Verantwortungsbewusst statt digital dominiert: So nutzt ihr euer Smartphone richtig

Gemacht, um zu nützen, sorgt das Smartphone tatsächlich häufig dafür, dass viele seiner Besitzer zu regelrechten „Sklaven“ werden. Ihr wollt euer Smartphone wieder dominieren, nicht umgekehrt? Dann haben wir etwas für euch.

Andauernd piepst es; es nötigt uns, es teils im Minutentakt in die Hand zu nehmen; schon der Sperrbildschirm zeigt, welche „wichtigen“ Neuigkeiten es gibt; und so, wie viele Techniken darauf aufgebaut sind, ist es nur sehr schwierig, das Teil auch nach einem kurzen Blick wieder in die Tasche zu stecken.

Kommt euch das bekannt vor? Dann gehört ihr zu einer großen Prozentzahl innerhalb der 92,2 Prozent aller Deutschen, die ein Mobiltelefon besitzen. Für diese Menschen ist das Smartphone durch seine vielfältigen Eigenschaften so dominant geworden, dass die Besitzer sich teilweise fühlen, als würde das Handy ihnen sagen, was zu tun ist – anstatt umgekehrt, wie es eigentlich sein sollte.

Ihr wollt gegenüber eurem Smartphone wieder die Oberhand gewinnen? Wollt euch nicht dauernd diktieren lassen, was ihr wann wie lange zu betrachten habt? Dann arbeitet die folgenden Tipps ab. Sie helfen euch dabei, wieder die Oberhoheit zu gewinnen.

Besorgt euch Ersatzgeräte für Smartphone-Funktionen

Die vielleicht wichtigste Wurzel, warum wir dazu neigen, das Smartphone über Gebühr zu nutzen, ist die Tatsache, dass die Geräte so viele Funktionen vereinen. Und weil ihr zwischen allen davon mit nur wenigen Fingerwischen switchen könnt, führt oft eines zum anderen: Ihr entsperrt das Gerät für Nutzung A, eine Stunde später seid ihr unbewusst schon bis zur Nutzung M durchgedrungen. Kein Wunder, dass durchschnittliche Nutzer mittlerweile 3,7 Stunden täglich aufs Display schauen.

Der erste Trick zu einer bewussteren Nutzung besteht darin, solche Gründe zu eliminieren, warum ihr überhaupt das Smartphone in die Hand nehmen müsst, ohne dass beispielsweise ein Anruf oder eine Kurznachricht Aufmerksamkeit erfordert. Welche das sind, müsst ihr natürlich selbst überlegen. Klassiker sind jedoch:

– Checken der Uhrzeit bzw. des Datums;

– Betrachten von gespeicherten Fotos/Videos;

– Aufrufen und Erstellen von Notizen.

Das heißt, ihr zückt beispielsweise das Handy, um die Uhrzeit zu überprüfen. Wo das jedoch schon getan ist, schaut ihr schnell in Twitter hinein, euren YouTube-Feed – was auch immer. Schon wurde der eigentlich nur Sekundenbruchteile dauernde Uhrzeit-Check zum viele Minuten verschlingenden Surfen.

Echte Abhilfe schaffen nur Alternativen: Armbanduhr (allerdings natürlich keine Smartwatch), Stift und Notizzettel, vielleicht ein Portable Media Player. Sie helfen euch, euch nur auf solche häufigen Nutzungen zu fokussieren, ohne in andere Apps abzudriften. Apropos Apps:

 

 

Klassische (= nicht smarte) Armbanduhren und Wecker eliminieren einen wichtigen Grund, häufig aufs Handy zu schauen. (stock.adobe.com © panitan)

Lösche schlechte Apps

Wohl jeder dürfte seine ganz eigenen Apps haben, die er besonders häufig nutzt. Es sind oft diejenigen, die so angelegt sind, dass man sich von Link zu Link klicken und/oder endlos weiter wischen kann.

Das ist definitiv kein Komfort-Feature, sondern Absicht der Programmierer. Sie wollen, dass wir so viel Zeit wie möglich damit verbringen. Vergesst dabei nie, dass es primärer Zweck vieler Apps (vor allem aus dem sozialmedialen Bereich) ist, euch Werbung zu präsentieren.

Deinstalliert solche Apps am besten rigoros. Im Zweifelsfall könnt ihr die Plattformen immer auch noch über den Browser nutzen. Nur hat der den Vorteil, dass er sich nicht dauernd meldet und auch nicht das Symbol jeder einzelnen Plattform auf eurem Home-Screen prangt und nach Aufmerksamkeit ruft.

Überlegt hierzu abermals, womit ihr besonders viel Zeit vergeudet. Dabei helfen euch auch die internen Betriebssystemfunktionen, welche die Nutzungszeit von Apps anzeigen. Bei vielen Geräten könnt ihr auf gleiche Weise auch Zeitlimits einstellen:

So geht es für Apples Bildschirmzeit

So geht es für die ähnliche Funktion bei Android

Lagert besondere Zeitfresser auf ortsfeste Rechner aus

Was haben Wikipedia, Online-Casinos und Facebook miteinander gemeinsam? Es ist die Tatsache, dass es spielend leicht ist, bei solchen Nutzungen die Zeit zu vergessen. Das gilt auch in dem Fall, dass der Zugriff über den Browser erfolgt.

Für die genannten Casinos haben die Betreiber umfassende Selbstschutzmaßnahmen für die Nutzer etabliert; jenseits davon gibt es so etwas jedoch kaum. Allerdings könnt ihr euch praktisch immer anderweitig selbst schützen: indem ihr den Komfort aus der Gleichung herausnehmt.

