Am höchsten bewertete kritische Rezension
3,0 von 5 SternenMit Karl May hat das hier gar nichts zu tun !
Rezension aus Deutschland vom 25. Dezember 2016
Aus dem Karl May Kosmos sind hier nur noch die Namen entliehen. Shatterhand, Winnetou, Nscho-Tschie, Tangua, Sam Hawkins, Rattler, Santer usw. Naja und der grundsätzliche Charakter der Namen bleibt, sprich Sam Hawkins ist gut, Santer ist böse usw. Ansonsten sind die Geschichten völlig neu erfunden. Kaum etwas, das mit gutem Willen auch in einem Karl-May-Roman wiederfinden würde, als eines der wenigen Beispiele sei hier Winnetous Interesse am christlichen Glauben angeführt. Anders sieht es da mit den Karl-May-Filmen der 60er-Jahre aus. Dazu finden sich diverse Reminiszenzen und Tribute. Angefangen bei den Auftritten von Mario Adorf (Santer) und Marie Versini (damals Nscho-Tschi, heute eine alte Dame im Zug, die Karl May vor den Indianern warnt) über einen Fotografen, der irgendwie an Eddi Ahrendt und Chris Howland zugleich erinnert, ohne dabei komisch zu sein. Auch Winnetous Kostüm hat in der Neuverfilmung noch einen Perlenbesatz, wie einst das Kostüm von Piere Brice, allerdings viel weniger erkennbar. Insgesamt wurden die Kostüme vermeidlich authentischer gestaltet. Ebenso die Kulissen. Der Ort Roswell erinnert ein klein wenig an die HBO-TV-Serie Deadwood. Die Wehmut aus Kindertagen bleibt da aus. Dennoch, der aufmerksame Fan wird vieles entdecken, was irgendwie einen Bezug zu den Filmen der 60er-Jahre hat. Natürlich wird jeder die alte Filmmusik im neuen Gewand sofort hören und (zumeist) auch lieben.
Wenn man nun akzeptiert hat, dass es sich hier um keinen Karl-May-Film handelt, sondern um eine Wild-West-Abenteuer-Geschichte macht der erste Teil der Trilogie echt Spaß. Wotan Wilke Möhring gefällt mir super! Gojko Mitic ist herausragend. Jürgen Vogel ist so abscheulich, dass er einen Oscar verdient hätte. Starke Glanzleistung. Spannende Story, schöne Bilder, sichtbar aufwendig produziert. Nik Xhelilaj ist wohl ein ganz guter Schauspieler, sieht wohl auch ganz gut aus aber so dolle find ich ihn irgendwie nicht und für mich wird er nie ein Winnetou sein! Iazura Larios als Nscho-Tschi gefällt mir auch weder optisch, noch schauspielerisch. Auch die Rolle der Schamanin finde ich irgendwie blöd. Dennoch, der erste Teil bietet tolle Unterhaltung. Teil 2 - Silbersee - bietet sinnfreie Charaktere (teils nicht aus dem Karl-May-Kosmos). Der Film kann sich nicht entscheiden spannend oder komisch zu sein. Zudem kommt fix Langeweile auf. Der dritte und letzte Teil ist wieder spannend und bietet tolle Unterhaltung. Mario Adorf zeigt hier mit wenigen, kurzen Auftritten, warum er einer der ganz großen des deutschen Films ist.
Zusammenfassung: Wotan Wilke Möhring ist ein viel besserer Old Shatterhand, als ich es erwartet hätte. Karl-May-Fans können díese Verfilmung komplett vergessen. Als deutscher Wild-West-Abenteuer-Film dürfte seine Stellung einzigartig sein. Optisch kann der Film mit US-Produktionen mithalten. Kultstatus werden diese Filme wohl nie erreichen.
Ich habe mir freudig die deutlich teurere Holzbox bestellt. Es ist OK aber ich genau betrachtet, das normale Case ohne die Gimmicks hätte es wohl auch getan. Wirklich frech ist allerdings, wie auf der Unterseite der Holzbox der Inhaltsaufkleber angebracht ist. Ich finde soetwas gehört sich nicht!
Eine Sache habe ich vergessen: Ich verstehe nicht, weshalb eine für das FERNSEHEN produzierte Serie auf einen 16:9 TV oben und unten schwarze Balken hat. Wenn Regisseur und Produzent Kino machen wollen, dann sollen sie gefälligst auch Kino machen und nicht im TV so tun als ob. Von schwarzen Balken unten und oben hat jedenfalls echt niemand was. Ansonsten haben die BluRays ein gutes HD-Bild und der Ton ist OK.