfront- 818 | Der Ophthalmologe 9 · 2008 gerät (Aberrometer) entwickelt. Mithilfe eines solchen Geräts ist es möglich das Verhalten des Lichts im Auge zu analysieren. Die Wellenfront beschreibt eine Kurve von mehreren Lichtstrahlen, die durch die Pupille ins Auge eintreten und als Punktquelle in der Foveola zurückstrahlen, womit sie zweimal durch das gesamte optische System des Auges gehen. Der lokale Anstieg der Wellenfrontkurve an einem bestimmten Punkt der Pupille wird als Abweichung des Bildpunkts von der Foveola beschrieben, verglichen mit dem Bildpunkt eines idealen optischen Systems (. Abb. 1, 2, 3). Wellenfrontanalysetechnologie Im Jahre 1900 hat der Astrophysiker Johannes Hartmann eine neuartige Methode zur Messung der Strahlaberrationen von Spiegeln und Linsen entdeckt. Er wollte die Lichtstrahlen trennen, damit die Abbildungsfehler nachvollzogen werden und in einem Spiegel sichtbar gemacht werden können. In diesem sog. Hartmann-Test wurde eine Metallscheibe verwendet, in die in regelmäßigen Abständen Löcher gebohrt wurden. Die Scheibe oder der Schirm wurden dann über den Spiegel gesetzt, der getestet wurde. Wenn Licht darauf fällt, wird ein perfekter Spiegel ein Bild mit Punkten in regelmäßigen Abständen erzeugen. Wenn hingegen der Spiegel Punkte mit nichtregelmäßigen Abständen erzeugt, können auf diese Weise Aberrationen entdeckt werden. Im Jahr 1971 entwickelten Dr. Roland Shack und Dr. Ben Platt ein Konzept, bei dem sie den Bildschirm durch einen Sensor ersetzten, der auf einer Reihe winziger kleiner Linsen basiert. Heutzutage ist dieser Sensor als Hartmann-Shack-Sensor bekannt und wird in verschiedenen Bereichen der Industrie sowie in der Augenheilkunde verwendet (. Abb. 2, 3, [1, 23]). Prof. J.F. Bille aus Heidelberg war der Erste, der den Hartmann-Shack-Sensor in der Augenheilkunde verwendete [7]. Andere wichtige Wellenfrontpioniere waren Dr. Junzhong Liang und Dr. David Williams [15, 16]. Im Jahre 1997 haben Liang u. Williams auf dem Kongress der Association für Research in Vision and Ophthalmology (ARVO) eine Publikation vorgestellt, die die ersten klinischen Ergebnisse der Wellenfrontanalyse beschrieb. Zu dieser Zeit begannen Augenärzte aus der ganzen Welt die Möglichkeiten der Wellenfronttechnologie sowie der Möglichkeit der Korrektur von Aberrationen zu verstehen [15, 16]. Die großen Laser-Hersteller wie VISX, Bausch & Lomb und Alcon entwickelten daraufhin ihre eigenen Wellenfrontanalysegeräte. So wurde die Wellenfrontanalyse dazu genutzt, um Aberrationen im Auge darzustellen. Im Jahr 1999 führte Prof. Theo Seiler die erste LASIK-Operation durch, die auf Wellenfrontinformationen basierte [18, 19]. Heutzutage haben Patienten und Operateure die Möglichkeit, aus verschiedenen diagnostischen Verfahren zu wählen, welche wellenfrontbasiert sind. Monochromatische HOA können gemessen und bezeichnet werden. Somit ist es wich- tig, die einzelnen Komponenten genau zu kennen und zu wissen, wie diese das Sehen individuell beeinflussen können. Zernike-Pyramide Eine Möglichkeit, die Daten zu analysieren ist, Zernike-Polynome (ZP) zu verwenden, die auch als „Modi“ bezeichnet werden. Jeder dieser „Modi“ beschreibt eine bestimmte dreidimensionale Oberfläche und korrespondiert mit den Aberrationen des Auges. Beispielsweise beschreiben die ZP der 2. Ordnung die konventionellen Aberrationen wie Sphäre und Astigmatismus. ZP über der 2. Ordnung repräsentieren HOA, die z. B. Halos und Blendung verursachen können. ZP helfen dabei, Wellenfrontergebnisse zu vereinfachen, indem sie alle Aberrationen in einer einzigen Grafik darstellen. Man nennt dies die „Zernike-Zerlegung“. In der Mathematik sind ZP eine Reihenfolge von Polynomen, die orthogonal an einer Scheibe angeordnet sind. Sie sind nach Frits Zernike benannt und spielen eine