Der Bologna-Prozess war mir von Anbeginn suspekt. Er atmete den Geist von McKinsey und nicht den von Humboldt. Er präsentierte sich nicht als Fortschreibung der großartigen europäischen Wissenschaftsgeschichte seit der Renaissance, sondern als Kopie einer vermeintlich überlegenen transatlantischen Konkurrenz. Ihm fehlte eine überzeugende kulturelle Leitidee.

Bis vor Kurzem schienen die Fronten verhärtet zwischen den Kritikern, unter ihnen die große Mehrheit der an den deutschen Universitäten Lehrenden, und den unverdrossen technokratisch agierenden Reformanhängern in Ministerien und Hochschulleitungen. Eine ganze Generation von Studierenden drohte dazwischen zermahlen zu werden – in fantasielosen, hochgradig verschulten Studiengängen, unterrichtet von frustrierten Professoren, die neben Gremiensitzungen und Prüfungsbelastungen, aber auch aus Ärger über eine aus ihrer Sicht verfehlte Reform keinen Esprit für eine forschungsorientierte Lehre mehr aufbringen.