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Rechtliches

Wer muss darlegen und beweisen, dass der Behandlungsfehler ursächlich für den Gesundheitsschaden war?
Grundsätzlich trägt die Patientin oder der Patient wie in anderen zivilrechtlichen Verfahren auch die sogenannte Beweislast dafür, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und die Ursache für einen in Rede stehenden Gesundheitsschaden war. Der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden muss mit dem „für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit geführt werden, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“ (BGH, Urteil vom 16.04.2013 – VI ZR 44/12, m.w.N.). Eine mathematisch-naturwissenschaftliche Sicherheit oder eine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ muss nicht belegt werden. In bestimmten gesetzlich geregelten Fallkonstellationen gibt es sogenannte Beweiserleichterungen für die Patientin oder den Patienten, bei denen die Ärztin oder der Arzt die Beweislast in Teilen möglicherweise auch vollständig trägt. Eine Umkehr der Beweislast tritt beispielsweise beim groben Behandlungsfehler (§ 630h Abs. 5 BGB) ein, wenn die Ärztin oder der Arzt besonders schwerwiegend gegen den medizinischen Standard verstoßen hat. Ein grober Behandlungsfehler wird in ständiger Rechtsprechung (BGH, VersR 2005, 228, m.w.N.) bejaht, wenn „der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf“. Auch greift eine Beweiserleichterung für Patientinnen und Patienten ein, wenn eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis nicht dokumentiert wurden. Dann wird vermutet, dass der Arzt oder die Ärztin diese Maßnahme nicht getroffen hat (§ 630h Abs. 3 BGB).
Was ist ein Behandlungsfehler?
Der Bundesgerichtshof definiert in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 24.02.2015, Az. VI ZR 106/13, m.w.N.) das Handeln oder Unterlassen eines Arztes als Behandlungsfehler „wenn es dem im Zeitpunkt der Behandlung bestehenden medizinischen Standard zuwiderlief. Der Standard gibt Auskunft darüber, welches Verhalten von einem gewissenhaften oder aufmerksamen Arzt in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs im Zeitpunkt der Behandlung vorausgesetzt und erwartet werden kann. Er repräsentiert den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat“.Das heißt: Eine Ärztin oder ein Arzt kann den Erfolg der Behandlung nicht garantieren. Die Patientin oder der Patient muss jedoch mit der erforderlichen Sorgfalt behandelt werden. Ein Behandlungsfehler kann darin bestehen, dass ärztliche Maßnahmen in Diagnostik und/ oder Therapie entweder unnötigerweise, unter Verstoß gegen die einzuhaltende Sorgfaltspflicht vorgenommen oder dass notwendige ärztliche Maßnahmen unterlassen werden.
Was ist ein "Gesundheitsschaden"?
Der Begriff des „Gesundheitsschadens“ beschreibt einen gesundheitlichen Nachteil, der zusätzlich zu den krankheitsbedingten Beeinträchtigungen eines Patienten oder einer Patientin durch eine ärztliche Behandlung eintritt. „Gesundheitsschäden“ müssen nicht notwendigerweise bleibend sein. Es genügt grundsätzlich eine nicht völlig unbedeutende gesundheitliche physische und/oder psychische Beeinträchtigung, wie z. B. vorübergehende Schmerzen oder eine erneute Operation.