wichtige Rolle in der Geometrie. In der Ophthalmologie und Optometrie werden ZP verwendet, um Aberrationen der Hornhaut sowie der Linse, die durch Refraktionsfehler entstehen, zu beschreiben. Monochromatische Aberrationen, die von der Form der brechenden Oberfläche abhängen, werden mit der Wellenfrontanalyse gemessen und können theoretisch durch Änderung der Oberfläche der brechenden Medien geändert werden. Klinische Erscheinungen der sphärischen Korrektion wie Astigmatismus, sphärische Aberration und Koma sind monochromatische Aberrationen. Total monochromatische Aberrationen entsprechen der Oberflächendeformation und können in ZP, die aus Zernike-Termen (ZT) bestehen, umgewandelt werden. Jeder Term ZT aus ZP entspricht einer spezifischen geometrischen Funktion der Aberration (z. B: ZT3 = Astigmatismus). Die Zahl (z. B. ZT3=0,4) neben dem speziellen Term beschreibt die Stärke der Aberration. ZT werden in Ordnungen von ZP gruppiert (Aberrationen 2. Ordnung sind die Terme 3, 4, 5). Diese mathematischen Ausdrücke beschreiben, wie und auf welche Weise geometrische Mus- Korneale Wellenfront Interne Wellenfront Totale Wellenfront Abb. 1 8 Die gesamte Wellenfront setzt sich im optischen System aus der Aberration der Hornhaut und den internen Aberrationen zusammen ter die totalen optischen Aberrationen beeinflussen. Auch andere mathematische Methoden zur Bestimmung der optischen Aberrationen sind möglich, aber die Zerlegung in ZP ist als Standard anerkannt. Die klassische sphärozylindrische Korrektion der Abbildungsfehler, die die optischen Aberrationen wie Sphäre und Astigmatismus korrigiert, ist gut bekannt. Die sog. HOA sind alle anderen Aberrationen, außer Sphäre und Astigmatismus. Die wichtigsten und am häufigsten verwendeten sind die ersten 4 Ordnungen von ZP, bestehend aus 14 Termen von ZP (. Tab. 1). Im normalen Auge junger Patienten betragen die Aberrationen der 3. Ordnung etwa 40%, die Aberrationen der 4. Ordnung etwa 25% und die Aberrationen der 5. und 6. Ordnung 30%. Grundprinzipien der Aberrometer Auf dem Markt sind eine Vielzahl verschiedener Typen von Wellenfrontmessgeräten erhältlich. Sie basieren auf vier verschiedenen Grundprinzipien, nach denen die Wellenfrontabweichung gemessen wird. Eine Zusammenfassung der Messprinzipien und ihrer Geräte findet sich in . Tab. 2. Der Ophthalmologe 9 · 2008 | 819 Zusammenfassung · Abstract Ophthalmologe 2008 · 105:818–824 © Springer Medizin Verlag 2008 DOI 10.1007/s00347-008-1822-z M.J. Sanchez · A. Mannsfeld · A.F.M. Borkenstein · A. Ehmer · I.-J. Limberger · M.P. Holzer · G.U. Auffarth Die Wellenfrontanalyse in der ophthalmologischen Diagnostik Zusammenfassung Die moderne Aberrometrie erfasst neben den Standardrefraktionsfehlern des Auges auch die sog. Aberrationen höherer Ordnung. In der Ophthalmologie und Optometrie werden Zernike-Polynome verwendet, um Aberrationen der Hornhaut sowie der Linse, die durch Refraktionsfehler entstehen, zu beschreiben. Aberrationen höherer Ordnung können nach erfolgreicher Laserchirurgie die Ursache von Visusminderung und Patientenunzufriedenheit sein. Auf den Wellenfrontdaten basierende „enhancements“ können hier Abhilfe bringen. In der Akkommodationsforschung werden Aberrometer auch zur objektiven Messung einer Refraktionsänderung verwendet. Die Wellenfronttechnologie und ihre individualisierte klinische Anwendung haben dem Ophthalmologen eine Vielzahl von Alternativen beschert, die delikate Balance der Optik des Auges zu verstehen. Die Zukunft der refraktiven Chirurgie besteht in vermehrten individualisierten Behandlungen zur Unterdrückung induzierter höherer Aberrationen und damit verbesserten klinischen Ergebnissen. Im Intraokularlinsenbereich werden die Patienten weitere Forderungen nach individualisierten IOL stellen, welche Aberrationen