Am höchsten bewertete kritische Rezension
39 Personen fanden diese Informationen hilfreich
3,0 von 5 SternenJohnny Depp ist leider das einzige Alleinstellungsmerkmal dieses Films
VonGottchilleram 14. Oktober 2015
Johnny Depp ist ohne Zweifel ein grandioser Schauspieler. Leider hatte er seit längerem eine Durststrecke, was interessante oder markante Rollen angeht und auch privat lief es nicht so ganz rund. So gern wünscht man ihm, dass er wieder die Kurve kriegt und eine Rolle ergattert, die einschlägt wie damals z.B. Jack Sparrow. Ersten Trailern zu urteilen hätte die Figur James Bulger genau so ein „Comeback“ werden können. Dass daraus meiner Meinung nach leider nicht das erhoffte Comeback geworden ist, liegt allerdings weder an Johnny Depp, noch an seiner Rolle.
Der auf wahren Begebenheiten beruhende Film dreht sich um den aufstrebenden FBI-Agenten John Connolly (Joel Edgerton) und den skrupellosen Gangster James Bulger (Johnny Depp), die eine Art Pakt miteinander eingehen, um Connolly einerseits Informationen über eine italienische Mafiabande zu beschaffen und andererseits Bulger vor der Strafverfolgung zu schützen. Während Bulger auf diese Weise zu immer mehr Macht gelangt und sich als Gangsterboss etabliert, weicht Connolly immer mehr vom rechten Pfad ab.
Die Darstellerriege lässt sich wirklich nicht lumpen. Neben unseren Protagonisten Edgerton und Depp bekommen wir es u.a. noch mit Benedict Cumberbatch als Senator und Bruder von Bulger oder Kevin Bacon als FBI-Abteilungsleiter zu tun. Die Schauspieler leisten ausnahmslos überzeugende Arbeit. Besonders Depp, der durch die Makeup-Effekte erfrischend verwandelt ausschaut, ist mit seinem anwidernden und kaltherzigen Auftreten schlicht die Idealbesetzung für die Rolle.
Leider habe ich mit Black Mass dasselbe Problem wie mit vielen aktuellen Produktionen: das Skript. Das Drehbuch steht ganz am Anfang der Produktion eines Films und wenn hier gepfuscht wird, dann lässt sich das später nur schwer retten. Die Tatsache, dass Black Mass auf wahren Tatsachen beruht, rechtfertigt für mich nicht, dass einem Film einfach die Höhepunkte fehlen. Auch gibt es im ganzen Verlauf des Films immer mal wieder kleine Szenen, die für die Geschichte eigentlich nicht unbedingt nötig sind und die das Ganze nur aufblähen. Natürlich gibt es hingegen auch diverse Szenen, die schön die Abgründe von Bulger verdeutlichen, aber die Nebenhandlung mit seinem Sohn z.B. hätte eigentlich einen schwerwiegenden Einfluss auf Bulger haben müssen, wird aber überhaupt nicht mehr aufgegriffen. Das eigentlich schade ist allerdings, dass es Regisseur Cooper nicht schafft, die Ereignisse zuspitzen zu lassen. Anstatt dass zum Ende hin ein Spannungshoch aufkommt, verläuft die Handlung zu sehr im Sande und geht halt irgendwie zu Ende. Die Situation, dass Connolly mehr und mehr mit der Gangsterszene sympathisiert und Bulger vielleicht unterschätzt, hat ein so unglaublich interessantes Konfliktpotential, das überhaupt nicht ausgeschöpft wird. Stattdessen klammert man sich an die dem Film zugrundeliegenden realen Ereignisse. Wenn eine wahre Geschichte nicht 1:1 als Filmgeschichte taugt, dann sollte man sie meiner Ansicht nach entsprechend abändern oder gar nicht erst verfilmen. Die Ausrede, dass man es ja nicht anders machen konnte, weil es so nun mal wirklich passiert ist, musste ich schon zu oft lesen und ist nichts weiter als eine Rechtfertigung für faules Screenwriting.
Das klingt jetzt erstmal relativ hart, was aber nicht heißen soll, dass der Film langweilig ist. Es ist in diesem Fall nur einfach schade, da man aus der Sache viel mehr hätte machen können.
Fazit:
Die Darsteller sind top, die Charaktere haben Potential und die Handlung hat eine interessante Ausgangssituation. Allerdings zieht sich Black Mass zu sehr und die Konfliktmöglichkeiten werden nicht genutzt, wodurch es einfach an Höhepunkten fehlt. Das Resultat ist leider nur Durchschnitt und Johnny Depps Auftreten wird wohl das Einzige sein, was ich von diesem Film in Erinnerung behalten werde.
6/10