Verkehr
Nie wieder Stau – dank der intelligenten Autobahn
Die Pläne von Verkehrsminister Ramsauer klingen wie eine Wunderwaffe gegen den Verkehrsinfarkt: Per WLAN-Technik in Autos und an Baustellen sollen Staus und gefährliche Situationen vermieden werden. Von Karsten Kammholz Karsten KammholzBiografie und alle Artikel des Autors Twitter
Die Fahrt auf deutschen Fernstraßen ist in der Regel ein Ärgernis. Und der Ärger lässt sich in Zahlen ausdrücken. Allein für 2012 errechnete der ADAC rund 285.000 Staus auf den Autobahnen mit einer Gesamtlänge von 595.000 Kilometern und einer Gesamtdauer von 230.000 Stunden. Der volkswirtschaftliche Schaden dieser Staus summiert sich auf mehr als 100 Milliarden Euro.
Die Bundesregierung geht von einer weiter steigenden Belastung der Autobahnen aus und sucht händeringend nach Lösungen, dem Verkehrsinfarkt entgegenzuwirken. C-ITS heißt dabei die neue Zauberformel, auf die Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) schwört. Die Buchstaben stehen für "Cooperative Intelligent Transport Systems". Dahinter verbirgt sich im Klartext für ein grenzüberschreitendes, elektronisches Autobahnsystem, das frühzeitig Staus und gefährliche Situationen auf Autobahnen vermeiden soll.
Am Montag will Ramsauer hierfür gemeinsam mit seinen Kolleginnen aus Österreich, Doris Bures, und den Niederlanden, Melanie Schultz, eine Absichtserklärung unterzeichnen. Liest man die Infobroschüre zu C-ITS, könnte man meinen, der Minister habe eine wahre Wunderwaffe gegen das Stau- und Baustellenproblem gefunden.
In dem Flyer heißt es, die Steuerung des Verkehrsablaufs werde dank C-ITS noch differenzierter, effizienter und schneller, wodurch der Verkehrsfluss verbessert werde. Der Effekt wird so beschrieben: "Mehr Sicherheit, weniger Unfälle, eine bessere Auslastung des Straßennetzes, weniger Staus und sinkende CO2-Emissionen." Es sind klangvolle Versprechen.
Testkorridor zwischen Rotterdam, Frankfurt und Wien
Ramsauer will dies jedoch nicht im Hauruckverfahren umsetzen, sondern Schritt für Schritt. Zusammen mit den Ministerkolleginnen plant der Minister vorerst für den Korridor zwischen Rotterdam, Frankfurt am Main und Wien die Einführung intelligenter Verkehrssysteme und Dienste auf den Autobahnen.
Hierfür sollen Warnanhänger an Baustellen mit dem System ausgerüstet werden, damit es ab 2015 elektronische Baustellenwarnungen und Verkehrslageerfassungen geben kann – alles in Echtzeit, alles über WLAN oder Mobilfunknetze. Ziel ist es, die Autofahrer noch schneller über aktuelle Verkehrs- und Gefahrensituationen aufzuklären.
In Deutschland soll die intelligente Verkehrsführung in drei Stufen eingeführt werden. Entwickelt und erprobt wird das System vorerst in Hessen, dann folgt der besagte Korridor Rotterdam-Frankfurt-Wien, für den kommende Woche die Grundlagen geschaffen werden sollen. In Deutschland werden dann die Baustellen auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern mit den Warnsystemen ausgerüstet. Wenn die Tests erfolgreich sind, soll die Technik deutschlandweit auf den Autobahnen eingesetzt werden.
Die Hersteller sollen die Systeme in die Autos einbauen
Zur schönen neuen Autobahnwelt gehört dann auch, dass die Autos nicht nur zu Informationsempfängern werden, wenn sich die Verkehrslage ändert; die Fahrzeuge geben selbst automatisch Informationen über die aktuelle Verkehrslage an die Verkehrszentralen weiter. Die Ministerien und mehrere Bundesländer arbeiten hierfür bereits eng den Automobilherstellern BMW, Daimler, Ford, Opel und Volkswagen zusammen. Diese hätten sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung dazu bekannt, ab 2015 für einen Teil ihrer Fahrzeugflotte diese sogenannten kooperativen Systeme anzubieten, heißt es im Verkehrsministerium.
Auf welche Weise die Fahrer über aktuelle Verkehrslagen informiert würden, ob etwa über das Display des Navigationssystems oder in der Instrumentenanzeige, sei den Herstellern überlassen. Gibt der Autofahrer also auch sein Bewegungsprofil preis? Vorsichtshalber lässt das Verkehrsministerium wissen: Die Meldung bestimmter Informationen durch die Fahrzeuge an die Verkehrsleitzentralen werde im Einklang mit geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgen.
So, wie sich das Verkehrsministerium die elektronische Informationsweitergabe und Steuerung der Verkehrsflüsse vorstellt, hört es sich noch sehr nach futuristischen Träumereien an. Doch Minister Ramsauer drückt aufs Tempo. Insgesamt 300 Millionen Euro will er für Anti-Stau-Programme und Verkehrslenkungsanlagen zur Verfügung stellen, und er klingt euphorisch, wenn er über die intelligenten Autobahnen von morgen spricht. "Die Autobahnen werden noch sicherer", verspricht er.
Auch die Bundesländer suchen nach Lösungen
Der "Welt" sagt er auch: Personen- und Güterverkehr würden in den kommenden Jahren gewaltig zunehmen. "Um die Verkehre flüssig und unfallfrei abwickeln zu können, müssen wir mehr aus der vorhandenen Infrastruktur herausholen." Er ist überzeugt: "Dabei helfen uns moderne Telematiksysteme und innovative Technologien. Mit ihnen wird der Verkehr intelligent gelenkt."
Das Ziel, Verkehrsströme besser zu steuern und so die Autobahnen zu entlasten, verfolgen seit einigen Jahren auch die Bundesländer. So werden auf mehreren Autobahnen bereits bei hohem Verkehrsaufkommen die Seitenstreifen freigegeben.
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