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Suchtmedizin

Riskanter Alkoholkonsum, Rauchen und Medikamentenabhängigkeit stellen in Deutschland ein weit verbreitetes sozialmedizinisches Problem dar. Aktuellen epidemiologischen Umfragen zufolge konsumieren 9,5 Millionen Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Rund 16 Millionen Erwachsene rauchen und etwa 1,5 Millionen Deutsche leiden an einer Medikamentenabhängigkeit. Bei den illegalen Drogen ist Cannabis nach wie vor die mit Abstand am häufigsten konsumierte Droge. An einer Opiatabhängigkeit leiden aktuell etwa 150.000 Bundesbürger.

Suchterkrankungen sowie der Gebrauch von Suchtmitteln allgemein führen jährlich in Deutschland zu einer Vielzahl von Erkrankungen und Todesfällen. Allein 110.000 -140.000 Menschen sterben pro Jahr an den Folgen des Tabakkonsums und weitere 3.300 Personen an den Folgen des passiven Konsums von Tabakrauch. Darüber hinaus versterben weitere 73.700 Menschen an den direkten und indirekten Folgen des Alkoholkonsums. Etwa 1.500 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Konsums von Heroin und anderen Rauschgiften. (2008: 1.449, 2009: 1.331)

Abhängigkeitserkrankungen haben nicht nur gravierende Auswirkungen auf die betroffene Person, sondern auch auf ihr familiäres und soziales Umfeld. Hinzukommend verursacht der Konsum von legalen Drogen große finanzielle Belastungen für das Gesundheitswesen und die Volkswirtschaft: Die direkten und indirekten Kosten des Rauchens beliefen sich 2007 in Deutschland nach Berechnungen von Adams und Effertz auf 33,55 Mrd. € [Adams und Effertz, 2009 [PDF]]. Davon betragen die direkten Kosten (Behandlungskosten) für die medizinische und rehabilitative Versorgung tabakbedingter Krankheiten 8,66 Mrd. €. Die indirekten Kosten aufgrund von Verdienstausfall durch Krankheit und vorzeitigem Tod von Betroffenen werden mit 24,89 Mrd. € beziffert. Für die alkoholbezogenen Krankheiten hat die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. [Konnopka und König, 2007] geschätzt, dass sich die direkten Kosten im Jahr 2002 auf insgesamt 24,4 Mrd. € belaufen haben. Diese Summe entspricht 1,16% des Bruttoinlandsproduktes. Davon entstehen 8,4 Mrd. € durch die direkten Krankheitsbehandlungskosten, weitere 16 Mrd. € durch vorzeitige Mortalität, Frühberentungen und Arbeitsunfähigkeiten.

Diesen Kosten stehen Tabaksteuereinnahmen in der Höhe von 14,2 Milliarden Euro (2007 - 0,9 % gegenüber 2006) und Einnahmen aus alkoholbezogenen Steuern in der Höhe von 3,1 Milliarden Euro (2007 - 8,7 % gegenüber 2006) gegenüber.

Bereits auf dem 106. Deutschen Ärztetag 2003 hat sich die Deutsche Ärzteschaft für ein umfassendes Tabakwerbeverbot ausgesprochen und unterstützt die Inhalte des Tabakrahmenkontrollabkommens der WHO (Framework Convention on Tobacco Control). Durch Tabakwerbeverbote und höhere Preise für Tabakprodukte lässt sich nachweislich insbesondere die Zahl jugendlicher Raucher verringern. Weitere Beschlüsse des Deutschen Ärztetages zu den schädlichen Folgen des Tabakkonsum finden Sie hier: Beschlüsse des Deutschen Ärztetags zum Tabakkonsum und zur Tabakkontrolle

Im Bereich der illegalen Drogen engagiert sich die Bundesärztekammer für eine verbesserte Versorgung heroinabhängiger Patienten. Opiatabhängigkeit ist eine behandlungsbedürftige, schwere chronische Krankheit, für die sich die substitutionsgestützte Behandlung als wissenschaftlich evaluierte und wirksame Therapieform bewährt hat. Die BÄK wurde 2001 vom Verordnungsgeber beauftragt, in Richtlinien den allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zur substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen festzustellen. Erstmalig hat sie am 22. März 2002 „Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger“ verabschiedet, die inzwischen mit Vorstandsbeschluss vom 19.2.2010 (Deutsches Ärzteblatt, 19.3.2010) umfassend novelliert wurden. Mit den Änderungen wurden die Richtlinien an die aktuelle Gesetzeslage, den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und an die veränderten Anforderungen an die Versorgungslandschaft angepasst. Sie geben substituierenden Ärzten die Möglichkeit, ihre Behandlungen stärker an die individuelle Situation des Patienten anzupassen.

Die ärztliche Beratung ist zur Prävention und Frühintervention bei Abhängigkeitserkrankungen nachweislich wirksam. Die Bundesärztekammer hat daher vielfältige Materialien und Hilfsmittel für die ärztliche Beratung und Behandlung betroffener Patienten erstellt. Zudem empfiehlt sie eine enge Zusammenarbeit von Arztpraxen und Kliniken mit dem Suchthilfesystem einschließlich Selbsthilfegruppen. Da bei der Entstehung und Manifestierung von Abhängigkeitskrankheiten aber auch gesellschaftliche Faktoren eine nicht unerhebliche Rolle spielen, haben sich die Bundesärztekammer und die Deutschen Ärztetage wiederholt auch für gesetzliche Maßnahmen zur Kontrolle des Suchtmittelkonsums ausgesprochen.

[Adams und Effertz (2009) Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.): Die Kosten des Rauchens für Gesundheitswesen und Volkswirtschaft in Deutschland, Heidelberg]

[Konnopka und König (2007): Direct and indirect costs attributable to alcohol consumption in Germany. Pharmacoeconomics, 25(7), 605-618]

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