höherer Ordnung korrigieren. Schlüsselwörter Aberrometrie · Hartmann-Shack · ZernikePolynome · Aberrationen höherer Ordnung · Tscherning Wavefront analysis in ophthalmologic diagnostics Abstract Modern aberrometry measures standard and so-called higher-order refractory aberrations. Ophthalmology and optometry use Zernike polynomials to describe aberrations of the retina and lens causing refractory errors. Aberrations of a higher order sometimes follow successful laser surgery, causing reduced vision and inducing patient dissatisfaction; enhanced wavefront data can help to avoid this. Aberrometry is used also for objective measurement of refractory changes. Wavefront techniques and their clinical application enable many options for understanding the del- icate balance of eye optics. The future of refractive surgery lies in increasingly individualized treatment to suppress higher degrees of aberration and thus improve clinical results. Patients will continue placing greater demand on individualized intraocular lenses that correct higher-order aberrations. Keywords Aberrometry · Hartmann-Shack · Zernike polynomials · Higher-order aberrations · Tscherning Tab. 1 Die ersten 4 ZP-Ordnungen bestehend aus 14 ZT ZP-Ordnung 0 1 2 3 4 Term ZT 0 (Piston) 1, 2 (Tilt) 3, 5 (Astigmatismus) 4 (Defokus) 6, 9 (Trefoil) 7, 8 (Koma) 10, 14 (Tetrafoil) 11, 13 (sekundärer Astigmatismus) 12 (sphärische Aberration) Die Hartmann-Shack-Aberrometrie Der Hartmann-Shack-Wellenfrontsensor verfügt über etwa 100 Dioden, die ca. 100 Spots erzeugen, welche das im Auge gebrochene Licht auf einen CCD-Detektor leiten. Ein niederenergetisches Laserlicht wird an der Fovea reflektiert, verläuft zurück durch die optischen Medien des Auges und erzeugt somit eine abgehende Wellenfront. Diese abgehende Wellenfront wird dann über die Dioden mit einer idealen Wellenfront verglichen. Die Versetzung der gemessenen Spots des untersuchten Auges zum äquivalenten Spot der idealen Wellenfront definiert den Grad der okulären Aberration. (. Abb. 1, 3a, b) Obgleich die Hartmann-Shack-Aberrometrie sehr genau arbeitet, ist das Niveau der Genauigkeit von der Zahl der Punkte abhängig, die innerhalb eines 7-mm-Pupillenbereichs gemessen werden. Im Handel erhältliche Aberrometer (Hartmann-ShackPrinzip) schwanken von nur 70 Messpunkten wie der Zywave® (Bausch & Lomb) bis hin zu 800 Messpunkten im COAS™ (Wavefront Sciences). Limitationen der Wellenfrontmessung mit diesem System sind durch chorioidale Lichtstreuung unterhalb der Fovea gegeben, welche allerdings im Vergleich zu Veränderungen der axialen Länge des Auges oder solchen mit hochgradigen Aberrationen bedeutungslos sind [1, 21, 22, 23, 25, 27, 31]. Tscherning-Aberrometrie und Ray-Tracing Der nächste Typ der Wellenfrontmessung wurde 1894 von Tscherning charakteri- 820 | Der Ophthalmologe 9 · 2008 siert, als er die monochromatischen Aberrationen des menschlichen Auges beschrieb. Dieses Prinzip wurde von der optischen Industrie jedoch nicht gefördert und als nicht vorteilhaft anerkannt. Im Jahr 1977 griffen Howland u. Howland das Tscherning-Messprinzip wieder auf und evaluierten subjektiv unter Verwendung eines zusätzlichen Kreuzzylinderobjektivs die monochromatischen Aberrationen des Auges (. Abb. 3c, [29]). Seiler verwendete eine ähnliche Konfiguration des Tscherning-Systems. Mit Hilfe eines sphärischen Objektivs projizierte dieses System ein 1-mm-Gitter auf die Netzhaut. Dies und ein paraxiales Blendensystem konnten das Aberrationsmuster von bis zu 168 Punkten als Wellenfrontdiagramm sichtbar machen und photographisch dokumentieren. Dieses Laserrasterfeld (13×13) wird durch einen 10 mm großen Bereich der Kornea projiziert und repräsentiert eine Analyse von Lenslet Strahl CCD Kamera Ideales Auge Menschliches Auge Abb. 2 8 Darstellung