Fortschritte in Medizin, Wissenschaft und Technik sind untrennbar mit der historischen Entwicklung zur Arbeitsteilung und zur Spezialisierung verbunden. Mit der Vielzahl medizinischer Spezialgebiete vermehrte sich auch die Anzahl der Fachberufe im Gesundheitswesen.
In der medizinischen Versorgung, von der Prävention bis zur Rehabilitation, können je nach Indikation und Krankheitsphasen des Patienten schwerpunktmäßig verschiedene gesundheitserziehende, beratende, diagnostische, therapeutische, pflegerische, trainierende, technische und andere versorgende Leistungen erbracht werden. Die gemeinsame Verantwortung für die Strukturierung, Gestaltung und Fortentwicklung dieses umfangreichen Leistungsspektrums erfordert ein differenziertes Zusammenwirken aller Berufe im Gesundheitswesen, damit Vorteile der Spezialisierung genutzt und Nachteile gemindert werden. Dies kommt einer ganzheitlichen und qualitativ hochstehenden Patientenversorgung zugute.
Der Erhalt der Qualitätsstandards in der ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung sowie in der Diagnostik und Geburtshilfe wird durch die in der Gesundheits- und Sozialpolitik absehbaren restriktiven Auswirkungen auf das Gesundheitswesen erschwert. Die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion richtet sich nahezu ausschließlich auf ökonomisch neu zu steckende Rahmenbedingungen. Das erheblich erweiterte und vor allem verbesserte Leistungsspektrum bleibt dabei meistens unerwähnt. Schlagworte wie
- Mobilisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven
- Kosten- und Leistungstransparenz
führen bei der Notwendigkeit gleichbleibender Qualität zur Verunsicherung insbesondere im klinischen Bereich. Hinzu kommt, dass im Zusammenhang mit gesellschaftlichen und demographischen Veränderungen Leistungsbereiche und Berufsfelder neu definiert oder umgestaltet werden müssen. Ohne entsprechende Koordinationsstrukturen entwickelt zu haben oder bereits vorhandene Kapazitäten ausreichend zu berücksichtigen, wird dabei der Ausbau der "ambulanten" Versorgungsstruktur bisheriger Prägung favorisiert. Notwendig wäre aber eine eingehende Analyse der durch das GSG eingeleiteten Veränderungen insbesondere mit der Möglichkeit prästationärer Diagnostik, poststationärer Therapie und des ambulanten Operierens.
Die neuen Entgeltsysteme der ab 1995 geltenden Bundespflegesatzverordnung werden ebenfalls tief in die Organisationsstrukturen der Krankenhäuser eingreifen. Um den erforderlichen Wandlungsprozessen Rechnung zu tragen, dabei aber Qualitäts- und Reibungsverluste zu vermeiden und eine erhöhte "Produktivität" zu erreichen, wird die Entwicklung von Kooperationsverständnis und -fähigkeit als Grundlage einer neuen Leistungsanforderung und -bereitschaft bei jedem einzelnen Angehörigen der Berufe im Gesundheitswesen zwingend notwendig.
Die Entwicklung von Kooperationsfähigkeit wird allerdings derzeit in Aus- und Weiterbildung nur wenig berücksichtigt. Zu lernen sind über kommunikative, persönlichkeitsbezogene und soziale Fähigkeiten hinaus auch ein angemessenes Kooperationsverständnis. Die Kenntnis verschiedener Kooperationsformen und der Bedingungen produktiver Kooperation ist ebenso zu vermitteln wie ein allgemeines Wissen über die vielfältigen diagnostischen und therapeutischen Ansätze. Die Fähigkeit zur fachlichen Profilierung im konkreten Kooperationsumfeld muss entwickelt und gefördert werden.
Bei allem Streben nach verbesserter Kooperation muß das Augenmerk vorrangig auf Einbeziehung des Patienten in den Behandlungsprozess gerichtet werden, um seine Kräfte zu aktivieren.