Das Smartphone, ferner auch das Tablet, ist immer bereit, kann überall genutzt werden. Es ist deshalb unheimlich einfach, es irgendwo zu zücken und sich in einer Anwendung regelrecht zu verlieren. Der Schutz dagegen kann also lauten, solche Dinge auf dem Handy(-browser) zu blacklisten und sie sich selbst nur an einem ortsfesten Rechner (der auch ein fest aufgestellter Laptop sein kann) zu gestatten.

Damit eliminiert ihr beispielsweise die so verführerische Nutzung von der Couch aus. Ihr müsst aufstehen, euch bestenfalls in einen anderen Raum begeben. Dadurch fällt es euch gewollt schwerer, die Zeitfresser zu nutzen und gleichsam leichter, euch wieder loszureißen – im Zweifelsfall, weil ihr einfach zurück auf die Couch möchtet.

Da alles auf dem Smartphone überall komfortabel genutzt werden kann, ist es oft schwer, sich von einzelnen Nutzungen loszureißen. (stock.adobe.com © undrey)

Schaltet Push und andere Benachrichtigungen aus

Hand aufs Herz: Interessiert es euch wirklich, ob jemand gerade auf Instagram das Bild einer dritten Person kommentiert hat? Müsst ihr wirklich jetzt sofort wissen, was irgendein Politiker über irgendein Thema gesagt hat? Muss, das, was ein YouTube-Channel neu gepostet hat, direkt als Pop-up-Meldung auf eurem Startbildschirm erscheinen? Falls die Antwort Nein lautet, solltet ihr euch folgerichtig fragen, warum ihr all diesen Apps erlaubt, euch tagtäglich mit dutzenden Meldungen zu stören.

Ihr wollt das Smartphone bewusster nutzen? Dann solltet ihr allem, was nicht unter die Rubrik Kurznachrichten und Anrufe fällt, die Berechtigungen zu Benachrichtigungen entziehen. Und selbst bei manchen Kontakten bzw. Gruppen solltet ihr auch nicht zögern, den Regler auf „stumm“ zu schalten.

Haltet das Handy außerhalb eures Blickfeldes

Kennt ihr das Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“? Zwar ist der Spruch schon sehr alt, dahinter steckt jedoch tatsächlich eine Mitte der 2000er wissenschaftlich nachgewiesene Hirnfunktion: Unser Gehirn kann nur eine begrenzte Zahl visueller Informationen im Kurzzeitgedächtnis speichern. Ist etwas nicht dauernd sichtbar, wird es schnell von anderen Eindrücken überlagert und vergessen.

Was hier nach harter Neurowissenschaft klingt, könnt ihr im Alltag ganz praktisch umsetzen: Sorgt einfach nur jederzeit dafür, dass euer Handy sich dort befindet, wo ihr nicht andauernd draufblickt. Egal ob ihr unterdessen fernseht, euch unterhaltet oder etwas völlig anderes tut, die dabei empfangenen visuellen Informationen werden rasch überwiegen und dafür sorgen, dass ihr deutlich weniger Druck verspürt, das Smartphone in die Hand zu nehmen und bestimmte Dinge zu checken oder zu tun.

Netter Nebeneffekt: Es ist im Beisein anderer einfach höflicher, weil ein ostentativ auf dem Tisch liegendes Handy immer suggeriert, dass der Besitzer ständig bereit ist, sich um Wichtigeres als sein Gegenüber zu kümmern.

Graustufen machen ein Smartphone nicht wenige benutztbar – nur etwas unattraktiver für ständiges Benutzen. (unsplash.com © Jonas Leupe)

Schalte um auf 50 Shades of Grey

Das Honor 9A: 6,3 Zoll Display-Diagonale, 278 Pixel pro Quadratzoll. Was darauf gezeigt wird, ist ein echter Augenschmaus – und andere Handys mit AMOLED-Displays und höheren Bildwiederholungsraten machen noch mehr Spaß und Lust, ständig darauf zu schauen.

Doch abermals ist genau das ein Problem. Denn je besser sämtliche Inhalte auf eurem Handy aussehen, desto verführerischer ist es natürlich, häufig und dauerhaft darauf zu schauen. Der unschöne Doppel-Nebeneffekt:

1. Ihr nutzt automatisch das Smartphone viel länger, häufiger und dadurch wahrscheinlich unbewusster.

2. Die Magie der brillanten Darstellung nutzt sich rasch ab. Irgendwann wirkt selbst das Display eines Flagship-Handys nicht mehr herausragend.

Ihr wollt es ganz anders machen? Dann empfehlen wir eine radikale Methode: Graustufen. Praktisch jedes Handy hat die Möglichkeit, die Farbwiedergabe gegen einen monochromen Look auszutauschen. Je nach Gerät kann auch noch ein deutlich reduzierterer Look einhergehen, etwa ohne Animationen und ähnliche optische Boni.

Auch das hat einen Doppel-Effekt, besonders dann, wenn euer Handy ein AMOLED-Display besitzt:

1. Bei AMOLED bedeutet die Anzeige der Farbe Schwarz, dass die jeweilige LED abgeschaltet ist. Das Display (der bedeutsamste einzelne Verbraucher jedes Smartphones) verbraucht also deutlich weniger Strom – bei konventionellen IPS-Displays wird der Effekt jedoch deutlich geringer sein.

2. Egal welche Funktion, sie wird, Grau in Grau, längst nicht mehr so gut aussehen. Das kann euch dabei helfen, nur das auf dem Gerät zu machen, was wirklich nötig ist. Wichtig nicht zuletzt als Schutz vor überbordender Nutzung von Anwendungen, die auf hochwertige Medienwiedergabe setzen – beispielsweise YouTube oder Instagram.

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