und Messprinzip einer idealen Wellenfront mit dem Hartmann-ShackAberrometer Abb. 3 8 Darstellung der verschiedenen Wellenfrontmessprinzipien (mod. nach [29]). a, b Prinzip des Hartmann-Shack- Aberrometers: Analysiert wird die zurückprojizierte Wellenfront der Fovea mittels Photodetektoren; c Prinzip des Tscherning-Aberrometers: Analysiert wird die einfallende Wellenfront auf der Netzhaut; d Prinzipien der im OPD-Scan genutzten Spaltskiaskopie. Ein abtastender Lichtstreifen tritt ins Auge ein und wird mit einer zeitlichen Verzögerung reflektiert. Fotodetektoren registrieren die zeitliche Verzögerung, die spezifisch zu diesem Meridian definiert ist. Mehrfache Meridiane charakterisieren das totale Augenwellenfrontprofil; e Prinzip der räumlich zerlegenden Refraktometrie: Eine periphere Lichtquelle projiziert durch ein Rad, das sich mit dem Joystick subjektiv mit einem Bezugspunkt in der Mitte der Pupille in Überlappung bringen lässt. Die Bewegung variiert den Einfallswinkel des peripheren Strahls. Der Wellenfrontfehler an diesem Punkt kann damit mathematisch gekennzeichnet werden. Mehrfache periphere Strahlen werden getestet, um das Wellenfrontprofil zu konstruieren Der Ophthalmologe 9 · 2008 | 821 Leitthema Tab. 2 Auflistung der kommerziell erhältlichen Wellenfrontmessgeräte Hartmann-Shack Tscherning AMO: WaveScan WaveFront™ System Wavelight: Allegro Analyzer Optical Ray Tracing Tracey Technologies: iTrace Skiaskopiebasiert Nidek: OPD-Scan II Bausch & Lomb: Zywave® II Wavefront Aberrometer Carl Zeiss Meditec: WASCA Aberrometer Analyzer Schwind: Ocular Wavefront Analyzer etwa 100 Punkten innerhalb eines 7-mmPupillenbereichs [18, 19]. Limitationen der Tscherning-Wellenfrontmessung liegen in der Verwendung eines idealen Augenmodells (Gullstrand), um eine Ray-Tracing-Berechnung durchführen zu können. Das Gullstrand-Modell, welches mit der Änderung des refraktiven Fehlers variiert, ist jedoch in handelsüblichen Geräten entsprechend des refraktiven Fehlers des Patienten modifiziert, um die genaue Messung der axialen Länge einhalten zu können. Scheiner-SmirnovRefraktometrie (SSR) Diese Methode der Wellenfrontmessung basiert auf dem im 17. Jahrhundert von Scheiner entwickelten und 1961 von Smirnov beschriebenen Prinzip der subjektiv justierbaren Refraktometrie. Periphere Strahlen des ankommenden Lichts werden subjektiv zu einem zentralen Ziel umgeleitet, um die okulären Aberrationen von diesem peripheren Punkt auszuschalten (. Abb. 3e). Diese Methode wurde 1992 von Webb u. Penny zu einer subjektiven Form der Wellenfrontrefraktometrie des menschlichen Auges abgewandelt. . Abb. 3e zeigt schematisch dargestellt das TraceyMessgerät, welches das Wellenfrontmuster misst. Das InterWave® (Emory Vision)-Messgerät bringt das SSR-System unter Verwendung von ungefähr 37 Prüfpunkten in den Handel, welche manuell vom Untersucher ausgerichtet werden, um das zentrale Target mit dem Wellenfrontmuster in Übereinstimmung zu bringen. Obgleich diese Technologie einzigartig und sehr gut geeignet ist, die vom Patienten wahrgenommenen Aberrationen subjek- 822 | Der Ophthalmologe 9 · 2008 tiv zu verifizieren, besteht die Limitation dieser Methodik im zeitintensiven subjektiven Abgleich der Wellenfrontdefekte [1, 29, 33]. Auf Strichskiaskopie basierende Aberrometrie Eine weitere Methode der Wellenfrontmessung basiert auf der „double pass aberrometry“ oder der retinoskopischen Aberrometrie, die den Weg des Lichts in das Auge und die Reflektion aus dem Auge betrachtet, um das Wellenfrontmuster zu definieren. Die Strichskiaskopie scannt als Lichtspalt entlang einer spezifischen Richtung und Orientierung (. Abb. 3d). Die Fundusreflexe werden dann aufgefangen, um die Abweichung des Wellenfrontmusters auf parallelen Photodetektoren zu definieren. Ein Paar senkrechter Photodetektoren definiert die Orientierung der Wellenfront. Insgesamt vier Punkte können an jedem Meridian definiert werden. Mit dem Scannen von 360 Meridianen (in jedem Grad von 360°) erreicht man damit 1440 Datenpunkte. . Abb. 3d zeigt das Prinzip der Skiaskopie, wie sie im OPDScan (Nidek) verwendet wird. Potenzielle Limitationen dieser Technik sind der kleine Umfang der axialen Messung durch die vorgegebenen Meridiane und die sequenzielle Erfassung [1, 6, 29, 30]. Klinische Anwendung und Reliabilität Die klinische Anwendung der Wellenfront hat mit den Jahren zugenommen. Die ersten Anwendungen bildeten die Topographien zur Diagnose von Hornhautektasien und irregulären Astigmatismen. Weiterhin erlaubt die Messung der HOA wie Koma, sphärische Aberration oder Trefoil die Anwendung bei patientenspezifischen Behandlungen wie den individuellen Laserbehandlungen (LASIK, PRK, Presbyopielaser) und die prä- und postoperativen Berechnungen der asphärischen Intraokularlinsen. Einige Gruppen haben die klinischen Resultate dieser Geräte studiert und evaluiert. Rozema et al. [24, 25] verglichen und validierten die Messungen von 6 Aberrometern: dem Visual Function Analyzer (Tracey), dem OPD-Scan ARK-10000 (Nidek), dem Zywave® (Bausch & Lomb), dem WASCA (Carl Zeiss Meditec), dem MultiSpot Hartmann-Shack-Aberrometer und dem Allegretto Wavelight Analyzer. Sie leiteten eine prospektive Studie über eine Gruppe von 44 gesunden Augen, die in ihren Refraktionen von −5,25 dpt bis +5,25 dpt reichten. Für jedes Aberrometer und jedes Auge wurden die durchschnittlichen Zernike-Daten benutzt, um verschiedene Arten des Quadratmittelrauheitswerts (RMS-Wert) zu berechnen. Die Aberrometer gaben vergleichbare Werte für alle untersuchten Parameter mit den folgenden Fehlern: Der OPD-Scan misst geringere Polynome, welche die 4. und 5. Ordnung beschreiben und der Visusal Function Analyzer misst stärkere Polynome des Astigmatismus. Der RMS-Wert der 3. Ordnung war bei jedem Gerät unterschiedlich, genauso wie der RMS-Wert in der zentralen 2-mm-Zone. Die WASCA zeigte die geringste Abweichung. Holzer et al. [12] haben innere, korneale und totale sphärische Aberrationen mit dem OPD-Scan II (Nidek) in unterschiedlichen Altersgruppen gemessen und weitere Studien mit anderen Wellenfrontgeräten wie dem Ocular und Corneal Wavefront Analyzer (Schwind) durchgeführt. Sie haben herausgefunden, dass die Messungen mit dem OPD-Scan zuverlässig sind und gut benutzt werden können, um interne Aberrationen des Auges zu messen. Mit den Studien an den SchwindGeräten war es ebenfalls möglich, interne Aberrationen des Auges zu berechnen, wobei allerdings die Werte für die HOA, sphärische Aberrationen sowie Koma bei einzelnen Probandengruppen sehr unterschiedlich sind [13]. Eine andere Forschungsgruppe untersuchte das klinische Verhalten unter- schiedlicher Aberrometer für die Wiederholbarkeit und Genauigkeit von Aberrationen niedriger Ordnungen, höherer Ordnungen und Instrumentenmyopie durch Messung von Sphäre und Astigmatismus. Salmon et al. [24] erforschten die Aberrationen von 56 normalen, gesunden Augen (28 Personen) mit und ohne Zykloplegie, gemessen mit COAS, mit dem konventionellen Autorefraktometer und mittels subjektiver Refraktion. Dabei fanden sie heraus, dass die Aberrationen niedriger Ordnung (Sphäre und Astigmatismus) mit dem COAS und dem Autorefraktometer eine geringere Genauigkeit zeigen als mit der subjektiven Refraktion. Sie bewerteten die Instrumentenmyopie, indem sie dasselbe Auge einmal mit und einmal ohne Zykloplegie verglichen. Die Daten wurden für eine 5-mm-Pupille analysiert. Der durchschnittliche sphärische Fehler der COAS lag zwischen −0,1 und +0,4 dpt, abhängig von der Zykloplegie und der Berechnung der sphärischen Brechkraft. Der zylindrische Fehler lag unter 0,1 dpt. Die Wiederholbarkeit der COAS war besser als 0,25 dpt und die Instrumentenmyopie geringer als 0,4 dpt. Diese Ergebnisse waren mit den Werten des Autorefraktometers vergleichbar. Die Wiederholbarkeit der höheren Ordnungen war ausreichend, um verlässliche Messungen der normalen Aberrationen der 3. Ordnung durchzuführen. Die Wiederholbarkeit, die Genauigkeit und die Instrumentenmyopie der COAS waren denen der konventionellen Autorefraktometer sehr ähnlich. Die Genauigkeit und die Wiederholbarkeit sind auch mit denen der subjektiven Refraktion vergleichbar. Wie auch das Autorefraktometer garantiert der COAS objektive Messungen der Sphäre und des Astigmatismus, aber auch Messungen der höheren Ordnungen. Objektive Messung der Akkommodation am menschlichen Auge In phaken und pseudophaken Augen kann man neuerdings den objektiven Akkommodationserfolg mittels „dynamic stimulation aberrometry“ (DSA) messen. Ein DSA-Aufsatz (Optana) wird an das WASCA-Aberrometer oder den Ocular Wavefront Analyzer angeschlossen. Leitthema Mit Hilfe dynamischer Aberrationsmessungen ist es möglich, die Akkommodation über Veränderungen in den Aberrationen der Augenlinse oder IOL zu analysieren [11]. Dafür wird über ein Periskopspiegelsystem der Blick auf ein statisches Fern- oder schwenkbares Nahtarget, welches über eine Zusatzsoftware gesteuert wird, gelenkt. Sowohl bei phaken als auch pseudophaken Augen konnte Akkommodation über Änderungen in den Aberrationen niederer und höherer Ordnung beim dynamischen Blick in die Ferne und Nähe gemessen werden. Bei verschiedenen IOL (phak, monofokal, akkommodativ) konnten unterschiedlich starke Veränderungen der Aberrationen gezeigt werden. Phake Augen zeigten bei unterschiedlichen Akkommodationsreizen (3–9 dpt) einen unterschiedlichen Akkommodationserfolg. DSA bietet die Möglichkeit, objektiv die Akkommodation über Änderungen der okularen Aberrationen mithilfe binokularer Stimuli zu messen [11]. Fazit für die Praxis Generell ist es mit fast allen modernen Lasersystemen und deren Wellenfrontgeräten als Peripherieanbindung möglich, das optische System auf seine Aberrationen hin zu untersuchen [1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 12, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 33, 34]. Hierbei zeigt sich, dass 90% aller HOA in der Hornhaut lokalisiert sind. Daher ist es möglich, bei Patienten, die nach refraktiver Laserchirurgie unter photischen Phänomenen oder ähnlichen Beeinträchtigungen leiden, diese Beschwerden mit der wellenfrontgeführten Ablation zu behandeln. Sogenannte „enhancements“ nach refraktiver Chirurgie sind – basierend auf den Wellenfrontdaten – sehr erfolgreich. Die Wellenfrontuntersuchung kann aber auch zur Akkommodationsmessung in wissenschaftlichen Studien herangezogen werden. Korrespondenzadresse Dr. M.J. Sanchez International Vision Correction Research Centre (IVCRC), Universitäts-Augenklinik Heidelberg, Ruprecht Karls-Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg maria_sanchez@med.uni-heidelberg.de 824 | Der Ophthalmologe 9 · 2008 Interessenkonflikt. Gefördert durch die KlausTschira-Stiftung. Project/DSA (Dynamic Stimulating Aberrometry). Die Autoren haben kein finanzielles Interesse an den erwähnten Produkten. Literatur 1. Auffarth GU (Hrsg) (2004) Aktuelle Laseranwendungen in der refraktiven Chirurgie. Uni-Med Bremen 2. Alió J, Galal A, Montalbán R, Piñero D (2007) Corneal wavefront-guided LASIK retreatments for correction of highly aberrated corneas following refractive surgery. J Refract Surg 23: 760–763 3. Alió JL, Piñero D, Muftuoglu O (2008) Corneal wavefront-guided retreatments for significant night vision symptoms after myopic laser refractive surgery. Am J Ophthalmol 145: 65–74 4. 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